Essen. Unsere Serie „Gesund von A bis Z“ gibt in loser Folge in 26 Artikeln quer durch das Alphabet Tipps zur Gesundheit. Heute: Zuckerkrankheit. Diabetes ist längst eine Volkskrankheit in Deutschland. Doch viele Menschen wissen nicht einmal, dass sie betroffen sind.

Zucker - seine Süße wird zur Verführung, sein Übermaß immer häufiger zur Gefahr.

In Deutschland leiden beinahe acht Millionen Menschen an der Zuckerkrankheit Diabetes Typ 2. Tendenz steigend. Diabetes ist längst eine Volkskrankheit. Eine, von der viele Menschen viel zu lange gar nicht wissen, dass sie von ihr betroffen sind.

Denn gegenüber anderen Krankheiten ruft die Zuckerkrankheit keinen Schmerz hervor, der plötzlich auf sie aufmerksam macht. Typ-2-Diabetiker haben lange Zeit keine oder nur sehr unspezifische Symptome, die oft nicht richtig gedeutet werden. Zu diesen ersten Diabetes-Symptomen zählen häufig: vermehrter Durst, Abgeschlagenheit, erhöhte Infektanfälligkeit (vor allem Hautinfektionen und Harnwegsinfekte), Müdigkeit, Schwindel, nächtliches Wasserlassen, Übelkeit, Muskelkrämpfe. Weil die ersten Symptome so unspezifisch sind, wird ein Typ-2-Diabetes oft nur zufällig im Zuge einer Routineuntersuchung erkannt oder wenn die Zuckerkrankheit bereits eine Folgeerkrankung verursacht hat.

Wie kommt es zu Diabetes Typ 2?

Doch wie kommt es zu Diabetes Typ 2? Für den Stoffwechsel und jede körperliche Betätigung benötigen unsere Körperzellen Energie. Energie, die ihnen die Kohlenhydrate, also Zucker und Stärke aus der Nahrung, liefern. Beim Zerkauen der Nahrung werden die Kohlenhydrate in ihre Bausteine, die Glukose, auch Traubenzucker genannt, zerlegt und gelangen aus dem Darm ins Blut. Der Blutzucker steigt. Das Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird, „schließt“ nun die Körperzellen für den Verbrauch der Glukose aus dem Blut auf.

Der Zucker gelangt in die Zellen, wodurch sich der Blutzuckerspiegel wieder senkt. Kann das Insulin seine Schlüsselfunktion nicht erfüllen oder erkennt die Zelle den „Schlüssel“ nicht richtig, kommt es zu einer Störung des Kohlenhydratstoffwechsels. Der Zucker kann nicht verwertet werden, sondern verbleibt im Blut und wird ab einer gewissen Höhe über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden. „Man sagt daher auch: Der Urin schmeckt süß und spricht von einem ‚Honigsüßen Durchfluss’, besser bekannt als ‚Diabetes mellitus’“, sagt Anita Zilliken, Ernährungswissenschaftlerin beim Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung der AOK Rheinland/Hamburg.

Leben mit Diabetes

Diabetes wird meist durch Zufall entdeckt und ist dann für Betroffene oft ein Schock. (Foto: imago)
Diabetes wird meist durch Zufall entdeckt und ist dann für Betroffene oft ein Schock. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Wenn man einiges beachtet, kann man auch mit einer Diabeteserkrankung ein normales Leben führen. (Foto: imago)
Wenn man einiges beachtet, kann man auch mit einer Diabeteserkrankung ein normales Leben führen. (Foto: imago) © imago
Ein wichtiger Ansprechpartner ist der Arzt. Betroffene sollten ihm alle Fragen stellen, die sie beschäftigen. (Foto: imago)
Ein wichtiger Ansprechpartner ist der Arzt. Betroffene sollten ihm alle Fragen stellen, die sie beschäftigen. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Auch Diabetiker dürfen Sport treiben, denn Bewegung hält den Körper gesund. (Foto: imago)
Auch Diabetiker dürfen Sport treiben, denn Bewegung hält den Körper gesund. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Diabetiker müssen nicht, wie oft behauptet, nach einer strengen Diät leben. Sie sollten jedoch Fett meiden und bewusst auf ihre Ernährung achten. (Foto: imago)
Diabetiker müssen nicht, wie oft behauptet, nach einer strengen Diät leben. Sie sollten jedoch Fett meiden und bewusst auf ihre Ernährung achten. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Allgemein ist gegen ein Glas Wein oder Bier ab und zu nichts einzuwenden, doch Diabetiker sollten auf die Menge achten. Bei zu viel Alkohol droht Unterzuckerung. (Foto: imago)
Allgemein ist gegen ein Glas Wein oder Bier ab und zu nichts einzuwenden, doch Diabetiker sollten auf die Menge achten. Bei zu viel Alkohol droht Unterzuckerung. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Schwangere Diabetikerinnen müssen besonders auf ihre Blutzuckerwerte achten. (Foto: imago)
Schwangere Diabetikerinnen müssen besonders auf ihre Blutzuckerwerte achten. (Foto: imago) © imago stock&people imago
Zwar ist das Risiko eine Herz-Kreislauferkrankung oder einen Schlaganfall zu bekommen bei Diabetikern erhöht, doch ist eine Folgeerkrankung keine unausweichliche Konsequenz. (Foto: imago)
Zwar ist das Risiko eine Herz-Kreislauferkrankung oder einen Schlaganfall zu bekommen bei Diabetikern erhöht, doch ist eine Folgeerkrankung keine unausweichliche Konsequenz. (Foto: imago) © imago
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Ein anhaltend erhöhter Blutzuckerspiegel kann zu Folgeschäden an Nerven und Gefäßen führen. Augen- und Nierenerkrankungen können auftreten. Darüber hinaus ist das Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, bei Zuckerkranken erhöht. In vielen Fällen leiden Betroffene auch an einem diabetischen Fuß. Durch eine ausbleibende Blutversorgung im Fuß stirbt Gewebe. Zusätzlich kann der nicht verwertete Zuckeranteil im Blut zu Nervenschäden führen. Der Patient fühlt im Fuß weder Schmerzen, noch Kälte und Hitze. Auch spürt er häufig keine Verletzungen mehr und es können Wunden auftreten, die nicht verheilen. Schlimmstenfalls muss der Fuß amputiert werden.

Diabetes Typ 2 zählt zu den Wohlstandskrankheiten 

„Diabetes Typ 2 zählt zu den Wohlstandskrankheiten. Sein Auftreten ist stark an das Körpergewicht gekoppelt“, erklärt Anita Zilliken. „Mit zunehmendem Übergewicht, gerade im Bauchbereich - denn der Taillenumfang ist ein gut sichtbares Zeichen dafür - steigt auch das Risiko für die Entstehung des Diabetes Typ 2.“ Durch das Übergewicht wirkt das Insulin nicht mehr richtig, man spricht in diesem Zusammenhang von Insulinresistenz. Dabei produziert die Bauchspeicheldrüse Insulin, oft sogar in größerer Menge als gewohnt. Die Zellen, die den Zucker aus dem Blut zur Energiegewinnung aufnehmen sollten, können dies jedoch nicht leisten. Mit jedem weiteren Kilogramm auf der Waage wächst das Risiko, zuckerkrank zu werden. „Da das Gewicht der Menschen in den Industrieländern ständig zunimmt, wächst auch die Zahl der Diabetiker ungebremst weiter.“

Die Zuckerkrankheit ist heute eine der häufigsten Stoffwechselkrankheiten. „Bis zum Jahr 1950 gab es den Diabetes Typ 2 nicht. Das Nahrungsangebot war gering und die Menschen verfügten auch nur über Grundnahrungsmittel.“ Viele verarbeitete Lebensmittel mit hohem Zucker- und Fettgehalt waren noch nicht bekannt. „Durch unsere Entwicklungsgeschichte vom Steinzeitmenschen bis heute kommen wir Menschen besser mit zu wenig als mit zu viel Nahrung zurecht“, sagt Anita Zilliken. „Weltweit steigt die Zahl der Typ-2-Diabetiker, und zwar so rasant, dass viele Fachleute die seuchenhafte Vermehrung mit Sorge beobachten.“

Früher wurde Typ-2-Diabetes als Altersdiabetes bezeichnet. „Das lag daran, dass vor allem ältere Menschen von dieser Diabetesform betroffen waren. Heute erkranken immer öfter schon Kinder und Jugendliche an der Zuckerkrankheit. Selbst bei Vierjährigen wird Insulinresistenz diagnostiziert.“ Der Grund seien Übergewicht und fehlende Bewegung. „Dabei ist eine ausreichende Bewegung für das reibungslose Arbeiten unseres Stoffwechsels wichtig. Gerade durch sie und eine ausgewogene Ernährung kann die Stoffwechselkrankheit Diabetes vermieden werden.“ Auch wenn eine genetische Vorbelastung in der Familie vorliegt? „Zumindest die Auswirkungen können trotz einer erblichen Veranlagung vermindert werden“, sagt Anita Zilliken.

Diabetes - Es gibt Alternativen zur Tablette 

Unterschieden werden neben dem Diabetes Typ 2, der Diabetes Typ 1 sowie der Schwangerschaftsdiabetes, der erstmalig im Laufe einer Schwangerschaft durch die damit verbundenen Stoffwechselveränderungen auftritt. Beim Diabetes Typ 1 produziert die Bauchspeicheldrüse kein Insulin. „Durch eine Störung des Immunsystems werden die Zellen, die das Insulin in der Bauchspeicheldrüse bilden, zerstört. Der Körper kann das Insulin nicht mehr selbst herstellen. Der Typ-1-Diabetes kann so schon in jungen Jahren auftreten“, erklärt Anita Zilliken. Bei dieser Form des Diabetes helfe lediglich, Insulin zu spritzen. „Nach jeder Mahlzeit muss der Betroffene seinen Blutzuckerspiegel messen und je nach angezeigtem Wert eine bestimmte Menge Insulin injizieren."

Beim Typ 2 gebe es sinnvollere Alternativen als Medikamente: Ausreichend Bewegung, gesundes Essen, bewusstes Abnehmen. Alle drei Faktoren sorgen dafür, dass das Insulin an der Zelle wieder wirksam wird. „Dadurch können die Diabetesmedikamente, also Insulin oder auch Tabletten, überflüssig werden. Grundvoraussetzung dafür ist eine Änderung des eigenen Lebensstils.“ Die fängt mit dem kritischen Blick auf den eigenen Teller an. Oftmals essen wir zu fettreich, zu süß und manchmal auch zu viel.

Diabetiker sollen viel Gemüse essen

Diabetiker sollten viel frisches Gemüse, Salate, Getreide, Hülsenfrüchte, Obst und Kartoffeln zu sich nehmen. Ballaststoff-, mineralstoff-, vitamin- und nicht zu kalorienreiche Mahlzeiten seien ebenso empfehlenswert wie komplexe Kohlenhydrate, zu denen Brot, Nudeln und Reis zählen, möglichst als Vollkornvariante. Sie lassen den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen, sagt Anita Zilliken und räumt mit einem Vorurteil auf. „Diabetiker können heute fast alles essen, aber in Maßen, nicht in Mengen.“ Eine Diät oder spezielle Diabetikerlebensmittel empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin nicht. „Beides ist für Diabetiker überflüssig. Zumal spezielle Diätprodukte oft nicht nur teuer sind, sondern auch größere Mengen an Fett oder anderen wenig sinnvollen Inhaltsstoffen enthalten.“ Beim Verzehr von Milch, Joghurt und Quark rät Anita Zilliken zu fettarmen Produkten, genauso wie beim Brotbelag. Käse, Fleisch und Wurst, die viel und vor allem ungesunde gehärtete Fette enthalten, empfiehlt sie nur in Maßen, auf frittierte und panierte Lebensmittel sollten Diabetiker weitestgehend verzichten.

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Ein striktes Verbot von Süßem gelte hingegen nicht, zuckerreiche Mahlzeiten sollten allerdings die Ausnahme sein. „Als Faustregel, und das nicht nur für Diabetiker, gilt: 10 Prozent der verzehrten gesunden Gesamtmenge pro Tag darf Luxus sein.“ Luxus, darunter fasst Anita Zilliken ein Glas Wein, ein Stück Kuchen oder einen Riegel Schokolade. „Dabei sollte einem der ‚Luxus’ bewusst sein: Ein Riegel Schokolade hat circa 100 Kalorien, also in etwa so viele wie eine Banane. Die Schokolade enthält hauptsächlich Zucker und Fett. Die Banane dagegen Fruchtzucker, Eiweiß und viel Kalium.“ Wenn der süße Zahn sich melde, sei eines wichtig: „Diabetiker sollten möglichst keinen Zucker pur essen oder größere Mengen zuckerhaltige Lebensmittel oder Getränke auf einen Schlag verzehren. Das überfordert die Bauchspeicheldrüse bei der Insulinproduktion und der Blutzuckerspiegel steigt rasant an.“

Ausreichend trinken!

Zum täglichen A und O gehöre es auch, ausreichend zu trinken. „Diabetiker sollten wie jeder gesunde Erwachsene zwei Liter am Tag trinken.“ Am besten eignen sich kalorienfreie Getränke wie Mineralwasser oder ungesüßter Tee. Wem der pure Tee nicht schmecke, der sollte statt Zucker lieber etwas Süßstoff verwenden. „Süßstoff enthält keine Kalorien und hat keinen Einfluss auf die Blutzuckerwerte“, erklärt Anita Zilliken. Die Ernährungswissenschaftlerin rät, keine langen Pausen zwischen den Mahlzeiten aufkommen zu lassen, sondern lieber regelmäßig kleinere Mengen zu essen. „Sonst schwankt der Blutzuckerspiegel zwischen Tälern und Spitzen.“