Aachen/Bremervörde. . Früher war die Zahnspange vor allem bei jungen Menschen zu sehen. Heute ändert sich das Bild: Auch Erwachsene lassen ihre Zähne per Drahtapparatur richten. Das kann allerdings teuer werden.
Ein metallglänzendes Lächeln sieht man nicht mehr nur bei Teenagern. Der Anteil der Erwachsenen, die sich dazu entschließen, ihre Zähne mit Hilfe einer Zahnspange richten zu lassen, steigt.
"Meine älteste Patientin ist weit über 70", berichtet die in Bremervörde praktizierende Kieferorthopädin Gundi Mindermann. Dadurch, dass die Dame schon allerhand Zähne verloren habe, seien die Verbleibenden so stark weggekippt, dass man an ihnen keinen Zahnersatz wie eine Brücke mehr befestigen konnte. "Innerhalb von sieben Monaten ließen sich die Zähne aber mit Hilfe einer festen Spange wieder so aufrichten, dass kein Zahn gezogen werden musste und dadurch keine Vollprothese nötig wurde."
Zweifellos ein Erfolg, wenn auch für die Patientin nicht ganz billig, denn jenseits der Volljährigkeit zahlt die gesetzliche Krankenkasse in aller Regel nicht mehr für kieferorthopädische Behandlungen. "Das ist eine versicherungstechnische Grenze, die eingehalten werden muss. Alles ist eben nicht finanzierbar", stellt Mindermann, die auch dem Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden vorsitzt, fest.
Unterstützung für den Zahnersatz
Ungefähr ein Drittel derjenigen, die jenseits der 18 noch ihre Zähne regulieren lassen, möchten damit eine wirksamere und attraktivere Versorgung mit Zahnersatz ermöglichen, schätzt Mindermann. Meist würden Zähne aufgerichtet, die in eine benachbarte Lücke "gekippt" seien oder langjährige Schiefstellungen begradigt, um etwa eine Brücke daran befestigen zu können.
Ein weiteres Drittel der Patienten entscheide sich wegen orthopädischer Beschwerden zu dem Schritt - zum Beispiel wenn ein durch Fehlstellungen verursachter schiefer Biss zu Kopf-, Nacken- oder Rückenschmerzen führt. In diesem Fall arbeiten Kieferorthopäden eng mit den behandelnden Orthopäden und Ärzten begleitender Fachdisziplinen zusammen. "Denn wenn im Kiefer etwas verändert wird, hat das direkte Auswirkungen auf die Haltung und den gesamten Körper", sagt Mindermann.
Zahngesundheit
Für das verbleibende Drittel zählen in erster Linie kosmetische Gründe. Nicht immer liege die Ursache für die mangelhafte Optik daran, dass ein Schiefstand im Kindesalter nicht behandelt oder die Spange nicht ausreichend getragen wurde, darauf weist die Aachener Zahnärztin Sabine Köhler hin, die für den Medizinischen Beratungsdienst der Zahnärzte arbeitet : "Zähne bewegen sich auch noch im Erwachsenenalter, vor allem nach vorne. Deshalb können Fehlstellungen auch noch im späteren Leben entstehen." Und in der Regel auch korrigiert werden.
Die Zähne sollten gut verankert sein
Zu bedenken gibt Beraterin Köhler, dass nicht jeder Zahn gleich gut zu bewegen ist. "Ein Schneidezahn ist um einiges leichter zu verschieben als ein Backenzahn mit drei Wurzeln."
In jedem Fall sollten alle Zähne, an denen Drähte und sogenannte Brackets (Klammern) angebracht werden, gesund, fest in Zahnfleisch und Kiefer verankert und gut gepflegt sein. "Parodontose und Knochenabbau sind zwar kein Ausschlussgrund", sagt Kieferorthopädin Mindermann. "Aber die Behandlung wird dadurch natürlich schwieriger und langwieriger."
Akute Entzündungen wie eine Parodontitis verhindern eine kieferorthopädische Behandlung. Auch Rauchen greift das Zahnfleisch an und erschwert eine Behandlung - ebenso die Einnahme mancher Arzneimittel - zum Beispiel Medikamente gegen Osteoporose.
Zähneputzen nicht vergessen
Unverzichtbar ist es, die Zähne zuverlässig sauber zu halten. Denn Essensreste und Belege verfangen sich schnell im feinen Drahtgeflecht und erhöhen so das Risiko von Karies und Zahnfleischentzündungen. Gründliches Putzen mehrmals am Tag und regelmäßige professionelle Zahnreinigung sollten selbstverständlich sein, stellt Beraterin Köhler klar.
Wenn die Behandlung abgeschlossen ist, sollte - oft noch Jahre lang - zur Stabilisierung nachts ein sogenannter "Retainer" getragen werden. Das kann eine herausnehmbare Spange oder Schiene sein, aber auch ein an die Zahninnenseite geklebter Draht. "Der sorgt dafür, dass das schöne Resultat sich nicht im Laufe der Zeit wieder verschiebt", betont Sabine Köhler. (dapd)