Bonn/Berlin. Gesundheitsminister Gröhe will durch Senkung der allgemeinen Krankenkassenbeiträge Millionen Versicherte entlasten. Doch die Zusatzbeitragsregelung dürfte auch viele zusätzlich belasten. Laut Schätzerkreis liegt der Kassenzusatzbeitrag 2015 bei 0,9 Prozent.
Der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung bleibt im kommenden Jahr weitgehend stabil. Er könnte aber aufgrund erwarteter Kostensteigerungen im Gesundheitswesen in den Folgejahren deutlich steigen. Die vom Gesetzgeber beschlossene Beitragssenkung von 15,5 auf 14,6 Prozent dürfte durch Zusatzbeiträge der einzelnen Kassen von durchschnittlich 0,9 Prozentpunkten in 2015 wieder weitgehend aufgezehrt werden. Zu diesem Ergebnis kam der Schätzerkreis von Bundesversicherungsamt, gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch in Bonn. Die 0,9 Prozentpunkte entsprechen rund 11 Milliarden Euro.
Durch die Beitragssatzsenkung zum 1. Januar 2015 und die Möglichkeit, dann den Zusatzbeitrag selbst zu bestimmen, will der Gesetzgeber mehr Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassen erreichen. Denn die Versicherten können künftig vergleichen, welche Kasse das günstigere Angebot hat. 20 der rund 130 gesetzlichen Krankenkassen haben bereits angekündigt, aufgrund ihrer stabilen Kassenlage einen Zusatzbeitrag unter den 0,9 Prozentpunkten anbieten zu können.
Für das Jahr 2015 rechnet der Schätzerkreis mit Einnahmen des Gesundheitsfonds, aus dem die Kassen ihren jeweiligen Anteil erhalten, von 198,3 Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss beträgt demnach voraussichtlich rund 11,5 Milliarden Euro. Die Ausgaben der Krankenkassen werden mit 209,5 Milliarden Euro veranschlagt. Das Ministerium legt den rechnerischen durchschnittlichen Zusatzbeitrag auf Basis der Schätzung per Verordnung bis zum 1. November fest.
Zusätzliche Belastung vieler Versicherter
Das Gesundheitsministerium erklärte, der individuelle Zusatzbeitrag einer Krankenkasse "richtet sich zum Beispiel danach wie wirtschaftlich eine Kasse arbeitet und ob die Kassen ihre hohen Finanz-Reserven von rund 16 Milliarden Euro im Sinne der Versicherten nutzen". Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte schon zuvor immer wieder betont, dass durch die Gesetzesänderung Millionen von Versicherten entlastet würden. Allerdings dürften auch viele Versicherte zusätzlich belastet werden.
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Kritiker rechnen auch damit, dass in den Folgejahren die Zusatzbeiträge wegen steigender Kosten deutlich zulegen. Der Kieler Gesundheitsökonom Thomas Drabinski geht davon aus, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag - je nach Entwicklung bei den Reserven im Gesundheitsfonds - bis 2018 auf mehr als 2,3 Prozent steigen könnte.
Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes der Kassen, Doris Pfeiffer, erklärte zu dem Schätzergebnis: "Wir gehen davon aus, dass künftig alle Kassen einen Zusatzbeitrag nehmen müssen." Durch die Senkung des allgemeinen Beitragssatzes entstehe eine Finanzierungslücke von elf Milliarden Euro. "Gleichzeitig steigen die Leistungsausgaben weiter. Die Finanzierungslücke kann nur über die Zusatzbeiträge geschlossen werden." (dpa)