Wuppertal/Düsseldorf. Schmerzen warnen den Körper vor äußeren Reizen, Verletzungen, Krankheiten oder zu starker Belastung. Aber sie sind lästig. Was Schmerzpatienten tun können, erfahren Sie hier.

Manchmal fühlt er sich dumpf an und tritt schubweise auf, mal ist er pochend und lässt einen nachts kein Auge zu tun – chronischer Schmerz hat viele Ursachen und Gesichter. Rund 17 Prozent der Deutschen leiden laut der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie an chronischen Schmerzen. Nach aktuellen Schätzungen erhält rund die Hälfte davon nur eine unzureichende Behandlung. Ausgebildete Therapeuten können helfen – auch mit naturheilkundlichen Verfahren oder mit der so genannten multimodalen Schmerztherapie. Ein Überblick.

Der erste Ansprechpartner

Gelenkentzündungen und -verschleiß, der gefürchtete Knochenschwund Osteoporose oder ein Bandscheibenvorfall – es gibt viele Auslöser für Schmerzen, die chronisch werden können. Um dies zu verhindern, sollte man als erstes den Hausarzt zu Rate ziehen. Wer dort aber über Monate hinweg immer nur ein neues Rezept für Schmerzmittel mitnimmt, ohne dass der Qual auf den Grund gegangen wird, sollte sich an einen Spezialisten überweisen lassen.

Das Schmerzgedächtnis

Kehrt nämlich der Schmerz immer wieder zurück, merken sich die Nervenbahnen den Reiz. Die Nervenzellen, die ihn weiterleiten, werden überempfindlich. Dann löst manchmal schon eine leichte Berührung Schmerz aus. In der Folge kann sich diese Reaktion so verselbstständigen, dass sie keinen äußeren Reiz mehr braucht und zu einer eigenständigen Krankheit wird. „Das bedeutet Stress für Körper und Seele“, erklärt Dr. Adrian M. Stoenescu, Schmerzspezialist am Schmerzcenter Wuppertal.

Betroffene leben in ständiger Angst vor dem Schmerz, fühlen sich hilflos. „Dieser Furcht muss in einer Schmerztherapie entgegen gewirkt werden. Der Patient muss sich bewusst machen, dass sein Empfinden etwas Erlerntes ist, das er wieder verlernen kann“, sagt Experte Stoenescu.

Einen Spezialisten finden

Schmerztherapie gehört in Deutschland nicht zur Arztausbildung. Wichtig ist es daher, nach besonderen Qualifikationen zu fragen. Auch gibt es Ärzte, die eine „Schmerztherapie-Vereinbarung“ mit bestimmten Krankenkassen geschlossen haben – sie müssen sich mit der Behandlung chronischer Schmerzen auskennen und gesonderte Sprechstunden anbieten. Adressen von Zentren und geschulten Therapeuten gibt es bei Patientenorganisationen oder Fachgesellschaften.

Auch die Krankenkasse oder die kassenärztlichen Vereinigungen helfen weiter.

Sechs Fragen für die Diagnose

Meist wird beim ersten Besuch des Experten ein längerer Fragebogen ausgefüllt. Denn: Detaillierte Beschreibungen des Schmerzempfindens im Sinne einer „Landkarte“ ermöglichen es dem Arzt, besser zu helfen. Dies sind wichtige Fragen:

  • 1. Wo befindet sich mein Schmerz?
  • 2. Wie fühlt sich mein Schmerz an?
  • 3. Wann treten meine Schmerzen auf?
  • 4. Wie lange dauern meine Schmerzen an?
  • 5. Wann haben meine Schmerzen begonnen?
  • 6. Was beeinflusst meine Schmerzen positiv oder negativ?

Medikamente richtig einnehmen

Bekommt das körpereigene System die Pein nicht allein in den Griff, ist eine unterstützende medikamentöse Therapie sinnvoll. Geeignet sind etwa Wirkstoffe wie Tramadol, NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) oder bei starken chronischen Schmerzen Arzneimittel mit der Wirkstoffklasse MOR-NRI.

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von opioidhaltigen Pflastern. Wichtig ist es, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden. Daher sollte man dem Arzt eine Liste aller Arzneimittel mitbringen, die man einnimmt. Außerdem: Genau an Hinweise zur Einnahmezeit und -art halten. „Im Zusammenspiel mit bestimmten Lebensmitteln oder anderen Arzneien können Medikamente ihre Wirksamkeit verlieren oder stärker wirken und damit gefährlich werden“, warnt Dr. Susanne Stehr-Zirngibl, Leitende Ärztin des Schmerztherapeutischen Zentrums am Düsseldorfer St. Vinzenz-Krankenhaus. Sie rät, Tabletten mit Leitungswasser einzunehmen: „Milch, Saft und Kaffee können die Wirkung beeinflussen.“

Die multimodale Schmerztherapie

„Die medikamentöse Therapie ist nur eine Säule der Therapie“, sagt Adrian M. Stoenescu. Unterschiedliche Behandlungsansätze wie psychotherapeutische Verfahren, Physiotherapie oder Rückenschule bis hin zu Entspannungstechniken gehören zu einer umfassenden Behandlung. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der sogenannten multimodalen Schmerztherapie, die Susanne Stehr-Zirngibl in Düsseldorf anbietet: „Sind ambulante Therapien fehlgeschlagen, können Patienten teil- oder vollstationär behandelt werden. Gelegentlich ist auch ein Medikamentenentzug notwendig.“

Stehr-Zirngibl möchte vor allem Anleitung zur Selbsthilfe geben: Schmerzgeplagte lernen aktive Bewältigungsstrategien und schaffen es dadurch beispielsweise, wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.

Hilfreiche Naturheilkunde

So mancher Schmerzpatient entdeckt auch naturheilkundliche Verfahren für sich. „Man kann Akupunktur ausprobieren und asiatische Bewegungsformen wie Tai Chi oder Qigong“, sagt die Düsseldorfer Schmerztherapeutin Dr. Linda Tan, die sich mit westlicher und asiatischer Naturheilkunde befasst. Einigen Patienten kann sie – so sagt sie –, auch helfen, indem Muskelverspannungen mit speziellen Infusionen gelöst werden.

Darin ist unter anderem das Lokalanästhetikum Procain enthalten, das die Blutzirkulation in Schwung bringen soll. Um Muskelschichten anzuheben und dadurch für Entspannung zu sorgen, nutzt die Ärztin außerdem die traditionelle Schröpfmethode: Gläser werden mit Hilfe eines Gummiballs auf die Haut aufgesetzt. „Das kann man auch zu Hause machen. Und so zum Beispiel einem erkrankten Partner Linderung verschaffen“, sagt Linda Tan.

Hilfe für  Betroffene: