Berlin. Couchpotatoes geht es mit einem neuen Fitnessarmband zukünftig an den Kragen. Durch ein integriertes Bewegungskontrollgerät schlägt es Alarm, sobald der Träger sich länger nicht bewegt und gibt Tipps für die sportliche Betätigung. Ungeübte sollten sich jedoch nicht zu Höchstformen anspornen lassen.
Die Sportwissenschaftlerin Katrin Kutzner testet das Fitnessarmband Polar Loop für ihre 69-jährige Mutter. Die Mutter habe Probleme mit dem Gewicht, sei gesundheitlich vorbelastet und "ein echter Coachpotato", sagt Kutzner, die in Berlin ein Fitnessstudio betreibt. Sie habe viel über die neuen Armbänder gelesen und hoffe nun, dass das Band ihre Mutter zu mehr Bewegung im Alltag motiviert.
Und genau das versprechen die trendigen Kunststoff-Armbänder. Im Kern sind sie Bewegungskontrollgeräte: Sie zählen Schritte und zeichnen die körperliche Aktivität auf. Wenn sich der Träger zu lange nicht bewegt, etwa weil er am Schreibtisch sitzt, schlägt das Armband Alarm. Das Polar Loop macht dann auch Vorschläge: etwa dass man nun doch eine Stunde Handballspielen oder 28 Minuten Seilhüpfen könnte.
Auswertung im Smartphone
Die Armbänder, auch Fitnesstracker genannt, gibt es inzwischen von zahlreichen Firmen wie Jawbone, Garmin, Fitbit, Sony und Nike. Sie kosten rund 100 Euro, manche etwas mehr. Die Daten werden mit Hilfe einer App auf dem Smartphone ausgewertet und visualisiert, können aber auch auf den PC übertragen werden.
Neben der Schritt- und Aktivitätsmessung zählen manche Bänder auch Kalorien, verbinden sich mit einer digitalen Waage oder analysieren den Schlafrhythmus des Trägers. Und sie geben dem Träger eine Zielvorgabe - beispielsweise "10.000 Schritte gehen" -, die er am Tag erreichen soll, um fit und gesundzubleiben.
Motivationshilfe für alle
Grundsätzlich seien die Fitnessarmbänder als Motivationshilfe für jeden geeignet, sagt Thomas Niewöhner von der Deutschen Fitnesslehrer Vereinigung in Baunatal. Vor allem für Nicht-Sportler und Breitensportler sei es interessant, anhand der Aufzeichnungen zu sehen, wie viel oder wie wenig sie sich bewegen. Für aktive Sportler sei das weniger relevant.
Die Bänder trügen einer Tendenz zur Dokumentation und dem Wunsch nach Feedback Rechnung, ergänzt der Sportmediziner Thorsten Dolla. Wer es nicht von sich aus schafft, ins Fitnessstudio zu gehen oder sich mit Freunden zum Sport zu verabreden, bekomme eine Hilfestellung. Dass das Band kontrolliert und dokumentiert, wie aktiv sein Träger ist, könne eine Motivation für mehr Bewegung sein und auch den Spaß daran erhöhen. "Gesundheit aus der Steckdose" gebe es aber nicht, betont der in Berlin praktizierende Arzt. Das Fitnessarmband sei kein Trainingsgerät, nur eine Motivationshilfe.
Nicht zu Höchstleistungen anspornen lassen
Wer lange Zeit keinen Sport gemacht hat, sollte sich von einem Fitnessarmband aber nicht gleich zu Höchstleistungen antreiben lassen. Es sei sinnvoll, sich ärztlich durchchecken zu lassen, bevor man mit neuen sportlichen Aktivitäten starte, empfiehlt Dolla.
Auch die Krankenkassen interessieren sich für die elektronischen Motivationshelfer. Die private Central Krankenversicherung zum Beispiel stellt Diabetes-Patienten einen Fitnesstracker in Kombination mit einem elektronischen Blutzuckermessgerät zur Verfügung. Der Fitbit one ist zwar kein Armband, sondern ein Anstecker, aber mit ähnlicher Funktion.
"Wir sind extrem überzeugt von diesem Programm", sagt Central-Sprecher Ronald Voigt. Bewegung wirke sich bei Typ-2-Diabetes sehr positiv aus, das werde für die Patienten bei der Auswertung der Daten umgehend sichtbar. Und das wiederum sei ein starker Motivationsanreiz, öfter mal die Treppe zu nehmen.
Lange am Schreibtisch sitzen
Auch Hannah Ritter, Gesundheitswissenschaftlerin und Bloggerin aus Hamburg, hat ein Fitnessarmband getestet und trägt es seither fast ständig. Da sie oft lange am Schreibtisch sitzt, sei für sie vor allem der Inaktivitätsmodus des Bandes wichtig, sagt Ritter. Wenn sie sich eine Stunde lang nicht bewegt hat, leuchtet an ihrem Garmin vivofit ein roter Balken auf, der sie unmissverständlich auffordert, in Schwung zu kommen. "Und das funktioniert", sagt Ritter. Sie bewege sich mehr, weil sie den roten Balken wieder weghaben und ihr Tagesziel erreichen wolle. Ritter legt das Band nur ab, wenn sie sich schick anzieht. Es wirke sehr sportlich und passe nicht zu einem eleganten Outfit, sagt sie.
Kutzner wird das Band nach der Testphase an ihre Mutter weiterreichen. Sie überlege auch, in ihrem Fitnessstudio Bänder zur Ausleihe anzubieten. Studiobesucher, die sich nur unregelmäßig zum Sport aufraffen könnten, bekämen durch die Bänder möglicherweise mehr Antrieb. (dpa)