Essen. Schlaf Kindlein, schlaf... Jetzt schlaf endlich!!! Ab dem sechsten Lebensmonat hoffen viele Eltern auf Erholung. Aber wie klappt das?
Zum Thema Babyschlaf sind unzählige Ratgeber geschrieben worden. Es soll sogar Eltern geben, die 50 dieser Ratgeber gelesen haben. Drei der Bücher werden hier vorgestellt und mit Ihnen die elf größten Irrtümer darüber, wie Babys richtig einschlafen und durchschlafen. Wir haben Baby/Eltern-Therapeutin Cornelia Fröhlich über die größten Irrtümer zum Babyschlaf gefragt.
1. "Die meisten Kinder schlafen durch."
Falsch. Dass Babys durchschlafen, ist ein Ausnahme und nicht die Regel. Im Alter von vier bis sechs Wochen schlafen 6 Prozent der Kinder durch. Vom dritten bis vierten Lebensmonat sind es 36 Prozent. Nur 39 Prozent der Zweijährigen schlafen durch und unter den Vierjährigen sind es 38 Prozent. Diese Zahlen stammen aus dem Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“ von Annette Kast-Zahn und Dr. med. Hartmut Morgenroth.
Faktencheck: Helfen diese Hausmittel beim Einschlafen?
Schäfchenzählen
„Davon halte ich nichts“, sagt Dr. Rüdiger Holzbach, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Arnsberg. „Das erfordert doch ein gewisses Maß an Konzentration“ und halte eher vom Einschlafen ab. Natürlich lenke das Zählen von Sorgen ab, die man im Kopf habe. „Besser ist es aber, sich den Problemen im Wachzustand zu stellen“, sagt Rüdiger Holzbach. Stattdessen empfiehlt er Entspannungstechniken wie Yoga und autogenes Training.
wieder Aufstehen (lesen, bügeln, Kreuzworträtsel lösen...)
Keine gute Idee, sagt Rüdiger Holzbach. „Man trainiert dem Körper einen falschen Rhythmus an.“ Mit der Folge, dass man irgendwann jede Nacht zur gleichen Zeit Kreuzworträtsel löst. Besser: „Einfach liegen bleiben“, sagt der Experte. „Das ist bereits körperlich erholsam.“
heiße Milch mit Honig
Rüdiger Holzbach rät einerseits ab: „Fragen Sie mal Ihren Zahnarzt, was er davon hält ...“ Andererseits habe die abendliche warme Milch mit Honig etwas von einem Zu-Bett-Geh-Ritual. „Deshalb mag ich es. Wenn es hilft, ist das in Ordnung.“
Schlaftee trinken
Ein gutes Mittel, sagt der Experte Rüdiger Holzbach. Die Wirkstoffe im Schlaftee unterstützen den Schlummer. „Und es ist ein schönes Ritual, das dem Körper signalisiert: Jetzt ist Feierabend und Zeit herunterzukommen.“
warmes Bad nehmen
„Jeden Abend baden – das wäre mir zu anstrengend“, sagt Dr. Rüdiger Holzbach. Ab und zu jedoch, nach einem anstrengenden Tag, könne ein Bad helfen herunterzukommen.
Rotwein oder Bier als "Absacker"
„Alkohol ist nicht gut“, warnt Chefarzt Rüdiger Holzbach. Man schlafe dann zwar schnell ein und meist auch länger, fühle sich am nächsten aber dennoch nicht munter. „Der Erholungseffekt des Schlafes stellt sich nicht ein. denn Alkohol stört den Traumschlaf und die Tiefschlafphase.“
2. "Je weniger ein Baby tags schläft, desto besser schläft es nachts."
Ebenso falsch. So seltsam es klingen mag: Müde Kinder schlafen häufig schwerer ein. Sie können sich schlecht selbst regulieren. Selbstregulation ist die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, beschäftigen und mit kleinen Frustrationen wie der abendlichen Trennung umzugehen, so schreibt Christine Rankl in ihrem Buch „Endlich durchschlafen".
3. "Wenn man mit dem Baby herumtollt, schläft es gut ein."
Grober Irrtum. Das Baby ist dann so aufgeregt, dass es nicht einschlafen kann. Es hilft, es schon in den letzten vier Stunden vor dem Zubettgehen ruhig angehen zu lassen und das Kind langsam auf die Nachtruhe vorzubereiten, sagt Cornelia Fröhlich.
4. "Wenn ein Kind Sie nachts nicht weckt, dann schläft es durch."
Das ist eine Begriffsverwirrung. Das Kind hat dann zwar einen gesunden Schlaf, es wacht aber dennoch zwischen 3 und 5 Uhr auf, schaut sich möglicherweise ein bisschen um und schläft dann geruhsam weiter. Das ist super, betont Fröhlich. Kinder, die ihre Eltern nachts wecken, haben Schwierigkeiten, nach der ersten kompletten Schlafphase wieder einzuschlafen. Es handelt sich also um Einschlafprobleme und nicht um Durchschlafprobleme.
5. "Autofahren ist eine wirksame Einschlaf-Hilfe."
Stimmt nicht. Monotone Bewegungen wie das Autofahren fördern nicht die Selbstregulation, also die Anpassung des Babygemüts an die Schlafsituation. Gleichförmiges hilft dem Kind nicht, selbst in den Schlaf zu finden, sagt Cornelia Fröhlich. Die Probleme fangen an, wenn die erste Schlafphase vorbei ist. Dann wacht das Baby auf und merkt, dass etwas in seiner Umgebung sich verändert hat und fordert lautstark nach weiteren Bewegungen. Nebenbei: Für die Eltern ist es unpraktisch, jedes Mal, wenn das Kind nicht einschläft, es in das Auto zu legen und es um den Block zu fahren.
Schlafwandler nicht wecken? – Faktencheck zum Thema "Schlaf"
Manche Menschen träumen nicht.
„Irrtum“, sagt Jürgen Zulley, „alle Menschen träumen.“ Und zwar die typischen wilden, bizarren Geschichten, an die man sich manchmal erinnert, nicht nur einmal pro Nacht, sondern alle 90 Minuten. Der erste Traum ist etwa zehn Minuten lang, über die Nacht werden Träume länger. Am Morgen dauern sie etwa 30 Minuten, erklärt der Schlafforscher. Nur erinnern kann man sich oft nicht dran – und hat dann das Gefühl, nicht geträumt zu haben.
Mit Träumen verarbeitet man die Erlebnisse des Tages.
Alles Spekulation, sagt der Experte – „dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege: Warum wir diesen Traumschlaf haben und was Träume bedeuten, können wir wissenschaftlich nicht erklären.“
Nur wer durchschläft, schläft gut.
Ganz im Gegenteil, tröstet der Experte: Nachts aufwachen ist völlig normal, im Schnitt wird jeder Mensch 28 Mal wach. „Das ist die Botschaft für Schlafgestörte! ,Um Himmels Willen, jetzt geht das wieder los’, denken die häufig, wenn sie wachwerden, regen sich auf – und können nicht wieder einschlafen.“ Wer sich nicht aufregt und innerhalb von drei Minuten wieder einschläft, vergisst in der Regel, dass er oder sie wach war – und hat den Eindruck, durchgeschlafen zu haben. Früher waren die Menschen einmal in der Nacht auch länger wach, ganz ohne sich drüber aufzuregen: „Meist so gegen 3 Uhr, da war es sogar üblich, sich anzuziehen und vor die Tür zu gehen.“
Acht Stunden Schlaf sind besonders gesund.
Falsch. „Viele Menschen denken, dass sich das Maß der Erholung über die Schlafdauer erklärt. Doch beim Schlaf gilt: Quantität ist nicht gleich Qualität“, erklärt der Psychologe. Wichtig für die Erholung ist vor allem der Tiefschlaf: „Ich kann schlafen, so lange ich will – wenn ich keinen Tiefschlaf habe, bin ich nicht erholt." Deutsche schlafen im Durchschnitt sieben Stunden pro Nacht. Der Statistikmensch geht um 23.04 ins Bett, braucht 15 Minuten zum Einschlafen und steht um 6.18 Uhr auf. Damit sind die Deutschen im europäischen Vergleich Kurzschläfer, „in mediterranen Ländern schläft man länger“, weiß Zulley. Das sei kulturell bedingt – in Deutschland habe viel schlafen ein schlechtes Image. Sieben Stunden sind der Durchschnitt, alles zwischen fünf und 9 Stunden könne normal sein, sagt Jürgen Zulley: „Man hat dann genügend Schlaf gehabt, wenn man am Tag überwiegend ausgeschlafen und fit ist – abgesehen vom Mittagstief, das ist normal.“
Wir schlafen immer weniger.
Eine weit verbreitete Annahme – die nicht stimme, sagt der Schlafforscher: „Man schläft nur immer schlechter.“ Das habe mit dem höheren Tempo des Lebens zu tun, der weiter steigenden Reizflut – im Arbeitsleben wie in der Freizeit. Tatsächlich hätten Arbeiter zu Zeiten der Industrialisierung weniger geschlafen: „Die kamen oft erst um 23 Uhr von der Schicht mussten um 4 Uhr wieder aufstehen.“
Wer auf der Seite oder auf dem Bauch schläft, schnarcht nicht.
Stimmt nicht, aber man schnarcht weniger als in Rückenlage. Wenn jemand auf dem Rücken liegt und sich entspannt, rutschen Kiefer und Zunge nach hinten – das befördere das Schnarchen, erklärt Jürgen Zulley. Die Bauchlage kann der Experte dennoch nicht empfehlen, „weil dann die Atmung auf jeden Fall eingeschränkt ist.“ Schnarchen entsteht durch eine Einengung der Atemwege, und die lässt sich am besten in der „eingerollten Seitenlage rechts“ vermeiden – das ist die Position, die der Forscher zum Schlafen empfiehlt.
Der Schlaf vor Mitternacht ist der erholsamste.
„Das stimmt nur, wenn wir die biologische Mitternacht annehmen“, sagt der Psychologe, der seit Jahrzehnten im Bereich der Chronobiologie, also der inneren Uhr forscht: „0 Uhr ist dabei so was von bedeutungslos.“ Die innere Uhr hat zwischen 3 und 4 Uhr morgens Mitternacht: Dann wird die größte Menge Melatonin ausgeschüttet, eines der Hormone, die die innere Uhr regeln. Wer vor diesem Zeitpunkt rund vier Stunden geschlafen hat, tut sich selbst viel Gutes. Fest steht auch, das Schlafen am Tag nie so erholsam ist wie in der Nacht: „Unser Organismus stellt um auf den Tag- und den Nachtmodus“, erklärt Zulley; gesteuert sei der Rhythmus vor allem durch das Tageslicht und durch Hormonausschüttungen.
Schlafwandler soll man nicht wecken.
Falsch. Es sei nicht einfach, aber manchmal sehr angebracht, Schlafwandler zu wecken, erklärt der Psychologe, „denn es gibt keine schlafwandlerische Sicherheit“. Menschen, die sich im Tiefschlaf aus dem Bett bewegten, könnten durchaus die Treppe herunter oder gar aus dem Fenster fallen. Schlafwandeln kommt besonders häufig bei Kinder vor.
Bei Vollmond schläft man schlecht.
Irrtum, sagt Jürgen Zulley: „Mondphasen haben überhaupt keinen Einfluss auf den Schlaf, das belegen viele, viele Studien.“
Man kann Schlaf nicht nachholen.
Doch, kann man – zumindest begrenzt. Tatsächlich funktioniere das automatisch, wenn man mal ein, zwei Nächte zu wenig geschlafen habe, weiß der Schlafforscher. Regelmäßig in der Woche zu wenig zu schlafen und zu versuchen, das dann am Wochenende aufzuholen, sei großer Stress für den Körper – auch wenn es sich möglicherweise erst nach Jahren niederschlage. Während des Schlafens laufen verschiedene körperliche Prozesse ab, die ihre Zeit brauchen – die Verdauungsphasen, die Stärkung des Immunsystems, die Regeneration der Zellen und der Gedächtnisspeicher, etwa: Wenn man dauerhaft zu wenig schläft, kommen diese Prozesse durcheinander.
Frauen brauchen mehr Schlaf als Männer.
Ob sie mehr Schlaf brauchen, ist den Forschern nicht klar. Aber: „Frauen schlafen mehr“, weiß Zulley, „das ist belegt – warum, wissen wir nicht.“
Zu viel Schlaf verkürzt das Leben.
Das stimmt tatsächlich. „Warum, weiß man allerdings nicht“, sagt Jürgen Zulley. Und: Zu wenig Schlaf ist genauso schlecht. „Zu wenig Schlaf macht krank, dumm und dick“, bringt der Experte es plakativ auf den Punkt. Wie viel ist zu wenig? Das ist relativ schwer zu umreißen, weil die individuellen Bedürfnisse so unterschiedlich sind. Regelmäßig vier bis fünf Stunden Schlaf oder weniger hält Zulley für gefährlich. Und ergänzt: „Meine Empfehlung ist, gar nicht so sehr auf die Schlafdauer zu achten, sondern darauf, ob man am Tag fit ist.“ Wenn das nicht der Fall ist, hat man möglicherweise nicht mal zu kurz geschlafen, sondern nur zu wenig erholsamen Schlaf gehabt. Die längste Lebensdauer haben Menschen, die etwa sieben Stunden schlafen.
Wer eine heiße Milch mit Honig trinkt, kann besser einschlafen.
Auch das stimmt. „Ein warmes Getränk ist entspannend“, weiß Zulley. Außerdem enthalte Milch den beruhigenden Stoff Tryptophan – wenn auch in eigentlich zu kleiner Menge, um besonders zu wirken. „Aber da hilft auch der Glaube und das Ritual.“ Generell sei Entspannung der Königsweg in den Schlaf: „Man sollte gar nicht versuchen zu schlafen, sondern zu entspannen“, erklärt der Experte. Man könne sich zum Beispiel einen bestimmte Uhrzeit setzen, nach der nichts mehr besprochen oder durchdacht werden soll, was mit Arbeit und Problemen zu tun hat. Ein Schritt zu besserem Schlaf, denn: „Viele Menschen müssen ihre Schlafkultur erst wieder entwickeln.“
ZUR PERSON: Schlafforscher
Jürgen Zulley beschäftigt sich seit 40 Jahren mit Schlafforschung, Chronobiologie und Klinischer Psychologie. Der Psychologe behandelt Schlafstörungen, war langjähriges Vorstandsmitglied bei der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), der European Sleep Research Society (ESRS) und der Deutschen Akademie für Gesundheit und Schlaf (DAGS). Neben vielen wissenschaftlichen Texten hat Zulley auch mehrere für Laien verständliche Bücher übers Thema Schlafen geschrieben, zum Beispiel „Mein Buch vom guten Schlaf: Endlich wieder richtig schlafen.“
6. "Ablenkung durch Mobiles hilft beim Einschlafen."
Mobiles sind keine sinnvollen Einschlafhilfen. Das Einschlafen bei Geräuschen oder bei sich drehenden Mobiles ist anerzogen und nicht unbedingt schlaffördernd. Licht schadet allerdings nicht beim Einschlafen kleiner Kinder.
7. "Schlaf kommt von alleine, Routinen sind unwichtig."
Das ist so nicht richtig. Routine gibt Sicherheit. Ab einem gewissen Alter (circa sechs Monate) weiß das Kind, was auf das Anziehen des Schlafsacks, die Gute-Nacht-Geschichte und den Gute-Nacht-Kuss folgt. Trennen kann sich das Kind am besten, wenn es sich sicher fühlt. Deshalb ist es wichtig, Rituale einzuführen, wie das Gute-Nacht-Lied, die immer gleiche Zubett-Geh-Zeit und das Dimmen des Lichts. Das Kind lernt: „Jetzt kann ich sicher einschlafen.“
8. "Ein Baby sollte schlafend ins Bett gelegt werden."
Beliebter Fehler. Das Baby sollte nicht im Arm der Mutter oder des Vaters einschlafen und dann zum Schlafen gelegt werden. Nicht schlafend, sondern wach soll das Baby ins Bett gelegt werden. Dadurch lernt es, alleine einzuschlafen. Andernfalls wacht es nach der ersten Schlafphase wieder auf und fordert die gemütliche Position in Mamas Arm wieder ein.
9. "Man kann kleine Kinder verziehen – auch beim Thema Schlaf."
Das ist ein Irrtum. Babys brauchen noch soviel Schutz und emotionale Nähe wie möglich. Kinder sollten sich ausdrücken dürfen, auch wenn sie einschlafen wollen. Ihre Gefühle müssen wahrgenommen werden. Cornelia Fröhlich betont, dass man sogar mitweinen darf, und dass man auf jeden Fall auf das Baby und das eigene Bauchgefühl in der Einschlafsituation hören soll.
10. "Babys sollten möglichst rasch lernen, alleine einzuschlafen."
Für Kinder im Babyalter ist der Ansatz nicht geeignet. So etwas kann zu Trennungsängsten führen, denn die Babys verstehen noch nicht, warum sie die Mutter verlässt. Ab zwei Jahren ist es möglich, das Kind in seinem Zimmer zum Einschlafen alleine zu lassen, sagt Fröhlich. Dann versteht es bereits, was geschieht, wenn Rituale es langsam zum Schlaf führen. Es hat dann gelernt: „Wenn ich aufwache sind die Eltern auch wieder da.“
11. "Babys müssen, wenn sie nachts schreien, hochgenommen werden."
Es ist nicht einfach dies zu unterlassen, jedoch für das Baby besser. In der Baby-Schlaf-Forschung mit Frühchen in der Babystation hat sich das sogenannte Minimal-Handling als besonders gut für Wachstum und Gehirnentwicklung erwiesen. Damit ist gemeint, dass das Baby in und zwischen den Schlafphasen besonders wenig berührt wird. Die Mutter oder die Babypfleger sind in der Nähe und legen wenn nötig die Hand auf die Brust des Babys, nehmen es jedoch nicht aus der Wiege.