München. Wenn eine Wespe heransurrt, geraten viele Menschen aus Angst vor einem Stich in Panik. Denn der kann ganz schön wehtun. Ist jemand jedoch allergisch auf das Insektengift, kann ein Stich auch lebensgefährlich werden: Es droht ein allergischer Schock, das totale Herz-Kreislauf-Versagen.
Manche gehen nicht gern vor die Tür, wenn es draußen wärmer wird. Wer eine heftige Insektengiftallergie hat und von einer Biene oder Wespe gestochen wird, kann schnell in Lebensgefahr schweben, wenn er kein Notfallset dabei hat. Eine Immuntherapie kann die Gefahr senken.
Auslöser einer Insektengiftallergie sind in unseren Breiten vor allem Honigbienen sowie einige Wespenarten. Dass Menschen auf das Gift dieser Insekten mit einer oft schmerzhaften Schwellung rund um die Einstichstelle reagieren, ist völlig normal. Bei etwa 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung kommen örtliche allergische Reaktionen hinzu - zu erkennen an Schwellungen, die im Durchmesser oft größer als zehn Zentimeter sind und länger als 24 Stunden fortbestehen. Diese Form der Insektengiftallergie ist zwar sehr unangenehm, lässt sich aber meist durch feuchte, kühlende Umschläge sowie antientzündliche Cremes gut behandeln und klingt nach einigen Tagen wieder ab.
Nicht alle haben es so leicht
Doch es kann auch schlimmer sein: "Etwa drei Prozent der Bevölkerung zeigen anaphylaktische Stichreaktionen", erklärt Prof. Bernhard Przybilla von der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Typisch sind Beschwerden, die ohne Zusammenhang mit der Einstichstelle auftreten. Sie sind Zeichen einer möglicherweise lebensgefährlichen Situation."
Betroffene verspürten zum Beispiel ein Kribbeln an Handtellern und Fußsohlen, Quaddelbildung am gesamten Körper, Atemnot und Herzrasen. Auch Kreislaufbeschwerden wie Schwindel und Schwächegefühl sind möglich, die meist innerhalb von Minuten bis zu etwa einer halben Stunde nach dem Stich beginnen. Schlimmstenfalls kommt es zum allergischen Schock, dem totalen Herz-Kreislauf-Versagen.
Notfallset immer griffbereit halten
Verglichen mit anderen Allergien wie Heuschnupfen sei das Risiko für anaphylaktische Reaktionen bei Insektengiftallergien grundsätzlich erhöht, weil das Allergen eingestochen werde und dadurch große Mengen direkt in den Organismus gelangten, ergänzt Prof. Margitta Worm vom leitet das Allergie-Centrum an der Charité in Berlin.
Glücklicherweise trete die schwerste Form der Anaphylaxie, der allergische Schock, bei nur 0,5 Prozent der Patienten mit Insektengiftallergien auf. "Kommt es nach einem Stich zu Atemnot oder Kreislaufsymptomen wie Schwindel, Herzrasen und Ohnmacht, sollte unverzüglich der Notarzt gerufen werden", betont Worm. Für Betroffene besteht Lebensgefahr. Auch bei leichteren Reaktionen, etwa wenn sich nur Hautreaktionen zeigen, sollten Patienten unmittelbar zum Arzt.
Alle Patienten, die einmal eine anaphylaktische Reaktion durchgemacht haben, erhalten nach positiver Testung auf eine Insektengiftallergie ein Notfallset. Es enthält lebensrettende Medikamente und sollte immer griffbereit sein.
Bedachtes Verhalten vermeidet Stiche
Ein zweiter wichtiger Schritt für diese Patienten sei es, eine spezifische Immuntherapie zu beginnen, erklärt Worm. Dabei werden über einen längeren Zeitraum regelmäßig verdünnte Gaben des Insektengifts gespritzt. "Die spezifische Immuntherapie schützt über 90 Prozent der Behandelten sicher vor erneuten anaphylaktischen Reaktionen", sagt die Allergologin.
Neben diesen Maßnahmen bleibe es grundsätzlich immer wichtig, Stiche durch entsprechendes Verhalten zu vermeiden, ergänzt Stephan Molitor, der eine Allergie-Schwerpunktpraxis in Hannover betreibt. Der Mediziner betreut etwa 200 Patienten mit Insektengiftallergie. Meist komme es durch unbedachtes Verhalten zu Stichen: etwa durch panisches Vertreiben der Tiere, Unachtsamkeit beim Essen im Freien oder achtloses Hantieren mit Obst in der Erntezeit, die zugleich auch die Hochsaison der Wespe ist. (dpa)