Dortmund. . Der Anteil der alten Menschen im Land wächst – und damit auch die Zahl der Senioren mit Suchtproblemen. Das Gesundheitsministerium geht in NRW von mehr als 80.000 älteren Menschen mit Alkoholproblemen aus. Experten erklären: „Auch Kiffen im Altersheim wird künftig ein Thema werden.“

Unter den Senioren im Land steigt die Zahl der Suchtkranken. Das Gesundheitsministerium schätzt, dass allein in NRW bei über 300.000 Menschen über 60 Jahren ein „problematischer Gebrauch von psychoaktiven Medikamenten“ bestehe. Hinzu kämen mehr als 80.000 Ältere mit Alkoholproblemen. Und das ist nur der Anfang, vermutet der Suchtmediziner Dr. Dieter Geyer mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung. „Auch Kiffen im Altersheim wird künftig ein Thema werden“, prophezeit er.

"Es geht nicht darum, den alten Menschen ihr Glas Bier wegzunehmen“

Doch Politik und Gesellschaft seien auf diese Entwicklung noch nicht vorbereitet. „Suchterkrankung bei älteren Menschen wird bisher zu wenig als Problem erkannt“, sagt der Chefarzt der Fachklinik Fredeburg in Schmallenberg. Auch NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) fordert, dass Suchtprobleme älterer Menschen künftig stärker in unserem gesundheitlichen und sozialen Hilfesystem berücksichtigt werden. „Sucht- und Altenhilfe tragen hier eine besondere Verantwortung“, sagte sie. Neben einer entsprechenden Qualifikation der Fachkräfte bedürfe es vor allem einer stärkeren Vernetzung der Hilfen.

Schwerpunkt der neuen Strategie

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmanns, hat angekündigt, dass die Sucht Älterer ein Schwerpunkt der neuen Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik der Regierung sein soll. Der Plan soll in diesem Jahr vorgelegt werden und das Programm aus 2003 ablösen.

Das Bundesgesundheitsministerium widmet sich dem Thema „Sucht im Alter“ bei einer Tagung mit den Sucht- und Drogenbeauftragten der Länder am 16. Februar im Bayerischen Staatsministerium. Der Schmallenberger Chefarzt Dr. Dieter Geyer ist dazu als Experte eingeladen.

Genau hier setzt ein Modellprojekt des Caritasverbandes Brilon und der Fachklinik Fredeburg an, das vom Bundesgesundheitsministerium gefördert wird. Das Ziel: Durch den Austausch von Sucht- und Altenhilfe sollen langfristig Hilfen und Konzepte für suchterkrankte Senioren etabliert werden. „Es geht nicht darum, den alten Menschen ihr Glas Bier wegzunehmen“, sagt Dieter Geyer, „sondern wir wollen ihre Lebensqualität im Alter verbessern.“ Denn der riskante und schädliche Konsum von Alkohol und Medikamenten im höheren Lebensalter habe schwerwiegende Folgen: angefangen von einem erhöhten Risiko für psychiatrische und körperliche Erkrankungen über nachlassende Leistungsfähigkeit bis zu Verwahrlosung, vorzeitiger Immobilität, dem Verlust von Selbstständigkeit und verkürzter Lebenserwartung.

Für die Fachklinik Fredeburg kein neues Thema: Mit der Behandlung von suchtkranken älteren Patienten in Seniorengruppen hat sie seit mehr als 30 Jahren die längste Erfahrung in Deutschland.