Wien. Der illegale Handel mit Organen ist ein globales Problem. UN-Expertin Silke Albert gibt Einblicke in die kriminellen Strukturen. Meist sind Menschen in Armutsvierteln die Opfer. Die UN vermutet, dass auch etliche Krankenschwestern und Ärzte in den Handel involviert sind.

Der Handel mit menschlichen Organen ist international geächtet und wird teilweise mit hohen Gefängnisstrafen geahndet. Dennoch scheint mittlerweile klar, dass es sich beim illegalen Organhandel um ein globales Problem handelt. Die UN-Expertin Silke Albert spricht im dpa-Interview bei der UN-Jahreskonferenz zur Kriminalitätsbekämpfung in Wien über kriminelle Ärzte und darüber, dass vor allem Bewohner von Armutsvierteln die Leidtragenden des Handels sind.

Wie groß ist das Problem des illegalen Organhandels weltweit?

Silke Albrecht: Es ist ein eklatantes, globales Problem. Zwischen 2007 und 2011 wurden dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung 50 Fälle von verbotenem Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme aus 16 Ländern gemeldet. Das erscheint wenig, wir sind allerdings sicher, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Die meisten Fälle werden von nationalen Strafverfolgungsbehörden nicht entdeckt.

Welche Länder sind vor allem betroffen?

Albrecht: Aufgrund der hohen Dunkelziffer lässt sich das nur schwer bestimmen. Oft sind mehrere Länder betroffen, dann stammt der Spender aus einem Land, der Empfänger aus einem zweiten, und die Transplantation wird schließlich in einem dritten Land durchgeführt. Generell stammen die Empfänger aber eher aus reicheren, die Spender eher aus ärmeren Staaten.

Wie gelangen die Händler an illegale Organe?

Albrecht: Zum Beispiel über Mittelsmänner. Sie gehen gezielt in Armutsviertel, um Spender zu finden. Diese wissen meist nicht, worauf sie sich einlassen, müssen oft Formulare in einer fremden Sprache unterschreiben oder können überhaupt nicht lesen. Die Betroffenen werden meist ins Ausland gebracht, denn Organe lassen sich am besten im menschlichen Körper transportieren. Organhandel ist also auch ein illegaler Menschenhandel.

Wie kommen die Organe zum Patienten?

Albrecht: Meist stellen die Mittelsmänner Kontakte zu Kliniken her. Sie schalten zudem oft Anzeigen im Internet oder in Zeitungen. Dabei wird verschleiert, dass es sich um gehandelte Organe handelt. Wir vermuten, dass auch etliche Krankenschwestern und Ärzte in den Handel involviert sind.

Welche Organe sind vor allem betroffen und was kosten sie?

Silke Albert (41) arbeitet seit 2006 für das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung in Wien. Die deutsche Juristin und Expertin für Menschenhandel war zuvor unter anderem für die Caritas tätig. Dort arbeitete sie auch direkt mit Menschenhandel-Opfern zusammen.
Silke Albert (41) arbeitet seit 2006 für das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung in Wien. Die deutsche Juristin und Expertin für Menschenhandel war zuvor unter anderem für die Caritas tätig. Dort arbeitete sie auch direkt mit Menschenhandel-Opfern zusammen.

Albrecht: In aller Regel werden Nieren gehandelt. Es gibt Anzeichen, dass eine "schwarze" Niere bis zu 300.000 US-Dollar kostet. Die Spender erhalten davon aber nur einen verschwindend geringen Betrag - wenn überhaupt.

Wie könnte man den kriminellen Organhandel eindämmen?

Albrecht: Da es einen eklatanten Mangel an Spenderorganen gibt, müssten zum Beispiel mehr Menschen zur legalen Organspende ermutigt werden. Sie könnten ihre Zustimmung zu Lebendspenden geben oder ihre Organe nach ihrem Tod zur Verfügung stellen. Wir brauchen auch strengere Kontrollen und Überwachungen der Organspenden. (dpa)