Essen. . Zwei Frauen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind am Mittwoch offenbar an den Folgen einer Ehec-Infektion gestorben. Als Ehec-Quelle ist jetzt Salat im Blick. Das Robert-Koch-Institut warnt vor rohen Tomaten, Salatgurken und Blattsalaten.
An den Folgen der Ehec-Seuche Erkrankte haben offenbar zuvor in auffallendem Maße Salat verzehrt. Das geht aus einer epidemiologischen Studie hervor, die das Robert Koch-Institut (RKI)gemeinsam mit den Hamburger Gesundheitsbehörden durchgeführt hat. Demnach hätten Erkrankte "signifikant häufig" rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalat verspeist als eine in dem Test herangezogene Gruppe gesunder Personen. Wie das RKI am Mittwochabend veröffentlichte, könnte demnach Salat Quelle der Ehec-Erkrankungsfälle sein. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass auch andere Infektions-Quellen in Frage kämen, heißt es in der Mitteilung des RKI.
Die Warnung richtet sich vor allem an die Bevölkerung in Norddeutschland, teilte das RKI mit: "Norddeutschland ist nach wie vor am stärksten betroffen. Daher ist denkbar, dass die kontaminierten Lebensmittel vorrangig dort vertrieben werden." Verbraucher sollten "über die üblichen Hygieneregeln im Umgang mit Obst und Gemüse hinaus, vorsorglich bis auf weiteres Tomaten, Salatgurken und Blattsalate nicht roh verzehren", heißt es in der Warnung des RKI.
Zwei weitere Todesopfer am Mittwoch
Unterdessen hat die Ehec-Seuche offenbar zwei weitere Todesopfer in Deutschland gefordert. In Niedersachsen starb eine 41-Jährige, die sich möglicherweise mit dem Keim infiziert hat. In Schleswig-Holstein erlag eine 89-jährige Frau der Krankheit. Damit erhöht sich die Zahl der Todesopfer bundesweit auf vier.
Die 41-jährige Frau aus dem Landkreis Cuxhaven war wegen des durch den Ehec-Erreger verursachten sogenannten hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) behandelt worden und am Mittwoch gestorben, teilte das niedersächsische Gesundheitsministerium in Hannover mit. Das HUS ist die schwere Ausprägung der Krankheit, die zu Nierenversagen und Blutarmut führen kann. Die 89-Jährige starb im Krankenhaus Oldenburg ebenfalls an den Folgen von HUS, hieß es.
Bereits am Dienstag war bekannt geworden, dass in Niedersachsen und Bremen zwei Frauen vermutlich im Zusammenhang mit Ehec-Infektionen gestorben waren. Ein weiterer Todesfall durch Ehec, der ebenfalls am Dienstag gemeldet wurde, bestätigte sich indes nicht. Die Frau aus Schleswig-Holstein war nicht an der Infektion mit dem Erreger gestorben.
Viele schwere Fälle
Die Zahl der HUS-Fälle nimmt unterdessen zu. Bis zum Dienstagabend waren bundesweit 140 erkrankte Personen gemeldet, wie das zuständige Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilte. Am Dienstag waren dem RKI erst 80 HUS-Fälle bekannt gewesen. In NRW gibt es aktuell 23 HUS-Patienten.
Die hohe Zahl der schweren Fälle macht die Suche nach der Krankheitsquelle besonders dringlich. Doch die Forscher tappen weiter im Dunkeln bei der Suche nach der Ursache für die massenhafte Ausbreitung der Ehec-Seuche in Deutschland. Allerdings verdichten sich möglicherweise die Anzeichen dafür, dass abgepackter, vorbereiteter Salat dafür verantwortlich sein könnte.
Die Leiterin des Hamburger Großlabors Medilys, Susanne Huggett, sagte am Mittwoch in der ARD: „Im Moment sieht es so aus, als wenn Salatbars beziehungsweise vorbereitete Salate eine Rolle spielen. “ Die Untersuchungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Noch gibt es dafür keine Beweise.
Vor allem Frauen und Jüngere haben sich mit dem Erreger infiziert. Für Susanne Huggett ein weiteres Indiz dafür, dass Salat als Krankheitsquelle in Frage kommen könnte. Denn gerade in dieser Gruppe ist Salat ein beliebtes Nahrungsmittel.
Der Präsident des Robert-Koch-Institutes Reinhard Burger sagte im Gesundheitsausschuss des Bundestages: „Es könnte Gemüse sein, das roh verwendet wurde.“ Dafür gebe es aber keine Belege.
Vorsichtmaßnahmen bei Kindern und Schwangeren
Schon in den Vortagen wurden rohes Gemüse oder Obst als mögliche Krankheitsverursacher genannt. Nach Vermutungen des NRW-Gesundheitsministeriums könnte belastete Gülle das Gemüse verseucht haben. Denn der Ehec-Erreger kommt im Darm von Wiederkäuern vor. Doch diese These ist nicht unumstritten.
Solange der Herd für die Ehec-Krankheit nicht gefunden ist, rät die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin Eltern zur Vorsicht. Sie sollten ihren Kindern vorerst kein rohes Gemüse zu essen zu geben. Eltern sollten außerdem darauf achten, wo das Essen in Kindertageseinrichtungen herkommt und ob das Gemüse dort gekocht wird. Wer auf Nummer sicher gehen wolle, sollte lieber selbst eine Brotdose für die Kleinen zurechtmachen. Allgemein gilt, so die Gesellschaft für Innere Medizin, dass Obst und Gemüse vor dem Verzehr gründlich abgewaschen werden müssen. Wenn es geht, sollten sie gekocht werden. Denn der Keim stirbt ab, wenn er mindestens zehn Minuten bei über 70 Grad erhitzt wird.
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Gleiches gilt für Schwangere. Auch sie sollten derzeit besondere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und eine Ansteckung vermeiden, so die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Schwangere sollten demnach auf Salat, rohes Obst und Gemüse verzichten. Nach Angaben der DGGG erhöhen durch Ehec-Infektionen ausgelöste Durchfallerkrankungen das Risiko für Fehl- oder Frühgeburten.
Neben der Suche nach der Seuchenursache forschen die Mediziner derzeit intensiv an der Identifizierung des Erregers. „Wir haben ihn schon sehr weit eingegrenzt“, sagte Direktor des Instituts für Hygiene am UKM, Helge Karch, am Mittwoch. Es kämen nur noch zwei von insgesamt 42 bekannten Typen infrage. Es könne aber auch ein ganz neuer Typ des Erregers sein. Bis Ende der Woche wollen Karch und seine Kollegen den Erregerstamm identifiziert haben.
Der Ehec-Experte, der seit fast 30 Jahren an der Erforschung des Bakteriums arbeitet, geht davon aus, dass es bundesweit ein einziger Erregerstamm ist, der für den Ausbruch verantwortlich ist. (jgr/afp/ddp)