Berlin. Obwohl der Gesundheitsfonds gefüllt ist, drohen vielen Kassenmitgliedern wohl Zusatzbeiträge. Schuld ist das komplizierte Finanzierungssystem, das 2009 eingeführt wurde. Kassen, die Zusatzbeiträge erheben, können dadurch erhebliche Nachteile haben.

Trotz hoher Überschüsse im Gesundheitsfonds könnten auf viele Kassenmitglieder bald Zusatzbeiträge zukommen. Denn etliche Kassen sind nach Darstellung des Bundesversicherungsamts trotzdem in finanziellen Nöten. CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn forderte die klammen Versicherer am Dienstag auf, nicht zu lange mit Zusatzbeiträgen zu warten. "Auf die Einführung nötiger Zusatzbeiträge muss auch die Aufsicht bestehen", forderte Spahn.

"Die konkrete Situation kann von Kasse zu Kasse sehr unterschiedlich sein"

Das Bundesversicherungsamt hatte erklärt, dass derzeit etwa jede Vierte der etwa 100 bundesweit tätigen Krankenkassen nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen aufwiesen. Das Soll liegt bei einem Viertel einer Monatsausgabe. Das bedeute zwar nicht, dass die Kassen akut gefährdet seien. Doch müssten sie ihre finanzielle Situation jetzt verbessern.

CDU-Experte Spahn meinte, die Möglichkeit von Zusatzbeiträgen sei genau für den Fall eingeführt worden, dass Kassen mit ihren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Somit müssten die Kassen solche Zusatzbeiträge auch erheben. Darauf müsse die Aufsicht achten. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung erklärte dagegen, natürlich versuche jede Kasse so lange wie möglich, Zusatzbeiträge hinauszuzögern. Insgesamt seien die Krankenkassen in diesem Jahr ausreichend finanziert. "Aber die konkrete Situation kann von Kasse zu Kasse sehr unterschiedlich sein", erklärte Verbandssprecher Florian Lanz auf Anfrage.

Bedürftige Kassen haben erhebliche Nachteile

Der Kassenverband hatte erst vergangene Woche vorausgesagt, dass der Gesundheitsfonds zum Jahresende einen Überschuss von mehr als zwei Milliarden Euro aufweisen werde. Dass einzelne Kassen trotzdem gleichzeitig in Finanznot sein können, liegt an dem 2009 eingeführten komplizierten System: Jede Kasse erhält für ihre Versicherten fixe, ein Jahr im Voraus je nach prognostiziertem Bedarf festgelegte Zuweisungen - unabhängig von den Einnahmen im Fonds. Kommt sie damit nicht aus, muss sie direkt von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag eintreiben.

Die wenigen Kassen, die den zusätzlichen Obolus brauchen - derzeit rund ein Dutzend -, haben erhebliche Nachteile: Ihnen laufen die Mitglieder davon, sodass sich ihre Finanzschwierigkeiten rasch verschlimmern. Als erste Kasse wird zum 1. Juli die City BKK wegen Insolvenz geschlossen. Als stark gefährdet gilt zudem die BKK Heilberufe.

100.000 City-BKK-Mitglieder sind gewechselt

Bei der Abwicklung der City BKK gibt es weiter große Probleme. Nach Angaben von Vorstand Oliver Reken stapelt sich bei der bankrotten Kasse die Post. "Es gibt in vier Leistungsbereichen Rückstände bei der Bearbeitung", sagte Reken der "Welt". Um das aufzuholen, müssten ab dieser Woche 43 Mitarbeiter von anderen Krankenkassen aushelfen. "Bis zum 30. Juni sollen alle unbearbeiteten Leistungsanträge erledigt sein", sagte Reken.

Die Rückstände seien entstanden, weil die City-BKK-Mitarbeiter mit der Beratung von Versicherten auf der Suche nach einer neuen Kasse beschäftigt gewesen seien. Nach Angaben Rekens haben bislang fast 100.000 der ehemals gut 130.000 Mitglieder die City BKK verlassen und sind zu anderen Kassen gewechselt. "Unser Ziel ist es, dass alle Kunden bis zum 30. Juni eine neue Kasse gewählt haben", sagte er. Wer zum 1. Juli noch nicht gewechselt sei, müsse sich aber keine Sorgen machen, fügte Reken hinzu. Wer dann zum Arzt gehe, für den werde die City BKK Körperschaft in Abwicklung bezahlen. Sie hole sich das Geld später von der Kasse, in die das jeweilige Mitglied gewechselt sei. (dapd)