Dortmund. . Krankenkassen und Ärzte loben Mammographie-Screening als effektive Möglichkeit der Früherkennung. Kritikerinnen aber halten das Standard-Verfahren für nicht ausreichend. Ärzte und Krankenkassenvertreter sind nicht zufrieden – denn viel zu viele Frauen blieben der Untersuchung fern.

In Westfalen-Lippe nehmen knapp 57 Prozent der Frauen zwischen 50 und 69 Jahren am regelmäßigen Mammographie-Screening teil. Das ist zwar besser als der Bundesschnitt – doch noch deutlich zu wenig, klagten am Mittwoch Krankenkassen und Ärzte. Das Verfahren zur Brustkrebs-Früherkennung sei „die beste Früherkennungsmaßnahme, die wir Frauen in dieser Altersgruppe zur Verfügung stellen können“, sagte Andreas Hustadt vom Verband der Ersatzkassen. Die Früherkennung habe dazu beigetragen, dass die Sterblichkeit von erkrankten Frauen leicht gesunken sei. Konkrete Zahlen gebe es noch nicht – dafür laufe das Programm nicht lange genug, so Dr. Wolfgang Aubke (Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe). Patientinnen-Verbände kritisieren das Screening dagegen als zu anonym. So sei nach der Untersuchung kein Gespräch mit dem behandelnden Gynäkologen vorgesehen.

Es ist immer das gleiche: Wo man genauer hinschaut, wird man auch mehr entdecken. So ist es auch mit dem Mammographie-Screening, der Reihenuntersuchung von Frauen auf mögliche Brustkrebserkrankungen. Seit Einführung im Jahr 2004 ist die Zahl der entdeckten Brustkrebs-Erkrankungen bundesweit von jährlich 56 000 auf 72 000 gestiegen. Doch das, so betonten am Mittwoch Vertreter von Krankenkassen und Ärzten, sei grundsätzlich nicht schlecht: Denn so habe man oft Krebs bereits im Frühstadium bekämpfen können. Dennoch sind Ärzte und Krankenkassenvertreter nicht zufrieden – denn viel zu viele Frauen blieben der Untersuchung fern. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Brustkrebs ist häufigste Krebserkrankung bei Frauen

Noch immer ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Besonders betroffen sein können Frauen ab dem 50. Lebensjahr – deshalb werden diese (bis zum Alter von 69 Jahren) alle zwei Jahre zu einer systematischen Reihenuntersuchung eingeladen. Im vergangenen Jahr waren es in Westfalen-Lippe 540 000 Frauen.

Andreas Hustadt, Leiter des Verbandes der Ersatzkassen in NRW, und Dr. Wolfgang Aubke, Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, betonten gestern die hohe Qualität des Screening-Verfahrens. Eine Qualität, die vermutlich in den meisten Praxen niedergelassener Ärzte so nicht erreicht würde. Grund dafür seien unter anderem moderne Geräte, speziell geschultes Personal und die Kontrolle durch mindestens zwei voneinander unabhängigen Ärzten. Auf diese Weise würden Karzinome entdeckt, „die kaum tastbar sind“. Und bei Krebsknoten, die noch nicht in das weitere Brustgewebe eingedrungen sind, „ist die Heilungschance dreimal höher als zuvor“, sagt Dr. Aubke.

Regional sehr unterschiedlich

Doch noch längst nicht jede eingeladene Frau konnten die Argumente bislang überzeugen. 57 Prozent beträgt die Teilnehmerrate in Westfalen-Lippe, das sind etwa drei Prozent mehr als vor zwei Jahren. Je nach Region aber sind die Unterschiede auffällig: In Bochum waren es gerade mal 43 Prozent, in Dortmund und Hagen kamen nur 51 Prozent der Frauen, im Hochsauerlandkreis, im Kreis Olpe und Siegen-Wittgenstein nur 50 und im Ennepe-Ruhrkreis 52 Prozent. Besser sah es z. B. im Märkischen Kreis und im Kreis Unna aus (59%).

Warum kommen die Frauen nicht – und warum ist das regional so unterschiedlich? „Wir wissen es nicht“, gesteht Hustadt ein. Gleichwohl gibt es Vermutungen. In den ländlichen Gebieten kann es an der schlechten Erreichbarkeit der „Screening-Einheiten“ liegen. In Dortmund und Hagen kann der höhere Migrantenanteil eine Rolle spielen. Aber auch in Stadtteilen, in denen vorwiegend Frauen mit hohem Bildungsniveau leben, ist die Teilnehmerrate sehr niedrig.

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So kann es auch Skepsis sein, wie effektiv die Untersuchungsmethode ist. Und eine andere Vermutung trifft die niedergelassene Ärzteschaft: Manche Gynäkologen würden von dem Screening-Verfahren abraten, möglicherweise auch, weil sie fürchten, Patientinnen zu verlieren, glaubt Aubke. Andreas Hustadt warnt davor, alleinig zur „Mammographie-Untersuchung beim Arzt um die Ecke“ zu gehen – der sei möglicherweise nicht so spezialisiert wie die Reihenuntersuchung.

Gleichwohl ist die anonyme „Massenabfertigung“ ein Kritikpunkt. So ergab eine groß angelegte Umfrage der Patientinnen-Organisation „mamazone“, dass sich viele Frauen ein erklärendes Gespräch nach der Untersuchung wünschen. „Viele Frauen fühlen sich nicht voll informiert“, sagt Annette Kruse-Keirath von „mamazone“.

Plädoyer für Methodenmix

Grundsätzlich sei das Screening „besser als nichts“. Aber man müsse den Frauen auch sagen, „dass es keine absolute Sicherheit gewährleisten kann“, betont Kruse-Keirath und plädiert für einen Methodenmix. Je nach individueller Beschaffenheit der Brust der Frauen könne eine Ultraschall- oder MRT-Untersuchung angeraten sein.

Kritisiert wird von der Patientinnenorganisation auch, dass es für jüngere Frauen, die häufiger von bösartigen Karzinomen betroffen seien, keine systematische Früherkennung gebe.