Hagen/Göttingen. . Die Staatsanwaltschaft Braunschweig prüft die Rolle einer Firma aus Südwestfalen im Organspende-Skandal an der Göttinger Uniklinik. Gegen das Unternehmen aus NRW wird demnach wegen des Anfangsverdachts der Bestechung ermittelt.
Experten sprechen von einem der größten Organspende-Skandale in der deutschen Geschichte. Der Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG), Wolf Bechstein, erteilt „Organhandel und Transplantationstourismus“ eine klare Absage und meint damit Patienten, die nur zu dem Zweck nach Deutschland kommen, um ein neues Organ zu bekommen. Im Lebertransplantations-Skandal an der Göttinger Uniklinik könnte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Braunschweig eine Firma aus Südwestfalen Patienten aus dem Ausland eine solche medizinische Behandlung vermittelt haben.
Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Serena Stamer, wollte am Montag den Namen der Vermittlerfirma mit Sitz in Südwestfalen, gegen die ermittelt wird, nicht bestätigen. Nur so viel: „Es gibt einen Anfangsverdacht wegen Bestechung gegen eine Firma in Nordrhein-Westfalen, die von Berufs wegen mit der Vermittlung medizinischer Dienstleistungen zu tun hat.“ Es gebe „Anhaltspunkte für Ermittlungen“, die sich auf den Fall eines Patienten beziehen, dem die Medizinfirma „im ersten Jahresverlauf 2011“ eine Leber-Transplantation an der Göttinger Uniklinik vermittelt haben soll. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Braunschweig - der Fall ist bei der dortigen Zentralstelle für Korruptionsbekämpfung angesiedelt - wollte aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bestätigen, dass der betroffene Patient aus Russland stammte.
Firmenräume durchsucht
Die Ermittler, so Serena Stamer, müssten nun untersuchen, ob strafrechtliches Verhalten vorliege - dabei sei auch routinemäßig zu klären, ob bei der Vermittlung Gelder an den in dem Transplantationsskandal verdächtigen ehemaligen Oberarzt geflossen sind - ob also beispielsweise ein Tantiemenvertrag mit dem Mediziner abgeschlossen wurde.
Polizei und Staatsanwaltschaft haben vor einigen Wochen Firmenräume und Privatwohnungen verantwortlicher Mitarbeiter durchsucht - auch in der NRW-Medizinfirma seien Unterlagen sicher gestellt worden. Offenbar wird gegen zwei Mitarbeiter ermittelt. Bis im Organskandal belastbare Ergebnisse vorliegen, könnten noch Monate ins Land gehen, sagt Staatsanwältin Stamer: „Es ist eine sehr komplexe, nicht alltägliche Materie. Gegebenenfalls müssen wir medizinische Sachverständige hinzuziehen.“
Vier Monate Behandlung
Bislang geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die NRW-Firma einen Patienten nach Göttingen vermittelt hat. Auf der Internetseite der GmbH ist ein Kostenvoranschlag für eine Lebertransplantation (einschließlich Diagnose, Operation und Aufenthalt in einer Wohnung) veröffentlicht: 280.000 Euro. Die Behandlung in Deutschland soll vier Monate dauern. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ erhalten Kliniken „rund 150.000 Euro“ für eine Lebertransplantation.
Bei besagter Firma aus Südwestfalen, die offenbar Rundum-Pakete für die unterschiedlichsten medizinische Behandlungen für Patienten aus dem Ausland anbietet, war am Montag keine Stellungnahme zu erhalten. Die freundliche Dame am Telefon („vielleicht kann ich Ihnen ja weiterhelfen - worum geht es denn?“) verwies nach dem Hinweis auf Fragen zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auf die für die Presse zuständige Kollegin. Ein Weiterverbinden des Gesprächs war freilich nicht möglich - die Kollegin ist in dieser Woche im Urlaub.