Schwerte. Im “Ehrenmord“-Prozess am Landgericht Hagen haben Zeuginnen aus dem Frauenhaus ausgesagt, in das sich das Opfer kurz vor seiner Ermordung geflüchtet hatte. Die junge Schwerterin habe große Probleme mit ihrer Familie gehabt - und befürchtet, man werde ihr ein Auge ausschießen.

Fröhlich und nett sei die damals 20-Jährige zu jeder Frau im Frauenhaus gewesen. Aber auch von großen Problemen mit der Familie und heimlichen Affären mit Männern berichteten am Mittwoch Zeuginnen aus dem Frauenhaus, in das sich die junge Schwerterin zwei Monate vor ihrer Ermordung geflüchtet hatte.

Die familiären Probleme der jungen Frau zogen sich durch alle Befragungen. Besonders die Mutter habe Druck auf die 20-jährige ausgeübt, habe ihr verboten, das Haus zu verlassen und das gesamte Geld eingefordert, das die junge Schwerterin verdiente. "Sie war der Grund für die Flucht in das Frauenhaus", so eine 24-jährige Frau aus Köln. Und einer 34-jährigen Zeugin soll die junge Schwerterin anvertraut haben, dass einer ihrer Brüder eine Waffe besäße.

Zeugin: Mutter war Grund für Flucht

Die Mutter, mit der die junge Frau offenbar noch in telefonischem Kontakt stand, habe sie immer wieder gewarnt, sie solle vorsichtig sein. "Ich weiß, dass sie einem Mädchen, das so einen Fehler macht wie ich, das rechte Auge ausschießen", habe das Opfer der Zeugin einmal gesagt.

Auf das Familien-Treffen gefreut

Trotzdem sei die Freude groß gewesen, als sie einen Anruf von ihrem Bruder bekam, der ihr ein Treffen anbot, erzählte die 34-jährige weiter. Es war nur wenige Tage vor ihrem Tod. Die junge Schwerterin habe sich sehr nach ihrer Familie gesehnt - auch nach der Mutter.

Auch interessant

Nach einer gescheiterten Ehe und einigen Affären wollte sie zurückkehren. Auf die Frage der 34-jährigen, wie sie sich nach Menschen sehnen könnte, die sie bedrohen, habe die junge Frau geantwortet: "Es ist halt Familie."

Hintergrund

Seit dem 15. März 2013 sitzen zwei Onkel, die Mutter und ein Bruder des Opfers auf der Anklagebank. Der Vorwurf: Sie sollen die junge Frau im Sommer 2008 wegen ihres westlichen Lebensstils auf einem "Familientribunal" zum Tode verurteilt haben. Die 20-Jährige wurde auf einem Rastplatz an der A45 mit einem Kopfschuss hingerichtet. Ein Cousin wurde bereits verurteilt.