Brüssel. . Zwei Paare aus Österreich drängen auf ihr Recht auf künstliche Befruchtung mit fremdem Sperma und gespendeter Eizelle. Am Donnerstag entscheidet der Europäische Menschenrechtsgerichtshof.
Unfruchtbaren Paaren mit Kinderwunsch stehen zahlreiche Hindernisse im Weg. Für ihr Recht auf künstliche Befruchtung sind zwei österreichische Paare deshalb vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gezogen. Heute fällen die Richter ihr Urteil – eine Entscheidung auch mit Folgen für Deutschland.
Geklagt hatten zwei verheiratete Paare aus Österreich, beide können auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen. Ehepaar H. will eine eigene Eizelle im Reagenzglas mit fremdem Sperma befruchten und einpflanzen lassen. Auch das Ehepaar G. sieht eine Befruchtung im Labor als einzige Chance auf eigenen Nachwuchs: Das Paar möchte eine fremde Eizelle im Labor mit eigenem Sperma befruchten lassen und der Ehefrau einpflanzen lassen.
Folgen für Deutschland
Beide Möglichkeiten jedoch lässt das österreichische Gesetz nicht zu – zu Unrecht, wie die Kammer, erste Instanz des Menschenrechtsgerichts, im April 2010 entschied. Sie gab den Klägern recht und verdonnerte den Staat Österreich zu einer Geldstrafe. Der wollte sich damit nicht zufrieden geben und rief die Große Kammer des Straßburger Gerichts an. Deren heutiges Urteil ist bindend. Der Richterspruch dürfte auch für Deutschland Folgen haben, denn die deutsche und österreichische Gesetzgebung ähnelt sich in den relevanten Punkten sehr.
Wie beim Nachbarland im Süden nämlich ist hierzulande die Spermaspende erlaubt – allerdings nur, wenn der fremde Samen der Frau eingepflanzt wird, die Befruchtung also im Körper und nicht im Labor erfolgt. Eizellen hingegen dürfen laut Embryonenschutzgesetz nicht gespendet werden. Dies soll verhindern, dass ein Kind zwei Mütter hat, argumentierte die Bundesregierung in einer Stellungnahme zum aktuellen Fall. Die Zeugung im Reagenzglas mit fremdem Sperma oder fremden Eizellen könne zudem die Zucht von Designer-Babys befördern, so die österreichische Regierung.
Unschlüssig gezogene Grenzen
Diese Argumentation wies die Straßburger Kammer ausdrücklich zurück. Zwar liege es im Ermessen der einzelnen Staaten, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, künstliche Befruchtung zu erlauben oder zu verbieten. Im Falle Österreichs sei die Grenze zwischen Erlaubt und Unerlaubt aber nicht schlüssig gezogen worden.
Sollten die Straßburger Richter heute zugunsten der Paare entscheiden, dürften diese finanziell entschädigt werden. Ob das Urteil ihnen die Erfüllung ihres Kinderwunsches ermöglichen wird, ist jedoch fraglich. Seit Einreichung der Klage in Straßburg sind mehr als zwölf Jahre vergangen – und die Frauen mittlerweile 40 und 45 Jahre alt.