München. Zum Auftakt des Bestechungsprozesses gegen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone vor dem Landgericht München gab sich der Brite zuversichtlich. Begleitet von seinen Anwälten ließ der Milliardär eine Erklärung vorlesen, in der er alle Vorwürfe bestritt. Stattdessen sei er von einem Bankenmanager erpresst worden.
Wenn es eng wurde, ist der 1,59 Meter kleine Mann, der um 9.36 Uhr den Saal 101 des Münchner Landgerichts betritt, bislang immer davongekommen. Auch jetzt mimt Bernie Ecclestone den Zuversichtlichen. „Die Sonne scheint“, sagt er auf dem Weg zum Gerichtssaal. Zugleich wirkt der 83-jährige Brite fast verloren zwischen seinen ihn gut um Haupteslänge überragenden Anwälten.
Aber einer wie er tritt nicht an, um zu verlieren, auch nicht vor einem deutschen Gericht. Der Chef der Rennsportserie Formel1 streitet alles ab. Er ist der Bestechung und Beihilfe zur Untreue des bereits zu achteinhalb Jahren Haft verurteilten Ex-Landesbankers Gerhard Gribkowsky angeklagt, der gegen ihn als Kronzeuge aussagen soll.
Die Rollen sind vertauscht. Beim Prozess gegen den Banker war Ecclestone im Herbst 2011 noch als Zeuge nach München gekommen. Jetzt sitzt er im Blitzlichtgewitter nahezu regungslos selbst auf der Anklagebank. Bis zu zehn Jahre Haft drohen. Trotzdem ist der Empfang freundlich. Richter Peter Noll begrüßt den Angeklagten wie einen alten Bekannten. Er war es, der Gribkowsky als am Ende geständigen Empfänger von 44 Millionen Dollar Schmiergeld verurteilt hatte und den Briten daher kennt. Jetzt muss er über einen Milliardär richten, der die Formel1 erfunden hat und der diese faktisch im Alleingang kontrolliert. Dann wird es ernst im Saal 101.
Ecclestones Verteidiger zweifeln an Aussagen von Gribkowsky
Eine Stunde dauert es, bis Staatsanwälte die 24-seitige Klageschrift verlesen haben. Sie glauben beweisen zu können, dass Ecclestone Gribkowsky bestochen hat. Im Gegenzug habe der Landesbanker dafür gesorgt, dass die Formel1-Anteile, die die BayernLB zeitweise hielt, 2006 an Ecclestones Wunschinvestor CVC verkauft wurden. Das Bestechungsgeld habe sich der Angeklagte per Provision für den von ihm eingefädelten Verkauf an CVC von der BayernLB geholt und diese damit geschädigt.
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Der Brite erzählt eine andere Geschichte. Genau gesagt lässt er sie erzählen von seinem Leitanwalt Sven Thomas, ein ausgewiesener Könner seines Fachs. Über 100 Seiten persönliche Erklärung hat das Gespann vorbereitet. Drei Stunden lang tragen die Strafverteidiger vor und schnell wird klar, dass Ecclestone alles riskiert, einen Freispruch will und von einem Geständnis weit entfernt ist. In seiner Version der Wahrheit ist er Opfer und nicht Täter. Keiner, der bestochen hat, sondern jemand der erpresst wurde.
„Herr Gribkowsky hat in entscheidenden Punkten die Unwahrheit gesagt“, lässt Ecclestone verkünden. Obwohl sein Anwalt spricht, meint man bisweilen Bernies Stimme zu hören. „Es ging um das Grab, in dem mein Steuergeheimnis verborgen sein sollte“, ist ein Satz, der einen solchen Moment heraufbeschwört.
Ecclestone behauptet, Gribkowsky habe damit gedroht, ihn mit Blick auf die steuerlich relevanten Machtverhältnisse bei der Formel eins gegenüber dem britischen Fiskus anzuschwärzen, was schlimmstenfalls bis zu zwei Milliarden britische Pfund eine Steuernachzahlung ausgelöst hätte. Gribkowskys 44 Millionen Dollar waren demnach Schweigegeld.
Konkret gedroht habe Gribkowsky ihm nicht und auch nicht direkt Geld gefordert. Aber eine Menge Anspielungen habe es gegeben, versteckt wie offen.
4 Milliarden Euro Privatvermögen
Die Staatsanwaltschaft, die nicht von Erpressung ausgeht, bestreitet dass Gribkowsky jemals über einen Beweis verfügt habe. In Wahrheit habe es auch gar keine Steuergeheimnisse gegeben, sagt Steuerzahler Ecclestone und offenbart spätestens hier, wie dünn seine Erpressungsversion geraten ist.
Er sei nur Geschäftsführer der Formel1 und kontrolliere sie nicht, lässt der 83-jährige mit einem geschätzten Vermögen von vier Milliarden Dollar seinen Anwalt betonen. Wenn die Eigner der Formel1 ihn nicht mehr haben wollen, würde er „ohne Trauer gehen“. Wer Ecclestone kennt und weiß, wie er seine Macht innerhalb der Rennsportserie stets mit Zähnen und Klauen verteidigt hat, mag das kaum glauben. Bei einer Verurteilung wäre Bernies Ende bei der Formel1 aber wohl besiegelt. CVC hat angekündigt, ihn in diesem Fall zu feuern.