Essen. In Südwestfalen sind zunehmend Kinder an Keuchhusten erkrankt. NRW-weit werden Fälle von Grippe gemeldet. Eine Krankheit, die tödlich enden kann.
- Die Zahl der Keuchhusten-Erkrankungen in NRW ist auf einem Höchststand
- Vor allem Südwestfalen ist von der Atemwegserkrankung betroffen
- Auch die Grippe (Influenza) hat viele Städte fest in der Hand
Neben der Grippewelle sorgt der Keuchhusten für eine hohe Auslastung der Krankenhäuser. Das Robert Koch-Institut hat im Jahr 2016 deutschlandweit 22.119 Fälle registriert, 2653 davon allein in NRW (Stand Freitagabend). Damit stieg die Zahl der Infektionen um 54 Prozent an. Das ist ein Höchststand, seit die Atemwegserkrankung 2013 meldepflichtig wurde.
Keuchhusten trifft Kinder in Südwestfalen
Der Krankheitsverlauf sei ähnlich schlimm wie bei einem grippalen Infekt, weiß Dr. Andreas Grundmeier, Leitender Arzt in der Notfallmedizin an den Kliniken Essen-Mitte. Schwierig werde die Behandlung, wenn Patienten erst nach mehreren Wochen zum Arzt gingen. Deshalb sei es ratsam, „sich gegen Keuchhusten mitimpfen zu lassen“, sagte Grundmeier.
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In Südwestfalen haben sich insbesondere Kinder mit dem Keuchhusten angesteckt. In Hagen sind zwölf Fälle bekannt, im Ennepe-Ruhr-Kreis sogar 63. „Aufgrund dieser Entwicklung raten wir, unbedingt die empfohlenen Impfungen insbesondere bei Säuglingen und Kindern vorzunehmen“, sagte der AOK-Vorstandsvorsitzende Tom Ackermann. Gerade im ersten Lebensjahr stelle der Keuchhusten eine ernste gesundheitliche Bedrohung für Kinder dar. Fallend sind dagegen die Zahlen im Raum Siegen-Wittgenstein, dort waren zuletzt 36 Fälle gemeldet.
Die Gefahr der Grippe werde oft unterschätzt
Auch die Grippe (Influenza) hat NRW fest in der Hand: „Sehr viele Patienten sind erkrankt“, sagte Grundmeier von den Kliniken Essen-Mitte. Nicht nur Risikogruppen wie Senioren, Kinder oder Schwangere seien gefährdet, es treffe auch Jüngere mit vielen Sozialkontakten.
Bei Zusatzkomplikationen wie einer Lungenentzündung könne die Krankheit gar einen tödlichen Verlauf nehmen, erklärt der Arzt. Er weiß von jährlich 5.000 bis 15.000 Patienten, die bundesweit an Influenza sterben. „Aber das hat keine Publicity“, sagte Grundmeier. „Bei Ebola und Milzbrand ist die tödliche Erkrankung anders in den Köpfen verankert“. Trotz vieler Patienten in Essen sind die Kliniken Essen-Mitte nicht überlastet.
Viele Menschen sind im Kreis Kleve an Grippe erkrankt
Im St.-Antonius-Hospital in Kleve ist die Grippewelle deutlich spürbar. „Das Patientenaufkommen ist höher, die Krankheitsverläufe erfordern zum Teil mehrtägige Krankenhausaufenthalte“, sagte Christian Weßels, Sprecher des Hospitals. Das Krankenhaus verfüge aber über ausreichend Kapazitäten, um Patienten zu isolieren. „In unseren Krankenhäusern in Goch, Kevelaer und Kalkar registrieren wir eher vereinzelte Influenza-Fälle“, sagte Weßels.
Entspannter ist die Lage auf den Stationen des Walburga Krankenhauses in Meschede. Die Grippe-Patienten der letzten Wochen „liegen nicht mehr stationär“, sagte Sprecherin Ulrike Becker. In dieser Woche habe es weder Patienten mit Grippe noch mit Keuchhusten gegeben.
Noro-Virus muss ganzjährig behandelt werden
Auch mit dem Noro-Virus haben sich viele Menschen infiziert. Die Magen-Darm-Krankheit grassiert mittlerweile ganzjährig. „Früher war es eine saisonale Geschichte, aber das hat sich seit mehreren Jahren aufgelöst“, sagte Grundmeier. Die Behandlung des Noro-Virus sei besonders aufwendig, weil die Ausbreitung des Keims im Krankenhaus unbedingt verhindert werden muss.
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Im Evangelischen Krankenhaus Oberhausen werden aktuell zwei Patienten mit Noro-Virus behandelt, keiner dagegen mit Keuchhusten. Höher ist die Zahl der an Influenza Erkrankten: „Es wurden in 2017 bereits 15 Fälle behandelt. Im Jahr 2016 gab es im Vergleichszeitraum keinen Grippefall“, sagte Sprecher Tim Heinzen.
In Wesel dagegen spielen „Keuchhusten und Noro-Virus im Moment keine Rolle“, sagte ein Sprecher des Marien-Hospitals. Zwar seien dort mehr an Influenza erkrankte Patienten behandelt worden, jedoch entspreche das keiner besonderen Häufung.
Mitarbeiter in Kitas fallen wegen Infekten aus
Haben sie sich angesteckt, fehlen viele Angestellte längerfristig. Nicht so gut sieht es in Duisburg aus, denn in den Kitas sind viele Erzieherinnen erkrankt. Obwohl die Stadt über ein Kontingent an Aushilfskräften verfügt, sind die Reserven komplett ausgeschöpft. Alle Springer sind entweder bereits eingesetzt oder selbst erkrankt. Um die Kinder weiter betreuen zu können, sind zwischenzeitlich Notgruppen eingerichtet worden.
Auch in Dinslaken sind die Kindergärten und Schulen betroffen. Bei den elf städtischen Kindergärten versuchen die Mitarbeiter das Beste aus den vielen Krankheitsfällen zu machen. „Hauptsächlich haben wir es mit Infektionen der Atemwege und Magen-Darm-Grippe zu tun“, berichtet Horst Dickhäuser, Pressesprecher der Stadt. „Dann greift die Notbesetzung, das heißt die Erzieherinnen rotieren von einer Kita zur nächsten, um die Betreuung der Kinder sicherzustellen.“
Wenig Ausfälle bei Bahn und Nahverkehrsbetrieben
Waren bei der Eurobahn Ende 2016 so viele Lokführer erkrankt, dass sogar Zugverbindungen gestrichen werden mussten, haben sich bei den Nahverkehrsbetrieben nur wenige Mitarbeiter krank gemeldet. „Obwohl die Fahrer in unmittelbarem Kontakt zum Kunden stehen“, meldet die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) nur einen leicht erhöhten Krankenstand, erklärte DVG-Sprecherin Kathrin Naß. Ein ähnliches Bild zeichnen die Essener Verkehrsbetriebe (EVAG). Hier konnte ein geringer Anstieg von etwa 0,7 Prozent ermittelt werden. „Das könnte auch der Jahreszeit geschuldet sein“, sagte Sprecherin Sylvia Neumann in Essen.
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Auch die Deutsche Bahn sieht keine Personalnot. „Der Krankenstand befindet sich auf einem normalen Niveau“, sagte ein Sprecher. Dennoch ist das Unternehmen auf kurzfristige Ausfälle vorbereitet. „Wir haben eine Bereitschaft, die auf Stand-by steht. Die Mitarbeiter sind örtlich verteilt.“
Immunsystem durch viele Sozialkontakte gestärkt
Dass bei Bus- und Bahnfahrern wenige erkranken, lässt sich erklären. „Viele Verkehrsbetriebe haben Impfprogramme“, sagte Dr. Grundmeier. Auch sei es vielleicht „ein Vorteil Busfahrer zu sein und an der offenen Tür zu sitzen wenn es regnet und der Körper mit vielen Viren konfrontiert wird“. Das Immunsystem werde gestärkt, weil es sich permanent an Viren abarbeiten müsse.
Ab dem Herbst raten Ärzte zur Grippe-Schutzimpfung. Lohnt sich eine Impfung also jetzt noch? „Ja, denn Karneval ist eine Initialzündung“, sagt Grundmeier. Kommen sich viele Menschen nahe, breiten sich auch Viren schnell aus. Wer vollen Impfschutz will, solle möglichst bald zum Arzt gehen, weil die Wirkung erst nach zwei Wochen eintrete.