Berlin. Die Krankenkasse KKH prüft offenbar einen Betrug in Physiotherapiezentren. Laut einem Fernsehbericht plant die Kasse eine Strafanzeige gegen Ärzte und Unternehmen. Den Medizinern werde vorgeworfen, Geschäfte auf Kosten der Krankenkassen zu. machen.

Die Krankenkasse KKH geht nach ARD-Informationen einem Betrugsverdacht in Physiotherapiezentren nach. Wie die ARD-Sendung "Kontraste" am Donnerstag vorab in Berlin berichtete, richtet sich der Verdacht gegen Orthopäden und ein bundesweit tätiges Physiotherapieunternehmen. Den Medizinern werde vorgeworfen, Geschäfte auf Kosten der Krankenkassen zu machen. Die Korruptionsexpertin der KKH, Dina Michels, sagte dem ARD-Magazin, die Krankenkasse werde Strafanzeige wegen Betrugs stellen und Rückforderungen geltend machen.

Im Mittelpunkt des Geschäftsmodells steht den Recherchen zufolge ein Unternehmer, der bundesweit mehr als 160 Physiotherapiezentren betreibt. Wie die KKH ermittelte, leben einzelne dieser Therapiepraxen fast ausschließlich von Patienten derjenigen Ärzte, die direkt oder über ihre Familienangehörigen an der jeweiligen Praxis beteiligt sind. Die Ärzte oder ihre Angehörigen profitieren dann von den Gewinnen der Therapiepraxen. "Ärzten ist es grundsätzlich verboten, sich an Therapiezentren zu beteiligen, wenn sie ihre Patienten dann letzten Endes dort auch hinschleusen und dafür Geld kassieren - sei es auch durch eine Gewinnbeteiligung", sagte Michels.

DAK sieht Abrechnungsbetrug im Gesundheitssystem auf hohem Niveau

Der Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitssystem bleibt nach Einschätzung der DAK Gesundheit auf hohem Niveau. Im vergangenen Jahr holte die Krankenkasse rund 1,6 Millionen Euro zurück, wie es am Donnerstag in einer Mitteilung hieß. Derzeit geht das Ermittlungsteam der Kasse rund 1800 neuen Hinweisen auf gefälschte Rezepte, Schein-Behandlungen oder manipulierten Rechnungen nach.

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Den Schwerpunkt der Ermittlungen bildeten bei den neuen Verdachtsfällen im vergangenen Jahr demnach mit 35 Prozent die sogenannten Heilmittel wie zum Beispiel Physiotherapie, Krankengymnastik oder Massagen. Es folgten die Bereiche Pflege (22 Prozent), Ärzte (zwölf Prozent) und Arzneimittel (sieben Prozent). "Die meisten Leistungserbringer rechnen korrekt ab", erklärte der Leiter der DAK-Ermittlungsgruppe, Volker zur Heide. Aber schon wenige schwarze Schafe könnten ein schlechtes Licht auf den gesamten Leistungsbereich werfen.

Nach Einschätzung der DAK Gesundheit wird die Verfolgung von Abrechnungsbetrügern für die Krankenkassen zudem immer schwieriger. In vielen Fällen verlängere sich die Bearbeitung durch zeitintensive juristische Auseinandersetzungen, um Forderungen durchsetzen zu können.

Nach Ansicht des Ärzteverbandes NAV-Virchowbund zeigen die Zahlen hingegen, dass ein solches Fehlverhalten bei Medizinern "äußerst selten" ist. Zwar gebe es sicherlich schwarze Schafe, der Ermittlungsaufwand der Kassen sei aber nicht gerechtfertigt, erklärte Verbandschef Dirk Heinrich. "Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen und künstlich Druck aufgebaut."