Essen. Am häufigsten tritt die Augenkrankheit Grauer Star altersbedingt auf. Aber auch Diabetes oder eine längerfristige Einnahme von Kortison können Risikofaktoren sein. Wann operiert werden sollte, welche Operationsmethoden es gibt - wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Rund 700.000 Mal jährlich wird sie in Deutschland gemacht: die Operation eines Grauen Stars. Sie gilt heute als Routine-Eingriff, wenn sie von einem erfahrenen Chirurgen durchgeführt wird. Der Graue Star ist eine Augenkrankheit, bei der sich die Augenlinse eintrübt und gräulich verfärbt. Unbehandelt kann dies bis zur Erblindung führen. Betroffene haben viele Fragen. Die Tipps von Prof. Klaus-Peter Steuhl, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde an der Universitätsklinik Essen.
Wenn die Augen älter werden
„Die Augenlinse hat die Aufgabe, die Lichtstrahlen auf der Netzhaut des Auges zu bündeln und damit scharfes Sehen zu ermöglichen. Die Linse bleibt aber nicht immer glasklar wie in der Jugend“, erklärt Steuhl. Mit zunehmendem Alter werde sie ein wenig gelblicher. Die Verfärbung könne mit den Jahren ins Braune oder Graue übergehen.
„Wird die Trübung der Linse kräftiger, wird das Sehen unschärfer. Der Betroffene kann den Eindruck haben, wie durch Milchglas zu sehen. Am häufigsten ist die Linseneintrübung, der Graue Star, altersbedingt.“ Die Sehschärfe werde dann dadurch – meist jenseits des 65. Lebensjahres – herabgesetzt.
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Weitere Ursachen
Auch verschiedene Stoffwechsel-Erkrankungen können eine Linseneintrübung verursachen, betont der Augenarzt. „Oft ist dies bei einer Diabetes-mellitus-Erkrankung der Fall. Bei Typ-1-Diabetikern kann dies schon in jungen Jahren vorkommen.“ Auch eine längerfristige Einnahme von Kortison könne die Entstehung eines Grauen Stars begünstigen. „Wer längerfristig Kortison bekommt, etwa Rheuma-Kranke, sollte sich daher regelmäßig beim Augenarzt vorstellen.“ Auch eine Augen-Verletzung könne eine Ursache für einen Grauen Star sein.
Die Diagnose
Ob es sich um einen Grauen Star handelt, kann ein Augenarzt bei einer Augen-Untersuchung feststellen. Der Experte: „Ab dem 40. Lebensjahr sollte man seine Augen jährlich von einem Augenarzt prüfen lassen.“
Wann muss operiert werden?
Laut Professor Steuhl gilt: „Bei einem entwickelt sich ein Grauer Star schnell, ein anderer kann damit mehrere Jahre leben, bevor er operiert werden muss.“ Von den 65-Jährigen habe etwa jeder Fünfte einen Grauen Star, der operiert werden müsse. „Es gibt keine Medikamente gegen die Linseneintrübung. Operiert werden sollte, wenn der Betroffene schlechter sieht, Probleme bei der Arbeit hat, nicht mehr Auto fahren kann, die Lebensqualität beeinträchtigt ist“, betont der Essener Mediziner.
Was passiert bei der OP?
In der Regel dauert der Eingriff zwischen 15 und 20 Minuten, so Steuhl. Die trübe Linse werde aus dem Auge entfernt und durch eine Kunststofflinse ersetzt. „Über 98 Prozent der Eingriffe verlaufen gut. Es wird nicht die ganze Linse entfernt. Die seitliche und hintere Linsenkapsel werden erhalten.“ In 80 Prozent der Fälle werde der Eingriff in örtlicher Betäubung durchgeführt – mittels einer Spritze neben das Auge oder Betäubungstropfen. Falls ein Patient Medikamente zur Blutverdünnung nimmt (z. B. ASS, Marcumar), sollte er den Arzt darüber frühzeitig informieren, wenn über eine OP nachgedacht wird.
Wenn beide Augen betroffen sind
In der Mehrzahl der Fälle sind von einem Grauen Star beide Augen betroffen. Steuhl: „Man sollte nicht beide Augen gleichzeitig operieren lassen, sondern zwischen den Eingriffen einige Tage oder Wochen verstreichen lassen.“ Denn wenn, „was niemand hofft“, ein Keim während der OP das Auge befalle, wäre dies bei einer Operation beider Augen für den Patienten verhängnisvoll.
Wo soll man sich operieren lassen?
Bei der Suche nach einem Operateur sollte man sich an den eigenen Augenarzt oder die Krankenkasse wenden. „Es ist wichtig, dass der Eingriff von jemandem durchgeführt wird, der viel Erfahrung damit hat. Bei großen Kliniken mit Augenzentren zum Beispiel kann man davon ausgehen, dass dies so ist.“
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Nebenwirkung Nachstar
Die häufigste Nebenwirkung einer Grauen-Star-Operation ist der sogenannte Nachstar. „Rund jeder zehnte Patient hat damit zu tun“, erklärt der Professor. Der Nachstar bestehe aus einer dünnen Lage von Linsenzellen, die hinter der eingesetzten Kunstlinse nachwachsen und zunehmend die Sehschärfe nach einer erfolgreichen Grauen-Star-Operation verschlechtern könnten. „Je jünger der Patient ist, desto stärker und desto schneller kann sich der Nachstar ausprägen.“ Auch das Material und der Aufbau der Kunstlinse können die Ausprägung des Nachstars beeinflussen, ebenso die OP-Technik des Chirurgen. Behandelt wird ein Nachstar, wenn der Betroffene ihn als störend empfindet (Blendung) oder die Sehschärfe und Kontrast-Wahrnehmung deutlich reduziert ist. „Die Behandlung erfolgt mit einem Laser.“
Risiko Netzhaut-Ablösung
Wenn Patienten am Grauen Star operiert werden, die eine Kurzsichtigkeit haben (über fünf Dioptrien), steigt laut Steuhl die Wahrscheinlichkeit einer Netzhaut-Ablösung nach der OP auf über ein bis zwei Prozent. „Hatte jemand in der Familie oder der Patient selbst schon eine Netzhaut-Ablösung, kann die Wahrscheinlichkeit einer NetzhautAblösung nach der OP auf fünf bis zehn Prozent ansteigen.“ In einem solchen Fall kläre man die Patienten gut über die Symptome einer Netzhaut-Ablösung auf. „Man kann diese heute mit einer sehr hohen Erfolgsrate heilen.“
Grundsätzlich gelte: Sei eine Linsentrübung noch nicht störend, sollte im Zweifel mit einer Operation noch gewartet werden. Prof. Klaus-Peter Steuhl: „Die OP hat nur eine geringe Komplikationsrate. Aber es kann trotzdem zum Beispiel zu einer Entzündung oder Blutung kommen. Komplikationen treten nur mit einer Häufigkeit im Promille-Bereich auf, können aber dazu führen, dass die Sehkraft des Patienten nachhaltig herabgesetzt wird.“
Was ist mit einer Laser-OP?
„Die Graue-Star-Operation mit dem Laser steckt derzeit noch in den Kinderschuhen, was den Einsatz in Kliniken angeht“, sagt der Mediziner. Mit einem Laser könnten bestimmte Operationsschritte sehr präzise gemacht werden. „Dass der Patient durch einen Laser-Eingriff einen Vorteil gegenüber der üblichen Operation durch den Chirurgen hat, ist durch keine größere Studie nachgewiesen.“ Pro Auge müssten Patienten beim Laser-Eingriff rund 1500 Euro selbst bezahlen. „Das übernimmt die Kasse nicht.“