NRW setzt Verschärfungen für Städte mit Inzidenz über 50 kurzerhand aus. Damit droht die Autorität der Lockdown-Logik Schaden zu nehmen.

Das Ziel aller Corona-Schutzmaßnahmen war seit eineinhalb Jahren, schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden und einer Überlastung des Gesundheitssystems vorzubeugen. Mit der zunehmenden Zahl von Geimpften und Genesenen hat die reine Rate der Neuinfektionen jedoch an Aussagekraft für die Beurteilung des Pandemiegeschehens verloren. Trotzdem bestimmen die Inzidenzwerte bis heute das Regelwerk für die Einschränkung des öffentlichen Lebens. Ein Problem, auf das Experten seit Wochen hinweisen.

NRW-Gesundheitsminister Laumann zeigt nun verblüffende Anwendungskreativität, indem er die eigenen Regeln einfach für drei Wochen aussetzt. In der Sache kann er wohl kaum anders: Warum sollte er in Solingen oder Düsseldorf Restaurants schließen, wenn trotz steigender Corona-Zahlen kaum jemand noch ernsthaft erkrankt?

Corona-Regeln in NRW: Das Wirrwarr wird immer unübersichtlicher

Der Preis für diesen Kunstgriff ist jedoch hoch: Die Autorität der gesamten Lockdown-Logik droht Schaden zu nehmen. Das Wirrwarr der Regelungen und Ausnahmetatbestände wird immer unübersichtlicher. Was vor drei Wochen noch groß als Rechtsakt inklusive Aussicht auf Disco und Schützenfest verkündet wurde, ist heute schon das Papier nicht mehr wert.

Bund und Länder müssen endlich aus dem „Schau wir mal, dann sehen wir schon“-Sommermodus kommen und die drei zentralen Fragen der Pandemie beantworten.

  • Erstens: Welche Parameter sollen künftig neben den Neuinfektionen für Corona-Maßnahmen herangezogen werden?
  • Zweitens: Darf vollständig Geimpften eine Rückkehr ins normale Leben – anders als Impfverweigerern – weiter verwehrt werden?
  • Drittens: Mit welchen Maßnahmen lässt sich eine vierte Welle überhaupt zielgenau brechen?