Gelsenkirchen. Rückenschmerzen treffen nicht nur den Bürohengst, sondern auch den Hund. Dann kann dem Vierbeiner eine Physiotherapie helfen. Bei der muss das Tier auf einer Liege Platz nehmen. Diese Form der Therapie wird immer beliebter.
Eben hat der Patient noch gewinselt. Jetzt liegt er auf der Liege und gibt Brumm-Geräusche von sich. Ob er die sanfte Behandlung genießt? Man kann es nur vermuten, er spricht ja nicht, der Kleine. Eine Therapeutin massiert seinen Rücken. Die Massage soll helfen, verspannte Muskelgruppen zu lockern und Schmerzen zu lindern. Szenen aus der Physiotherapie-Praxis, der Patient ist ein Hund.
Die Tier-Physiotherapie wird seit etwa 20 Jahren eingesetzt, „und sie wird immer beliebter, weil sich zeigt, dass diese Methoden den Tieren oft helfen“, sagt Dr. Burkhard Wendland, stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Kleintierpraxis im Tierärzte-Bundesverband. Wendland hält viel von dieser Therapieform, doch er rät jedem Tierhalter zunächst den Tierarzt seines Vertrauens aufzusuchen und sich beraten zu lassen. Denn: „Es gibt keine staatlich geregelte Ausbildung. Im Prinzip kann sich jeder Tier-Physiotherapeut nennen. Das führt leider dazu, dass es schwarze Schafe gibt.“ Solche, die meinten, schon nach einem einzigen Wochenendlehrgang praktizieren zu können.
Ein Dackel auf dem Laufband
Immerhin: Die steigende Nachfrage und der Erfolg beschleunigen die Entwicklung verlässlicher Strukturen. So gibt es im hessischen Bad Wildungen ein großes Ausbildungszentrum für Tier-Physiotherapeuten, es heißt „Vierbeiner Reha-Zentrum“ und genießt unter Veterinären einen guten Ruf. Zudem haben sich mitten im Ruhrgebiet, in Gelsenkirchen, Experten in der Deutschen Gesellschaft für Tierheilpraktiker und Tierphysiotherapeuten zusammengeschlossen. Einer von ihnen ist Michael Maaßen. Er sagt: „Die Physiotherapie für Tiere basiert auf schulmedizinischen Ideen.“
Sinnvoll könne sie aus verschiedenen Gründen sein, erklärt Tierarzt Burkhard Wendland. „Vor allem bei orthopädischen Beschwerden, beispielsweise bei Arthrose oder anderen Alterserkrankungen. Da können Wärmeanwendungen oder Massagen einiges bewirken.“ Leide ein Hund zum Beispiel unter starken Rückenproblemen, könne man im besten Fall erreichen, dass sich das Tier wieder schmerzfrei bewegen kann. Massagen oder Lymphdrainage, Elektro-, Laser-, Magnetfeld- oder Ultraschalltherapien – Behandlungsformen gibt es viele. Zum Einsatz kommen sie meistens beim Hund, aber auch bei Katzen oder Pferden. Es ist für Laien kaum vorstellbar: Selbst Schwimm- und Unterwassertherapien werden auf die Tiere abgestimmt. Was durchaus kurios bis ulkig aussehen kann. Man stelle sich den sonst so trägen Dackel von nebenan auf einmal munter trainierend auf einem Unterwasserlaufband vor – und auch so etwas gibt es. Im Wasser sollen die Gelenke geschont und gleichzeitig die Muskeln durch den Widerstand aufgebaut werden.
Viele Hunde leiden unter Hüftfehlstellungen
Zuerst muss der Therapeut natürlich entscheiden, welche Behandlung für das kranke Tier die richtige ist. „Kommen der Hund und sein Halter das erste Mal zu mir, mache ich eine Befundaufnahme“, sagt Nicole Stübner, die sich auf Physiotherapie für Hunde spezialisiert hat. Sie schaue, wie das Tier läuft, was am Körper auffällt und ob es Röntgenbilder gibt. „Wir arbeiten eng mit den Tierärzten zusammen, um zu klären, welche Ursachen es gibt oder welche Bewegungen das Tier nicht oder nur eingeschränkt machen darf.“ Habe ein Hund eine Hüftdysplasie, also eine Hüftfehlstellung, belaste er ein Bein häufig nicht richtig, sondern schone es eher. „Das kann dazu führen, dass sich die Muskulatur in diesem Bein verkürzt.“ Dann könnten Dehnübungen dazu beitragen, dass das Tier wieder besser laufe.
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Es ist wie bei den Menschen: Nicht alle mögen die Behandlungen. Es kommt vor, dass ein Patient bei der ersten Sitzung Angst hat und von der Liege flieht. Doch die Therapeuten stellen fest, dass nach dem zweiten oder dritten Mal die meisten Tiere ihre Scheu ablegen und gerne liegen bleiben – einige springen sogar aus freien Stücken und vor Freude auf die Liege.
Behandlungskosten
Die erste Besprechung beim Therapeuten mit ausführlicher Untersuchung des Hundes kostet zwischen 80 und 120 Euro. Eine Therapiestunde kostet je nach eingesetzten Techniken zwischen 20 und 100 Euro. Es gibt einige wenige Krankenversicherungen, die diese Behandlungen bezahlen. Allerdings nur, wenn die Versicherung schon für das gesunde Jungtier abgeschlossen wurde.