Essen. .

Ein bestätigter Ehec-Fall in Essen, einer in Herne und nun auch Dortmund: Dort ist am Dienstagabend eine Patientin aus Soest ins Klinikum eingeliefert worden mit Symptomen des Hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS).

Die Seuche weitet sich also aus und sie kommt näher. Kantinen und Nahrungsmittel-Lieferanten im Land bleiben dennoch gelassen: Sie verweisen auf ihre ohnehin hohen Sicherheits-Standards.

Sie kennen den Übeltäter, kennen seinen Namen: Ehec. Nur wo er her kommt, dieser Keim, der seit einigen Tagen Deutschland heimsucht, die ersten Leben gekostet hat und mittlerweile auch ins Ruhrgebiet vorgedrungen ist, das wissen die Gesundheits-Experten von Bund und Land noch nicht. Für Groß-Kantinen und Caterer macht das die Sache nicht einfacher.

„24 Fälle von Ehec landesweit“ hat das NRW-Gesundheitsministerium am Dienstag bestätigt. Drei der Infizierten gelten als „schwer erkrankt“ und leiden an Nierenversagen. Schwerpunkt der Ehec-Fälle ist immer noch Paderborn, es gibt es aber auch je einen bestätigten Fall in Essen, Lünen, Hagen und Bochum, sowie mögliche Infizierte in Witten und Gelsenkirchen.

Infektionsquelle in Norddeutschland

Dennoch finden sich laut Annette Jurke vom Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit bisher keine Hinweise darauf, dass es eine Infektionsquelle in NRW gibt. „Wir gehen davon aus, dass die in Norddeutschland liegt“, sagt auch Oswald Bellinger vom Gesundheitsamt in Frankfurt und hat Rohkost von dort in Verdacht. Er ist dem Erreger vielleicht am dichtesten auf der Spur. Denn die meisten der 19 in der Main-Metropole erkrankten Menschen haben in der Kantine einer Unternehmensberatung gegessen.

Derzeit werten Experten die Lieferscheine der beiden betroffenen Kantinen aus, die von der Firma Sodexo betrieben werden – wie knapp 300 weitere Firmenkantinen auch. Auch in Berlin sollen sich Mitarbeiter von Sodexo-Kunden infiziert haben. Letzteres will die Firma nicht bestätigen, sie hat nach eigenen Angaben „keine Belastungen“ ihrer Ware festgestellt. „Es gibt keine Erkenntnisse, dass die Erkrankung durch unser Essen übertragen wurde“, heißt es nur.

Kantinen und Essenlieferanten im Revier sind derzeit noch gelassen. „Keine besonderen Maßnahmen“, melden die über 30 Betriebsküchen bei RWE. Sicherheitsstandards und die übliche Individual-Hygiene seien grundsätzlich sehr hoch, deshalb ausreichend, so eine Konzern-Sprecherin. Ähnlich lautet die Auskunft beim Menu-Service des Malteser Hilfsdienstes.

„Der Grüne Zwerg“, ein vegetarischer Catering-Service aus Köln, der täglich 150 Essen liefert, setzt ausschließlich auf Gemüse. Trotzdem ist die vermeintliche Seuche bisher „kein Thema“. Anfragen besorgter Kunden gebe es nicht, versichert Geschäftsführer Nail Rolke und rät zur Ruhe. Die Ware werde gekauft, wo sie immer gekauft werde, Salat werde behandelt wie immer: „Er gehört gewaschen!“

Statt Erdbeeren gibt’s jetzt Äpfel

Jede Menge Anfragen besorgter Kunden erhielt dagegen der Nahrungsmittelhersteller „Apetito“, der das Catering in Deutschland einst einführte. Heute ist das Unternehmen aus Rheine Europas Fertigmenü-Marktführer. Es liefert täg­lich 1,3 Millionen Essen aus: in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Kanada. Zu den Kunden zählen zahlreiche Altenheime, Betriebe, Kitas, Krankenhäuser und Schulen im Ruhrgebiet.

„Unsere Größe ist unser Vorteil“, sagt Sprecherin Ingrid Fislage. Denn man unterhalte ein Labor, in dem routinemäßig alle Zutaten auf Erreger untersucht würden. Nur was einwandfrei sei, käme in die Küche. Fleisch und Gemüse würden stets auf 70 Grad Celsius erhitzt, Salate verwende man in der gesäuerten Variante (Rote Beete, Gurken). „Catering-Kunden empfehlen wir derzeit, auf alles, was nicht erhitzt werden kann, zu verzichten“, so Fislage weiter. Obst werde gründlich gewaschen und geschält, statt Erdbeeren gibt’s eben Äpfel.

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Von DerWesten

Manfred Baasner löst das Problem – mit Wasser. „Wir halten mit dem Schlauch drauf“, sagt der Leiter der Wattenscheider Tafel. Jede Kiste Salat werde abgebraust, seit er die erste Ehec-Meldung gelesen habe. Gestern freute sich die Tafel, die Lebensmittel bei Kaufleuten einsammelt und an Bedürftige verteilt, über Extra-Rationen: 20 Kisten Blattsalat von Rewe und „eine Unmenge Spargel“. „Griechischer, 98 Cent das Bündchen. Der sah richtig gut aus“, sagt Baasner. Aber haben wollte ihn trotzdem keiner. 40 Kisten landeten bei der Tafel.

„Damals beim Rinderwahn“, erinnert sich Baasner, sei es ähnlich gewesen. Das Gemüse war damals Wurst.

80-Jährige aus Schleswig-Holstein starb nicht an EHEC-Infektion

Eine 80-jährige Frau aus dem schleswig-holsteinischen Landkreis Stormarn ist nicht an einer EHEC-Infektion gestorben. Ihr Körper habe zwar EHEC-Bakterien aufgewiesen, dies habe aber nicht zum Tod der Frau geführt, sagte der schleswig-holsteinische Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am Mittwoch in Kiel. Die Frau, die sich wegen einer Operation im Krankenhaus befand, war am Sonntag gestorben.

Ministerin Aigner warnt vor schnellen Schuldzuweisungen

Im Zusammenhang mit der schweren Darminfektion hat Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner vor zu schnellen Schuldzuweisungen gewarnt. Berichte, wonach Landwirte die Krankheitswelle durch den unsachgemäßen Einsatz von Gülle als Dünger ausgelöst haben könnten, bezeichnete Aigner am Mittwoch als Spekulationen. „Das ist genau die Problematik – weil wir momentan noch nicht sagen können, wo die Quelle ist“, sagte die CSU-Politikerin am Mittwoch in der ARD. Die Häufung der Krankheitsfälle sei aber „wirklich besorgniserregend“. Die Gesundheitsbehörden arbeiteten mit Hochdruck daran, den Ursprung des Erregers möglichst schnell herauszufinden. Bis dahin rate sie den Verbrauchern, rohes Gemüse zu waschen und vor dem Verzehr zu kochen. (mit dapd)