Berlin/Heidelberg.

Noch immer gibt es keinen wirksamen Impfstoff gegen Malaria. Mit immer neuen Ideen wollen Wissenschaftler die Erkrankung jetzt besiegen. Doch die Impfstoffentwicklung gestaltet sich weiter als schwierig.

Der Feind kommt in der Nacht. Dann suchen sich die weiblichen Moskitos der Gattung Anopheles ihre Opfer und saugen deren Blut. Dabei transportieren sie eine Geißel, die die Menschheit schon seit frühesten Zeiten begleitet: den tödlichen Parasiten Plasmodium falciparum, der über den Mückenstich in die Blutbahn des Opfers gerät und für die Infektion mit der Krankheit Malaria verantwortlich ist. Jedes Jahr sterben etwa 1,5 bis 2 Millionen Menschen an dem Fieber. Wissenschaftler haben immer neue Ideen entwickelt, um die tödliche Krankheit zu stoppen -¬ trotz mehrerer hoffnungsvoller Ansätze jedoch bisher ohne durchschlagenden Erfolg.

Der Parasit ist resistent

Über Jahrzehnte lang war Chloroquin das Mittel der Wahl, um eine ausgebrochene Malariaerkrankung zu behandeln. Doch in Asien und Südamerika entwickelten sich Resistenzen gegen den Wirkstoff, die sich schnell verbreiteten. Auch für den als besonders schlagkräftig gepriesenen Wirkstoff Artemisinin wurden im vergangenen Jahr in Kambodscha Resistenzen beobachtet. „Dadurch, dass man das Artemisinin-Derivat zuweilen allein verabreicht hat und nicht in Kombination mit anderen Medikamenten, kam es leichter zum Auftreten von Resistenzen“, erklärt Johannes Friesen vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin. Inzwischen gibt es gar multiresistente Stämme, gegen die derzeit kein wirksames Medikament existiert. „Welche Medikamente die Artemisininpräparate ersetzen können, ist die große Frage“, sagt der Forscher.

Auch die Entwicklung eines Impfstoffes gestaltet sich aus mehreren Gründen äußerst schwierig. Zum einen ist der Lebenszyklus des Parasiten hoch komplex mit einer Vielzahl an verschiedenen Lebensstadien. Auf diese Weise kann der Malariaerreger immer wieder der Eliminierung durch das Immunsystem seines Wirtes entkommen. Zudem gibt es weltweit auch viele verschiedene Stämme des Plasmodium-Erregers. „Wenn man einen Stamm aus Asien isoliert, sind die Erkennungsstrukturen für das Immunsystem anders als bei einem Isolat aus Südamerika oder Afrika“, sagt Christian Epp vom Universitätsklinikum Heidelberg. Die Forscher müssen sich daher auf die wenigen bei allen Erregern identischen Strukturen beschränken, was die Impfstoffentwicklung ungemein erschwert.

Lebendimpfstoff wird erprobt

Genetisch veränderte oder durch Bestrahlung abgeschwächte Erreger könnten zukünftig als Lebendimpfstoff dienen. „Im Moment wird dieses Prinzip in ersten Tests am Menschen erprobt, das kann sehr spannend werden“, sagt Epp. Auch Johannes Friesen und seine Kollegen können Fortschritte im Kampf gegen die verheerende Krankheit verzeichnen. Kürzlich gelang es ihnen, Mäuse gegen Malaria zu immunisieren, indem die Nager drei Tage lang ein Antibiotikum erhielten, während sie gleichzeitig mit dem Malariaerreger infiziert wurden. Nun soll die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen im Feldversuch durch die Verteilung von Antibiotika an die Bewohner von Malariagebieten untersucht werden.

Einen weiteren Ansatz zur Eindämmung der Seuche ist die Sterilisation des Erregers. Die Parasiten, von denen es eine männliche und eine weibliche Form gibt, benötigen zur Reproduktion ein bestimmtes Gen. Es zeigte sich, dass die Deaktivierung des Gens dazu führt, dass Moskitos bei Mäusen keine Malaria mehr übertragen konnten. Ein entsprechender Impfstoff, der auf diese Weise den Lebenszyklus von Plasmodium blockiert, könnte daher die Übertragung auf andere Menschen verhindern. Dies würde zwar nicht die Erkrankung selbst bekämpfen, doch als Ergänzung zu anderen Behandlungsmethoden wäre eine derartige Impfung durchaus vorstellbar.

Keine Wunderwaffe

Als bislang aussichtsreichster Kandidat für einen Impfstoff gilt das Protein „RTS,S“. Ein Präparat mit dieser Verbindung befindet sich momentan in der klinischen Prüfung. In vorangegangenen Testphasen konnte bereits das Risiko einer Malariaerkrankung bei den Versuchsteilnehmern um 53 Prozent verringert werden. Nun erproben die Wissenschaftler den potenziellen Impfstoff in großem Maßstab. In der letzten Phase, bevor die Zulassung beantragt werden kann, wird die Wirksamkeit des Präparats bei zwei Gruppen von Kindern in Afrika untersucht. Insgesamt ist die Impfung von bis zu 16 000 Säuglingen und Kleinkindern geplant. Verläuft diese Studie erfolgreich, könnte schon im Jahr 2012 ein Zulassungsantrag für den Impfstoff zum Einsatz bei Kindern im Alter von 5 bis 17 Monaten gestellt werden. „RTS,S“ ist der momentan am weitesten fortgeschrittene Impfstoff, an dem gearbeitet wird“, bestätigt Epp.

„Doch ein Impfstoff, der nur mittelmäßig vor der Krankheit schützt, stellt keine Wunderwaffe dar“, erklärt Friesen. Dennoch wäre es ein großer Erfolg, wenn die Zahl der Malariafälle in den betroffenen Gebieten um 50 Prozent reduziert werden könnte. Eine reelle Chance, die Krankheit auszurotten, besteht. Der Durchbruch bei der Entwicklung aussichtsreicher Impfstoffe steht noch aus, aber rasante Fortschritte in der Malariaforschung lassen darauf hoffen, dass die Krankheit in den nächsten Jahren zumindest deutlich zurückgeht. Nach wie vor besteht die wirksamste Strategie zur Vermeidung einer Infektion aber darin, es gar nicht erst zu einem Moskitostich kommen zu lassen. (ddp)