Los Angeles. .
Typ-1-Diabetiker können Insulin nicht selbst produzieren. Deshalb müssen sie das lebensnotwendige Eiweiß in ihren Körper spritzen. Chance auf Heilung gab es bisher nicht. Doch neue Forschungsergebnisse machen jetzt Mut.
Diabetes vom Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Körperabwehr irrtümlicherweise die insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört. Um überleben zu können, muss dem Körper das fehlende Insulin regelmäßig durch Spritzen künstlich zugeführt werden.
Insulinproduktion kann normalisiert werden
Doch es geht auch anders, zumindest bei diabeteskranken Mäusen: Einem internationalen Forscherteam ist es mit Hilfe eines einzigen Moleküls gelungen, die Teilungsrate der Beta-Zellen so sehr zu steigern, dass sich die Insulinproduktion wieder normalisierte. Der Effekt hielt vier Wochen lang an, berichten die Wissenschaftler um Andrew Stewart von der Universität von Pittsburgh. Der Gedanke hinter dem Experiment: Wenn es dem Körper gelänge, stets mehr neue Beta-Zellen zu produzieren, als durch das Immunsystem zerstört werden, blieben Gesundheitsschäden aus. Das würde für Menschen mit Typ-1-Diabetes, die derzeit noch mehrmals täglich Insulin spritzen müssen, eine enorme Verbesserung der Lebensqualität darstellen und käme im Ergebnis nahezu einer Heilung gleich.
Solche Forschungsansätze werden, wie viele andere auch, häufig an Mäusen erprobt. Oft enden diese Studien jedoch in einer Sackgasse. Der Grund: Die Zellzyklen der Tiere stimmen in einigen Punkten nicht mit denen der Menschen überein. Diese Unterschiede aufzudecken, ist daher von besonderer Bedeutung.
Gezieltes Vorgehen
Stewart und seine Kollegen fanden nun zum einen heraus, dass das häufig im Fokus von Diabetes-Studien stehende Eiweiß Cyclin D2 zwar bei Mäusen eine entscheidende Rolle in der Vervielfältigung und Funktion der Beta-Zellen spielt, nicht jedoch beim Menschen. In menschlichen Zellen kommt Cyclin D2 nur in verschwindend geringen Mengen vor, die entscheidende Rolle hat hier vielmehr das eng verwandte Protein Cyclin D3 inne - eine Überraschung, da dieses Protein bislang nicht für seine tragende Funktion bei menschlichen Beta-Zellen bekannt war.
Mit diesem Hintergrundwissen gewappnet, konnten die Forscher bei ihren Versuchen besonders gezielt vorgehen. Das Molekül, das die Wissenschaftler nun mit Hoffnung erfüllt, ist die cyclinabhängige Kinase 6 (CDK6). In Kombination mit Cyclin D3 regte dieses Enzym die Teilung menschlicher Beta-Zellen im Reagenzglas deutlich an.
Tierversuche zeigen: Forscher sind auf dem richtigen Weg
In Tierversuchen zeigte sich sogar noch deutlicher, dass die Forscher auf dem richtigen Weg sind: Sie transplantierten diabeteskranken Mäusen menschliche Beta-Zellen, die extrem viel CDK6 produzierten. Das Ergebnis: Schon wenige Zellen genügten, damit sich der Blutzuckerspiegel der Tiere normalisierte und immerhin vier Wochen lang stabil blieb.
„Unser Team konnte als erstes zeigen, dass menschliche adulte Beta-Zellen dazu gebracht werden können, sich zu teilen, oder in beträchtlichem Maße zu wachsen. Das hätte bislang niemand für möglich gehalten“, sagt Stewart. Langfristiges Ziel der Forscher ist es nun, aufbauend auf den neuen Erkenntnissen mögliche Behandlungsmöglichkeiten für Diabetes zu entwickeln. (ddp)