Essen. . Fruchtzucker-Unverträglichkeit ist weit verbreitet, wird jedoch häufig nicht erkannt. Symptome sind oft Magenschmerzen und Übelkeit. Dabei werden einige Fruchtzuckersorten besser vertragen als andere. So kann mit der Unverträglichkeit umgegangen werden.
Laktoseintoleranz, also Probleme mit Milchprodukten, kennt mittlerweile fast jeder. In Supermärkten füllen laktosefreie Produkte ganze Regalreihen. In fragende Gesichter blickt da schon eher, wer Obst und Süßigkeiten mit den Worten „Darf ich nicht – ich vertrage keinen Fruchtzucker“, ablehnt: Dabei ist die Fructosemalabsorption (kurz: FM) weit verbreitet – und häufig nicht erkannt.
Grundsätzliches
Fruchtzucker kommt natürlicherweise in Obst und – in geringeren Mengen – in einigen Gemüsesorten vor, aber auch in unserem normalen Haushaltszucker, der Saccharose. Ein Blick auf viele industriell gefertigte Produkte zeigt: Zucker ist fast überall drin, und das in etlichen Kombinationen. Nicht selten stecken in einem Produkt Zucker, Glucosesirup, Fructose, Glucose und Zuckeraustauschstoffe wie Sorbit oder Xylit. Wer an Fructose-Unverträglichkeit leidet , muss sich durch den Dschungel der „guten“ und „schlechten“ Zuckerarten kämpfen. Eines aber ist sicher: Nur durch eine Nahrungsumstellung können die Beschwerden langfristig verbessert werden. Eine Pille zum Einwerfen oder Enzyme, wie die Laktase bei der Laktoseintoleranz, die zuverlässig umwandeln, gibt es nicht. Relativ neu auf dem Markt sind Präparate mit dem Enzym Xylose-Isomerase, das im Darm ein Gleichgewicht zwischen Glucose und Fructose schaffen soll. Sie sind mit 60 Kapseln für etwa 50 Euro jedoch teuer und in der Anwendung nicht leicht.
Die Diagnose
Die Diagnose wird auch wie die Laktoseintoleranz durch einen Wasserstoff-Atemtest gestellt. Mittlerweile bieten auch viele niedergelassene Ärzte diesen Test an.
Individueller Ernährungsplan
Im Internet gibt es viele Foren, in denen sich Betroffene austauschen. Schnell wird klar: Die Tipps sind so unterschiedlich wie die Beschwerden, die geschildert werden. „Um sich nicht verwirren zu lassen, sollte man in jedem Fall zu einer Ernährungsberatung gehen und einen individuellen Plan aufstellen“, rät Marina Oppermann, Ernährungswissenschaftlerin vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Empfohlen wird in jedem Fall eine erste Karenzzeit, in der man den Fruchtzucker so gut wie möglich meidet. „Wir empfehlen, die Phase etwa zwei bis vier Wochen durchzuführen“, so Oppermann. Klingen die Beschwerden ab, geht es darum, seine eigene Toleranzgrenze auszutesten.
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Ganz auf Obst und Gemüse zu verzichten, davon hält auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nichts. Sie empfiehlt, Obst zu reduzieren und dafür den Konsum von verträglichen Gemüsesorten zu erhöhen. Verträglicher wird Obst für die allermeisten Betroffenen, wenn man es mit Fetten anreichert. Also mit Quark, Joghurt oder Sahne anrührt, oder zusammen mit Glucose (Traubenzucker) isst. Glucose sorgt im Dünndarm nämlich dafür, dass Fructose im Darm besser aufgenommen werden kann. Deswegen ist auch die Bilanz zwischen Fruchtzucker und Glucose in den Lebensmitteln wichtig. Verträglicher werden sie, wenn der Gehalt an Glucose höher ist als der an Fructose. Auf den Zuckeralkohol Sorbit (oft in Bonbons und Kaugummis) sollte möglichst gänzlich verzichtet werden – er hemmt die Aufnahme von Fructose zusätzlich.
Untätiger GLUT-5-Transporter
Doch warum vertragen manche Menschen keinen Fruchtzucker? Die Ursache findet sich in unserem Dünndarm. Hier schleust normalerweise der so genannte GLUT-5-Transporter (ein Protein) passiv die Zuckermoleküle in die Dünndarmzellen. Bei einer FM arbeitet dieser Transport nicht mehr richtig, die Fructose tritt in hohen Konzentrationen in den Dickdarm, wo sich dann die Darmbakterien auf den Zucker stürzen – es kommt zu Symptomen wie Darmkrämpfen, Blähungen, Völlegefühl, Übelkeit und Durchfall. Zudem hat Fruchtzucker eine wasserbindende Wirkung – es entzieht dem Dickdarm Wasser, wodurch es zu den Durchfällen kommt.
„Nicht jeder hat gleich starke Beschwerden, es kommt darauf an, wie stark die Malabsorption ausgeprägt ist, und wie sensibel der Betroffene darauf reagiert“, sagt Prof. Dr. Joost Langhorst, leitender Arzt für integrative Gastroenterologie an den Kliniken Essen-Mitte. Reizdarmpatienten würden die Symptome zum Beispiel schneller und stärker wahrnehmen. Es gibt auch Menschen, die Fructose schlecht verarbeiten können, aber keine Symptome zeigen. „Wir alle haben eine natürliche Kapazitätsgrenze, was die Aufnahme von Fruchtzucker betrifft“, sagt Langhorst.
Depressionen
Bei einigen Betroffenen zieht das Problem einen Rattenschwanz an Beschwerden nach sich, die erst mal einen Zusammenhang nicht vermuten lassen. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Patienten eine auffällige Neigung zu Depressionen zeigen. Erklären ließe sich dies mit einer gleichzeitigen Aufnahmestörung der Aminosäure Tryptophan, die gebraucht wird, um Serotonin („das Glückshormon“) herzustellen. Ganz geklärt ist auch noch nicht, warum es gehäuft zu Zink- und Folsäuremängeln kommt. Ist ein Zinkmangel vorhanden, zeigt sich dies unter anderem durch eine geschwächte Immunabwehr.
Die vererbte Intoleranz
Abzugrenzen ist die Malabsorption unbedingt von der hereditären (erblichen) Fructoseintoleranz. Das ist ein seltener vererbter Enzymdefekt, der den Fructoseabbau in der Leber betrifft. Mit dieser Krankheit müssen Betroffene Fruchtzucker strikt meiden, sonst treten schwerwiegende Beschwerden auf. Deswegen ist auch der häufig verwendete Begriff „Fruchtzuckerintoleranz“ für die Malabsorption nicht korrekt.
Hilfreiche Netzseiten und Buchtipp
Hilfe im Netz gibt es unter: www.lecker-ohne.de, www.nahrungsmittel-intoleranz.com. Eine Restaurantkarte „Fruchtzuckerunverträglichkeit“ vom DAAB kann kostenlos unter der Mailanschrift info@daab.de angefordert werden. Sehr hilfreich sind ausführliche Lebensmitteltabellen, die den Gehalt an Fructose und Glucose angeben. Zum Beispiel: „Der kleine Souci Fachmann/ Kraut – Lebensmitteltabelle für die Praxis“.
Verträglicher Zucker, weniger verträglicher Zucker
(Meist) verträgliche Zucker: Glucose (Traubenzucker), Lactose (Milchzucker), Maltose (Malzzucker), Reissirup. Je nach Ausprägung der Malabsorption ist der Haushaltszucker (Saccharose, „Zucker“) verträglich, weil er zu gleichen Anteilen aus Glucose und Fructose besteht – muss aber ausprobiert werden.
Neben Fructose bestimmte Zuckeraustauschstoffe meiden: Sorbit, Mannit, Isomalt, Xylit.