Berlin. Ein Mammografie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs ist nicht unumstritten. Um eine Entscheidung über eine Teilnahme an diesem Verfahren zu treffen, sollten Frauen sich genau informieren. Wir geben einen Überblick über die Vor- und Nachteile der Vorsorgeuntersuchung.
Studien belegen, dass das Wissen über das Mammografie-Screening in Deutschland nicht groß ist. Frauen sollten aber die Vor- und Nachteile kennen, um eine persönliche Entscheidung über die Teilnahme zu treffen. Fragen und Antworten:
Was bedeutet Screening in der Medizin?
Screening heißt, dass alle Menschen einer Altersgruppe ohne Krankheitsanzeichen das Angebot für eine bestimmte Untersuchung bekommen. Ziel ist, diese Krankheit so früh zu erkennen, dass sie besser behandelbar ist als vorher. Keine Screeningmethode gibt aber die Garantie, dass Krebs frühzeitig erkannt und geheilt wird.
Wer kann zum Mammografie-Screening gehen?
In Deutschland wurde das Mammografie-Screening, eine Röntgenuntersuchung der weiblichen Brust, nach einem Bundestagsbeschluss zwischen 2005 und 2008 in allen Bundesländern eingeführt. Gesetzlich versicherte Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren werden alle zwei Jahre schriftlich zur freiwilligen Teilnahme eingeladen. Eine vergleichbar aufwendige Krebsfrüherkennung für rund zehn Millionen Menschen gibt es in Deutschland nicht.
Was ist das Ziel des Programms?
Es geht vor allem um die Senkung der Brustkrebs-Sterblichkeit. Jährlich erkranken in Deutschland rund 70.000 Frauen neu an Brustkrebs, rund 17.500 sterben.
Hat das Programm bisher etwas messbar Positives bewirkt?
Ja. Beim Abtasten der Brust oder auch bei vielen früheren Mammografien ohne Qualitätssicherung konnten meist nur Tumore entdeckt werden, die einen Durchmesser ab einem Zentimeter hatten.
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Beim Röntgen-Screening finden Ärzte den Krebs heute schon in viel kleineren Vor- und Frühstadien. Bei 85 Prozent der Frauen können sie deshalb bei Operationen die Brust erhalten - früher gelang das nur bei 60 bis 70 Prozent. Die Größe eines Tumors ist auch ein Faktor, der beeinflusst, ob er streut und sich Metastasen in anderen Organen bilden. Bei früher Entdeckung des veränderten Gewebes sind die Heilungschancen deshalb höher.
Macht ein Mammografie-Alarm Frauen nicht unnötig fertig?
Negative Auswirkungen auf die Psyche sind eindeutig nachgewiesen. Allerdings stellt sich bei fünf von sechs Frauen, die zu einer weiteren Abklärung eingeladen werden, innerhalb von 2 bis 3 Wochen heraus, dass sie keinen Brustkrebs haben.
Kritiker sehen solch falsch-positiven Befunde, Überdiagnosen und Übertherapien als Nachteil des Screenings. Ist da was dran?
Ja, dieser Nachteil ist eindeutig belegt. Es gibt ihn aber bei allen Früherkennungsuntersuchungen. Es ist eine politische, gesellschaftliche und individuelle Frage der Abwägung, ob der Schaden dieser Nachteile den Nutzen überwiegt oder nicht.
Nach den bisherigen Statistiken der Kooperationsgemeinschaft Mammografie ergeben sich folgende Hochrechnungen: Von 200 Frauen, die 20 Jahre lang jedes zweite Jahr zum Screening gehen, erhalten 13 Frauen die Diagnose Brustkrebs. 3 sterben daran. 10 Frauen leben weiter. Von ihnen hätte 1 Frau ohne Mammografie zu Lebzeiten nichts von ihrem Brustkrebs erfahren, 8 Frauen wären auch ohne Teilnahme am Programm erfolgreich behandelt worden - ein Teil davon jedoch mit einer belastenderen Therapie. Eine von 200 Frauen wird dank ihrer regelmäßigen Teilnahme vor dem Tod durch Brustkrebs bewahrt.
Kann man nicht einfach nur jene Frauen screenen, die verdächtige Brustkrebs-Gene in sich tragen?
Nein, dazu weiß man noch zu wenig über die Tumorbiologie. Bekannt ist, dass das Brustkrebs-Risiko steigt, wenn Mutter oder Schwester erkrankt sind oder waren. Bekannt sind auch wenige Gene, deren Mutation Brustkrebs auslösen können. Für molekularbiologische Zusammenhänge muss aber noch viel mehr geforscht werden.
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Ist die regelmäßige Strahlenbelastung nicht auch ein Risiko?
Ja, jede Röntgenuntersuchung bedeutet eine Strahlenbelastung. Bei der Mammografie liegt sie allerdings deutlich unter der einer Computertomografie oder einer Röntgenuntersuchung des Darmtrakts.
Gegner sagen, dass Radiologen sich mit diesem Programm eine goldene Nase verdienen - es sei reine Interessenpolitik.
Es ist richtig, dass durch die Reihenuntersuchung mehr Frauen regelmäßiger zum Röntgen gehen. Allerdings müssen Ärzte für das Screening auch etwas bieten. Nur wer jährlich 5000 Mammografien bewertet, darf mitarbeiten. Ärzte müssen auch bereit sein, eine gläserne Praxis zu betreiben. Es gibt regelmäßige Kontrollen und Bewertungen der Arbeit des gesamten Praxis-Teams. Das gilt in dieser Form bei uns als Ausnahme bei niedergelassenen Medizinern.
Machen bei all dem Für und Wider genügend Frauen mit?
In Deutschland kommt inzwischen rund die Hälfte (54 Prozent) der eingeladenen Frauen zur Untersuchung. Das ist kein schlechter Wert, wünschenswert sind nach EU-Richtlinien aber 70 Prozent. Je geringer die Beteiligung ist, desto unschärfer sind die Überlebensraten in der Langzeit-Auswertung.