Essen/Düsseldorf. . Einmal beim Gemüse schnibbeln nicht aufgepasst – schon hat man sich in den Finger geschnitten. Es blutet und schmerzt. Jetzt geht’s darum, die Verletzung richtig zu versorgen und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht entzündet. Wir erklären, was zu tun ist und wann Sie einen Arzt aufsuchen sollten.
Einmal beim Fahrrad fahren oder Gemüse schnibbeln nicht aufgepasst – schon ist man hingefallen oder hat sich in den Finger geschnitten. Es blutet und schmerzt. Jetzt geht’s darum, die Verletzung richtig zu versorgen und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht entzündet. Für Wunden, die über längere Zeit nicht heilen, gibt es inzwischen Zentren mit Spezialisten, die hilfreiche Hinweise zur Behandlung geben – zum Beispiel das Interdisziplinäre Wundzentrum (IWZ) am Marien Hospital in Düsseldorf.
Die Wunde reinigen
„Schürfwunden müssen vor allem mit einem Pflaster abgedeckt und vor äußeren Einflüssen geschützt werden, damit keine Keime hineingeraten“, sagt Dr. Michael Laios, Oberarzt der Chirurgie im Düsseldorfer Marien Hospital und Wundexperte. Er rät, Schmutzpartikel oder Splitter entweder mit einer Pinzette zu entfernen oder – wenn sie tiefer sitzen – den Hausarzt bzw. einen Mediziner in einer Ambulanz darum zu bitten. „Oberflächliche Wunden müssen nicht unbedingt desinfiziert werden“, erklärt Laios. Die Jodpräparate, die früher hierfür verwendet wurden, seien vom Markt genommen worden, weil sie Schwermetalle enthielten. Im Notfall könne man in der Apotheke nach einem schleimhautfreundlichen Desinfektionsmittel fragen.
Das richtige Pflaster
Mit Sprühpflastern werden Wunden abgekapselt – sie sind deshalb nur empfehlenswert, wenn sich die atmungsaktiven Pflaster, die es in Drogeriemärkten oder Apotheken gibt, schwer befestigen lassen (etwa bei Platzwunden am Kopf). „Die Wunde sollte nicht zu trocken und nicht zu feucht werden – der Luftaustausch durch das Pflaster ist also wichtig“, sagt Michael Laios. Ein leichter Druckverband kann starke Blutungen stillen. Werden oberflächliche Wunden trocken und verschorfen, kann man das Pflaster abziehen: Die Immunabwehr des Körpers ist dann stark genug, den restlichen Heilungsprozess ohne Schutzschicht zu bewältigen.
Tierbisse und Brandwunden
„Tiere haben oft ein so umfangreiches Keimspektrum im Mund, dass selbst der kleinste Biss unter sterilen Bedingungen von einem Arzt untersucht und versorgt werden muss“, stellt Dr. Konstantinos Zarras fest. Der Chefarzt der Chirurgie ist aktiv im Wundzentrum am Marien Hospital Düsseldorf und hat schon erlebt, dass ein winziger Katzenzahn, der Keime in eine Wunde transportierte, die Ursache für den Verlust einer Hand wurde.
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Bei Brandwunden rät er, die verbrannte Fläche bis zu 20 Minuten lang unter fließendem Wasser zu kühlen. „Wir wissen, dass es unter der Hautoberfläche in tieferen Schichten ein ,Nachbrennen‘ gibt“, erklärt er den Hintergrund. Wer lieber ein Coolpack aus dem Tiefkühlschrank verwendet, sollte es in ein Handtuch wickeln und erst dann auf die Haut legen, um Erfrierungsverletzungen zu verhindern.
Der Gang zum Arzt
Blutet eine offene Wunde über sechs Stunden und lässt sich nicht abdecken – besser ab damit in die nächste Arztpraxis. Spezialist Laios: „Wenn sie zu spät genäht wird, kann sie sich entzünden oder es entstehen später hässliche Narben.“ Bilden sich bei einer Brandwunde Blasen, dann sei das ein sicheres Zeichen dafür, dass sich die obere Hautschicht ablöst – auch dies sollte sich der Haus- oder Ambulanzarzt anschauen.
Haben Hund oder Katze zugebissen, wissen viele Menschen nicht, ob ihre Tetanus-Impfung noch aktuell ist oder ob sie sich infizieren können. Konstantinos Zarras: „Grundsätzlich gilt, dass alle Kinder grundimmunisiert sind. Diese Impfung sollte alle zehn Jahre aufgefrischt werden. Wissen wir nicht, ob dies geschehen ist, müssen wir zwei Spritzen setzen – eine für den schnellen und eine für den langfristigen Schutz vor Krankheitserregern.“ Tollwutimpfungen mit möglichen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen werden nur gegeben, wenn die Wunde durch ein Wildtier in einem tollwutgefährdeten Bezirk entstand.
Der Heilungsprozess
Ist der Heilungsprozess nach vier Wochen nicht abgeschlossen, sprechen Ärzte von einer chronischen Wunde. „Zunächst ist es wichtig, in Wundzentren oder bei spezialisierten Medizinern den Grund dafür herauszufinden“, erläutert Dr. Maria Augstein, Allgemeinmedizinerin und ärztliche Wundexpertin in der Dr. Becker Reha-Klinik Möhnesee bei Soest. Heilungsstörungen können nach ihren Worten nach Operationen entstehen, wenn etwa ein Faden in der Wunde vergessen wurde. Verschiedene Erkrankungen – etwa Diabetes, Durchblutungsstörungen oder Gefäßkrankheiten – sind ebenfalls mögliche Ursachen. Experte Laios nennt zudem die Druckstellen, die sich durch langes Liegen entwickeln.
Empfehlungen der Experten
„Wir raten dazu, chronische Wunden nicht selbst auszuspülen, damit zum Beispiel über einen verkalkten Duschkopf keine Keime hineingeraten“, sagt Krankenschwester Jennifer Moe, die sich als Wundexpertin in der Klinik Möhnesee spezialisiert hat. Je nach Wunde gilt es, das richtige Verbandsmaterial zu finden – z.B. mit Schaumstoff, um Flüssigkeit aufzufangen oder mit Silberionen, um Bakterien abzutöten. „Solche Wundauflagen können auch Schmerzmittel abgeben und durch Aktivkohle Gerüche auffangen. Auf diese Weise wird die Lebensqualität der Patienten verbessert“, erklärt Michael Laios. Im Team mit Diabetologen und Gefäßspezialisten gehe es parallel darum, die Ursache für die gestörte Wundheilung zu bekämpfen – also etwa den Diabetes richtig einzustellen oder die Gefäßsituation zu verbessern.
Buchtipp und Infos
Wundambulanzen oder Interdisziplinäre Wundzentren gibt es in größeren Städten in vielen spezialisierten Krankenhäusern. Auch zahlreiche niedergelassene Ärzte und Pflegedienste haben sich in diesem Bereich weitergebildet – sie finden sich über die Eingabe „Wundzentrum“ in die Internet-Suchmaschine in kleineren Kommunen und ländlichen Gebieten.
Weitere Informationen und Fallbeispiele: www.icwunden.de.
Zum Weiterlesen: Moderne Wundversorgung von Jan Hinnerk Timm und Kerstin Protz ist just in der 7. Auflage im Verlag Urban & Fischer erschienen, 22,99 Euro.