Hamm. Eine halbseitige Lähmung bei einem Säugling muss für den behandelnden Kinderarzt nicht unbedingt erkennbar sein. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Geklagt hatte eine Familie, bei der der Hausarzt trotz mehrmaliger Vorsorgeuntersuchung die Behinderung nicht erkannt hatte.
Das zentrale Nervensystem eines Kindes reift nach der Geburt über Monate hinweg. Ein Hirnschaden ist daher nicht unbedingt von Anfang an sichtbar - selbst für einen Kinderarzt nicht. Er haftet deshalb nicht, wenn er eine halbseitig Lähmung bei einem Säugling in dessen ersten zwölf Lebensmonaten nicht erkennt.
Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor, auf die die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein hinweist (Az.: 3 U 162/12). In dem Fall hatten Eltern eine Kinderärztin unter anderem auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt.
Schlaganfall
Schlaganfall im Mutterleib
Sie hatte bei deren Baby mehrere Vorsorgeuntersuchungen vorgenommen, aber eine Behinderung nicht bemerkt. Das Kind leidet an einer halbseitigen Lähmung, die auf einem Hirnschaden wegen eines Schlaganfalls im Mutterleib beruht. Erst als das Baby fast ein Jahr alt war, wurde das Handicap festgestellt.
Die Eltern waren der Ansicht, dass sich das Kind bei einer früheren Diagnose und Behandlung besser hätte entwickeln können. Die Richter wiesen die Klage aber ab und teilten die Einschätzung des Sachverständigen, der keinen Fehler der Kinderärztin feststellen konnte. Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Anzeichen für einen Hirnschaden in den ersten Lebensmonaten so unspezifisch sein können, dass die Ärztin sie nicht hätte erkennen müssen.(dpa)