Essen. Das Mittagessen in der Schulkantine motiviert den Sohn unseres Autors dazu, nicht immer ganz die Wahrheit zu erzählen. Da muss er wohl umplanen.

Unser Haushalt war bislang keine besonders große Produktionsstätte für Unwahrheiten. Aber so ein Junge im zweistelligen Alter, der probiert auch mal aus, ob Geschichten mit einem fiktionalen Anteil bei den Eltern fruchten. Sei es jetzt Käpt’n Blaubär aus der „Sendung mit der Maus“ oder dieser Donald Trump aus Papas politischen Podcast: Es kommen schließlich viele Charaktere ziemlich weit mit ihren Lügen. Warum sollte man sich da potenziellen Ärger bei den Eltern einfangen, wenn man nicht am bezahlten Mittagessen teilgenommen hat?

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Bevor ich jetzt über Kantinenfraß ablästere, sei gesagt, dass für rund 3,20 Euro pro Mahlzeit keine Sterneküche zu erwarten ist. Und der Direx unserer Schule betont, dass sich das Mittagessen seit einer Umstellung beim Caterer schon gebessert habe. Nur haben Fünftklässler den Vergleich zu früher nicht. Und so kommt es, dass das Schulessen Devins erstes Läster-Thema ist, wenn er mit einem Kumpel telefoniert. Ich höre es öfter aus dem Kinderzimmer schimpfen: „Das war so widerlich, so ekelhaft einfach!“

Beim Abendessen an Donald Trump orientieren

Ich weiß nicht, wie viel Trump‘sche Übertreibung in den Schilderungen unseres Sohnes steckt, aber angeblich gibt es Suppen, in denen Orangen schwimmen. Oder Maultaschen mit einer „komischen, staubtrockenen Creme“. Angeblich „hat man gefurzt, wenn man die gegessen hat“ (Originalzitat). Falls die Tagesgerichte den Kindern nicht zusagen, können sie sich sogar an einer Salat- und Nudelbar bedienen. Aber über die Nudelsoße sagt unser Junge: „Die schmeckt nach nix!“ Und beim Salat geht der Sinn verloren, der hinter der Mittagessen-Anmeldung steckt: Man will ja, dass das Kind schon mal was Warmes im Bauch hat.

Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Kolumnist Gordon Wüllner-Adomako erzählt seit 2014 von seinem Leben als zweifacher Vater und Ehemann. 
Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Kolumnist Gordon Wüllner-Adomako erzählt seit 2014 von seinem Leben als zweifacher Vater und Ehemann.  © Funke Grafik NRW | Catharina Maria Buchholz

Und weil Devin unsere Intention kennt, versucht er manchmal zu verbergen, dass er nichts in der Mensa gegessen hat. Unterbinden könnte ich den Drang zur Unwahrheit einfach, indem ich ihn vollständig vom Mittagessen abmelde. Das würde aber bedeuten, sich auf andere Weise an Trump orientieren zu müssen – und abends aus Zeit-Gründen mehr jenes Fast Food zu kredenzen, von dem sich der US-Präsident fast nur ernährt. Lügen schmecken nach Orangen-Suppe, Pommes nach Wahrheit.

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