Berlin. Die Bundesregierung hat angekündigt, die Grenzkontrollen im Gazastreifen zu unterstützen und so zur Friedenssicherung in der Region beizutragen. In eine Vermittlerrolle im Nahhost-Konflikt wolle man sich aber nicht drängen lassen, betonte Außenminister Steinmeier.

Die Bundesregierung ist bereit, zur Friedenssicherung im Gazastreifen gemeinsam mit EU-Partnern Grenzkontrollen zu unterstützen. Doch der von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forcierte Plan ist von großer Vorsicht geprägt: In eine Vermittlerrolle im Nahost-Konflikt will sich die Regierung nicht drängen lassen.

Entsprechend groß war gestern die Verwunderung in Berlin über einen Vorstoß von Israels Außenminister Avigdor Lieberman. „Die Deutschen als politische Führungsnation in Europa müssen eine ganz entscheidende Rolle im Gaza-Konflikt einnehmen“, hatte Lieberman in der „Bild“ erklärt.

Erstaunlicher Vorschlag von Lieberman

Deutschland müsse die Regierungen der EU an einen Tisch bringen und eine Lösung entwickeln, um die wirtschaftliche und humanitäre Katastrophe in Gaza abzuwenden. Steinmeier reagierte zurückhaltend, Diplomaten in Berlin sprachen von einem erstaunlichen Vorschlag.

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Steinmeier hatte schon bei seinem Besuch Mitte Juli in Tel Aviv auch gegenüber Lieberman deutlich gemacht, dass Deutschland auf keinen Fall eine aktive Mittlerrolle in dem Konflikt spielen wird, so gern Israel und arabische Nachbarn die Bundesrepublik als ehrlichen Makler gewinnen wollen. „Deutschland darf sich in einer solchen Situation nicht übernehmen“, sagt der SPD-Politiker. Nicht nur, dass die Aufgabe angesichts der deutschen Geschichte extrem heikel wäre. Steinmeier weiß auch, wie oft im Nahen Osten Vermittlungsversuche schon gescheitert sind.

Internationale Konferenz zum Wiederaufbau

In der Bundesregierung gilt deshalb schon sein vor ein paar Tagen präsentierter Vorschlag als „mutig“. Aber den tragen immerhin Deutschland, Großbritannien und Frankreich gemeinsam: Die drei Außenminister plädieren für eine internationale Konferenz zum Wiederaufbau des Gaza-Streifens und eine internationale UN-Mission zur Überwachung einer womöglich vereinbarten Entwaffnung radikaler Gruppen, also der Hamas. Dass daraus ein UN-Einsatz auch mit bewaffneten Soldaten entsteht, gilt in Berlin als ausgeschlossen.

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Ganz konkret schlagen Steinmeier und seine beiden Kollegen die Wiederauflage einer EU-Grenzmission vor, die es von 2005 bis 2007 schon einmal gab: Damals überwachten bis zu 90 EU-Inspekteure für 19 Monate den Grenzverkehr zwischen Gaza und Ägypten in der Nähe des Ortes Rafah. Auch bis zu zehn Bundespolizisten und fünf deutsche Zollbeamte waren dabei. Ihr Auftrag: Die palästinensischen Behörden bei der Personen- und Warenkontrolle zu unterstützen und so vor allem Waffenschmuggel zu verhindern.

Grenzmission mit großer Bedeutung

Doch als die radikal-islamische Hamas die Macht in Gaza übernahm, wurde der Grenzübergang 2007 geschlossen. „Wir sprechen gegenwärtig intensiv mit allen Parteien, um die Voraussetzungen für eine solche Lösung zu klären“, sagte Steinmeier gestern.

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Die kleine Grenzmission hätte große Bedeutung: Die Öffnung der Grenze zu Ägypten würde helfen, die Lebensbedingungen der zwei Millionen Menschen in Gaza zu verbessern, die derzeit stark unter der Blockade leiden. Die Mission würde zugleich dazu beitragen, dass Waffen der Hamas in Gaza für Israel keine Bedrohung mehr darstellen könnten. Beides sind für Steinmeier die entscheidenden Voraussetzungen für eine Friedenslösung.

Doch ob es soweit kommt, ist noch unklar. Die Hamas sei für Israel kein Verhandlungspartner, erklärt der Außenminister. Diese Rolle müsse die palästinensische Autonomiebehörde von Präsident Abbas übernehmen, sie müsste auch die Öffnung des Grenzübergangs bei Rafah mit Israel vereinbaren. Niemand weiß, ob sich die Hamas darauf einlässt.