Essen. . Krebs war bislang vor allem die Krankheit des Alters, sagen Ärzte immer wieder. Beim Brustkrebs etwa häufen sich die Erkrankungen ab dem 62. Lebensjahr. Dass es nun aber zunehmend junge Frauen trifft, macht viele Experten ratlos.

Noch klingen die Namen im Ohr: Popsängerin Anastacia (40), Kylie Minogue (41), Moderatorin Miriam Pielhau (34). Jetzt spricht Sylvie van der Vaart, die 31-jährige Ehefrau des niederländischen Fußballers Rafael von Real Madrid, über ihre Brustkrebserkrankung. Die Spielerfrau, die nicht nur in Ballspielkreisen, sondern auch auf den Sofas der Talkmaster in schöner Körperlichkeit ‘rüberkam. Jetzt die Diagnose. Der Schock. Doch sie wurde als geheilt entlassen, sagt sie.

Dr. Karlgeorg Krüger, Facharzt für Radiologie in Essen: „Die Prominenten sind ja nur ein Teil. Aber die Mehrheit der Betroffenen sind ganz normale Frauen. Auch zu uns kommen die, die erst 25 Jahre alt und an Brustkrebs erkrankt sind.”

Warum das so ist, wissen die Ärzte nicht. Es komme viel zu sammen – so der „westliche Lebensstil”, was so viel heißt wie: rauchen, trinken, ungesundes Essen. „Japanerinnen entwickeln erst dann Brustkrebs, wenn sie ihre Heimat verlassen und beispielsweise hier leben.” Auch Übergewicht sei ein Risikofaktor. Bei vielen Brustkrebskranken habe man Gallensteine gefunden, ein Hinweis auf falsche Ernährung. „Hinzu kommt die erbliche Belastung”, so Krüger. Sylvie van der Vaarts Mutter erkrankte mit 39 Jahren an einem Mamma-Karzinom (Tumor der Brust).

Ein Schock mitten in der prallen Lebensvitalität

Bundesweit geht man von etwa 57 000 Neuerkrankungen pro Jahr aus. Die Gesamtzahl der Betroffenen steigt (plus 46 Prozent von 1997 bis 2007, so das NRW-Krebsregister). Dr. Karlgeorg Krüger: „Damit steigt auch die Zahl der jüngeren Frauen, die betroffen sind.”

Was auch nicht nur deshalb eine schlechte Nachricht sei, weil es Menschen in ihrer prallen Lebensvitalität trifft, sondern „weil der Tumor hier oft viel aggressiver ist als bei einer älteren Frau”, so der Röntgenarzt, verantwortlich für das Mammografie-Screening-Programm in Essen, Mülheim und Oberhausen. „Die Prognose ist damit oft deutlich schlechter.”

Bei der älteren Frau müsse man bei der Entstehung von Brustkrebs immer auch die Einnahme von Hormonen als Ursache mitdenken, so Krüger. „Die Industrie hat die Hormongaben gegen Wechseljahresbeschwerden ja sehr gepusht.” Glücklicherweise seien Frauenärzte heute zögerlicher. Auch die Frauen selbst seien sensibilisiert. „Sicher ist es so, dass die Hormone eine glattere Haut machen und ein strahlenderes Aussehen. Aber man muss sich fragen, zu welchem Preis.” Krüger sieht die Hormone bezüglich der Krebsentstehung kritisch. Auch die Pille, die von vielen jungen Frauen genommen werde.

Bei Jüngeren schwer zu diagnostizieren

Das Grundproblem bei ihnen sei, dass Brustkrebs viel schlechter zu erkennen ist. Die Screening-Programme sind für Frauen ab 50 Jahren gedacht. Die Jüngeren gehen oft nicht einmal zur jährlichen Vorsorge-Untersuchung. Umso wichtiger sei die Selbstuntersuchung, mindestens einmal pro Monat. Die Mammografie sei zur Diagnose nicht gut geeignet, weil junges Brustdrüsengewebe zu dicht ist. „Man sieht nichts Aussagefähiges auf den Bildern.”

Ultraschall biete mehr. Die Essener Radiologen erwarten in diesen Tagen ein Ultraschall-Gerät, das europaweit einmalig sei und mittels Flachdetektor für die Untersuchung junger Frauen geeignet sei. Die gute Nachricht trotz schlechter Diagnose: „Achtzig Prozent der Operationen sind brusterhaltend”, so Krüger.