Essen. An kühlen Herbsttagen sehnt man sich nach einem erholsamen, warmen Bad. In Nordrhein-Westfalen gibt es viele Heilbäder, die für ihre positive Wirkung auf die Gesundheit von Körper und Geist bekannt sind. Experten erklären, was Thermalwasser bewirkt und gegen welche Krankheiten es hilft.

Sich schwerelos fühlen und den Körper dem kuschelig-warmen Nass überlassen – das reizt so sehr an einem Besuch in der Therme oder im Thermalbad. In ganz Nordrhein-Westfalen gibt es Möglichkeiten dazu – aber nicht jedes Bad hat die gleiche heilsame Wirkung. Dr. Arno Wenemoser, Präsident des Verbandes der Deutschen Badeärzte (VDB), erklärt die Unterschiede. Der Deutsche Heilbäderverband gibt dazu Tipps zu den passenden Orten, an denen man ein- und untertauchen kann.

Was ist der Unterschied zwischen Therme und Thermalbad?

In einer Therme können die Badenden zwar in warmes Wasser eintauchen, aber das kommt möglicherweise einfach aus der Leitung. In einem Thermalbad entspringt es einer Heilquelle und muss dabei mehr als 20 Grad betragen. „Wir unterscheiden zwischen eisenhaltigen, jodhaltigen, schwefelhaltigen, radonhaltigen, kohlensäurehaltigen und fluoridhaltigen Wässern“, sagt Dr. Arno Wenemoser. „Diese dürfen dann auch als Heilwasser bezeichnet werden, wenn sie pro Liter ein Gramm gelöste Mineralstoffe beinhalten.“ Wässer, in denen pro Liter mindestens 5,5 Gramm Natrium- und 8,5 Gramm Chloridionen enthalten sind, können nach seinen Worten die Bezeichnung „Sole“ tragen. In jedem Kurort ist die Mineralmischung der Bäder anders – das macht ihre Besonderheit aus.

Auch interessant

Wie warm kann das Wasser sein?

In einem Thermalbad unterscheiden Ärzte zwischen verschiedenen Becken mit unterschiedlichen Temperaturen. Das Aktivbecken ist bis 32 Grad warm, gleiches gilt für das Becken, in dem die Kinder planschen. Warmwasserbecken haben Temperaturen zwischen 32 und 34 Grad und die neutrale Wassertemperatur liegt bei 34,5 Grad. Entspannende Erwärmungsbäder haben 36 bis 37 Grad. Von Überwärmungsbädern spricht man bei circa 42 Grad. Ein solches Hyperthermalbad zu Heilzwecken wird laut Arno Wenemoser nur unter ärztlicher Anleitung genommen, um Stoffwechselvorgänge im Körper zu beschleunigen.

Auf welche Weise unterstützt es die Gesundheit?

„Die Wärme im Thermal-Mineralwasser wirkt schmerzlindernd (analgesierend), entspannend (detonisierend) und entkrampfend (spasmolytisch)“, sagt Experte Wenemoser. Der Badearzt erklärt: „Die Immersion – also das Eintauchen in das Thermal-Mineralwasser – hat eine direkte Wirkung auf Herz und Kreislauf, Atmung und die Aktivität des autonomen Nervensystems.“ Ausgiebige und regelmäßige Bäder sollten daher unbedingt durch einen Arzt oder Kurarzt begleitet werden.

Wie lange soll/darf man in Thermal-Mineralwasser schwimmen?

Allenfalls im Aktivbecken, das bis zu 32 Grad warm ist, darf geschwommen werden. In den wärmeren Thermalbädern gilt: Die Zeit eher in Ruhe verbringen. Arno Wenemoser: „Die Badedauer sollte abhängig von den Temperaturen sein, je heißer, desto kürzer.“ Ein gewollter Effekt eines schwefelhaltigen Thermalbades ist es, dass der Schwefel bei 37 Grad von der Haut aufgenommen wird und im Blut nachgewiesen werden kann. Das ist nach rund einer Viertelstunde bis 20 Minuten der Fall – dann sollte man das Bad verlassen.

Was bringt Bewegung im warmen Thermal-Mineralwasser?

„Die weiterentwickelten Formen der Aquatherapie können neben Bewegungsübung und Krankengymnastik sehr effizient sein“, sagt Badearzt-Präsident Wenemoser. „Ich denke hier etwa an das Hydrospinning, das die Prinzipien des klassischen Spinnings (Ausdauersport auf stationären Fahrrädern) mit der Wirkung des Wassers verbindet, oder an Aquajogging.“ Das Ziel sei eine Kräftigung, Dehnung und Lockerung der Muskeln ebenso wie eine Verbesserung der Beweglichkeit, Koordination, Geschicklichkeit und Ausdauer. Der Experte ergänzt: „Der hohe Energieverbrauch kann dabei auch das Abnehmen fördern.“

Bei welchen Krankheiten sind regelmäßige Bäder hilfreich?

Die therapeutische Wirkung des Wassers hängt von der Temperatur, vom Mineralgehalt, aber auch von der Eintauchtiefe und –dauer ab. „Bäder werden zur Linderung von Muskel- und Gelenkschmerzen sowie zur Anregung des Kreislaufs und zur Förderung des Immunsystems angewandt“, erklärt Arno Wenemoser. Mit Schwefelsole behandele man Akne sowie andere Hautkrankheiten und rheumatische Erkrankungen. Jodhaltige Wässer wenden Ärzte bei der Therapie entzündlicher und degenerativer Erkrankungen der Haut sowie bei Rheuma an. „Magnesiumhaltige Solen lassen sich zur Besserung dermatologischer Krankheitsbilder wie Psoriasis (Schuppenflechte) oder Neurodermitis nutzen“, so der Experte. Sie wirken lindernd durch eine verstärkte Hautdurchblutung – Betroffene können dafür aus hygienischen Gründen auch Einzelbäder nehmen.

Auch interessant

Wie wirken die Sprudelmassagen durch Düsen oder im Whirlpool?

Ein Whirlpool kann die Durchblutung anregen und entspannend auf die Muskulatur wirken – eine klassische Massage ersetzt er laut Arno Wenemoser nicht. Vor den Massagedüsen in Thermen warnt er regelrecht: „Sie üben oft so starken Druck auf das Gewebe aus, dass es reißt oder bestehende Probleme sich noch verstärken.“

Gibt es die klassische Badekur noch?

„Ja“, sagt der Allgemeinmediziner Arno Wenemoser und betont: „Die Heilbäder und Kurorte sind bestens geeignet für Präventivmaßnahmen zur Vermeidung von Erkrankungen oder zur Linderung und Verbesserung von chronischen Krankheiten.“ Patienten können bei der Krankenkasse eine „ambulante Vorsorgemaßnahme nach Paragraf 23,2 Sozialgesetzbuch 5 in anerkannten Kurorten“ beantragen und den Antrag von ihrem Hausarzt ausfüllen lassen. Damit lassen sich die kurortspezifischen Heilmittel wie heilendes Thermal-Mineralwasser, Moor, Sole oder Naturfango in Verbindung mit Massagen oder Krankengymnastik vom Kurarzt vor Ort verordnen.