Essen/Langen. . Die Auslieferung von Grippe-Impfstoffen des Pharmakonzerns Novartis wurde auch in Deutschland teilweise gestoppt. Offenbar sind schwere Nebenwirkungen möglich. Sollte man sich trotzdem impfen lassen? Wird der Impfstoff knapp? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Italien und die Schweiz gingen voran und haben die Grippe-Impfstoffe Agrippal, Fluad und Influpozzi des Schweizer Pharmakonzerns Novartis als erste mit einem Verkaufsstopp belegt. Der Grund: In den Mitteln waren Ausflockungen entdeckt worden. Gestern wurde auch in Deutschland die Auslieferung von zwei Novartis-Grippe-Impfstoffen teilweise – wegen des Verdachts auf Verunreinigungen – gestoppt. Ebenso rät das österreichische Gesundheitsministerium „aufgrund eines möglichen Qualitätsmangels“ von der Verwendung der Medikamente – einschließlich des Novartis-Impfstoffs Sandovac – ab.
Worum geht es in Deutschland?
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) im hessischen Langen, das in Deutschland Impfstoffe zulässt, hat die Auslieferung der Novartis-Präparate Begripal und Fluad teilweise gestoppt. Von dem Mittel Begripal sind vier Chargen betroffen (Nr. 126201, 126102A, 126101, 126202A), sowie eine Charge (Nr. 128902) des Mittels Fluad. Beide Stoffe werden von Novartis in Italien produziert. Die Firma betonte am Donnerstag, beide Impfstoffe seien sicher und wirksam. Der in Marburg produzierte Novartis-Impfstoff Optaflu ist vom Verkaufsstopp nicht betroffen. Novartis will die betroffenen Chargen unverzüglich zurückrufen.
Mögliche Gesundheitsprobleme
Es handele sich um eine „reine Vorsichtsmaßnahme“, da „schwere Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen werden könnten“, betonte Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts. Nach einer Verabreichung betroffener Impfstoffe könnten innerhalb weniger Stunden Unverträglichkeits-Reaktionen auftreten. Dies könnten allergische bis hin zu anaphylaktischen Reaktionen sein. Ärzte sollten vor einer Impfung unbedingt die Chargen-Nummer der Arznei prüfen und betroffene Mittel nicht verabreichen.
Auch interessant
Die Situation in Italien
Der in Deutschland Begripal genannte Impfstoff wird in Italien unter dem Handelsnamen Agrippal vertrieben. Insgesamt sollen vom Verkaufsstopp der Novartis-Mittel in Italien rund drei Millionen Einzeldosen betroffen sein, berichtet die italienische Zeitung „La Repubblica“. Von den Dosen seien bereits rund 500.000 auf dem italienischen Markt, so das Blatt. Laut Novartis hat die Unternehmens-interne Qualitätskontrolle den italienischen Behörden kleine Partikel in den Impfstoffen gemeldet. Bei diesen, so Novartis, handele es sich um Eiweiße, die üblicherweise im Impfstoff gelöst seien.
Wer sich impfen lassen sollte
Das Paul-Ehrlich-Institut weist daraufhin, dass eine Grippe-Impfung Menschenleben retten kann. Die Ständige Impfkommission, eine Expertengruppe beim Robert Koch-Institut in Berlin, empfiehlt die Impfung für ältere Menschen ab 60, für Schwangere ab dem 4. Monat, für chronisch Kranke aller Altersgruppen – auch für Kinder mit Asthma und Diabetes – für Herz-/Kreislaufkranke, Diabetiker sowie für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und auch für medizinisches Personal.
Wann soll man sich impfen lassen?
Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert Koch-Instituts: „Die echte Grippe trat in den vergangenen Jahren in der Regel ab Januar auf.“ Gute Impfmonate seien der Oktober und November. „Es dauert rund 14 Tage, bis der vollständige Impfschutz aufgebaut ist.“ Eine 100-prozentige Sicherheit, keine Grippe zu bekommen, gibt es nach der Impfung nicht. Geimpfte, die an Grippe erkrankten, hätten in der Regel aber einen leichteren Krankheitsverlauf.
Wird der Impfstoff knapp?
Jens Kuschel, Sprecher der für Westfalen-Lippe zuständigen AOK Nordwest: „Die Novartis-Problematik führt nicht zu Engpässen bei der Versorgung mit Grippe-Impfstoffen in Westfalen-Lippe.“ Dies betonte auch die AOK Rheinland/Hamburg.