Paris. . Der Obelisk auf der Place de la Concorde ist das älteste Denkmal von Paris. Zwar ist er nicht so bekannt wie der Eiffelturm, die Geschichte des 256 Tonnen schweren Monuments, das im 19. Jahrhundert von Ägypten nach Paris geschifft wurde, ist aber umso bemerkenswerter. Eine Ausstellung zeichnet seine Reise nach.
Das Wahrzeichen von Paris mag der bald 125-jährige Eiffelturm sein, doch das mit Abstand älteste Denkmal der Seinemetropole ist der Obelisk von Luxor. Der 23 Meter hohe, 3200 Jahre alte Monolith aus dem Ägypten von Ramses II. krönt die Place de la Concorde. Tag für Tag umtost ihn der Verkehr der Seine-Metropole sechs- bis achtspurig, und so kommt die Granit-Stele auch bei Ulrich Wickerts legendärem Versuch, die Place de la Concorde als Fußgänger zu überqueren, ganz am Schluss ins Bild, wie eine Siegessäule.
Der Obelisk war ein Geschenk des Vizekönigs von Ägypten, Muhammad Ali Pascha. Er bedankte sich mit dem Hieroglyphen-übersäten Stein für die erstmalige Entzifferung eben jener bis dahin so rätselvollen Hieroglyphen durch den Sprachwissenschaftler Jean-François Champollion im Jahre 1822. Frankreich war seit Napoleons willkürlichem Ägypten-Feldzug von 1798 bis 1801 (mit einer Hundertschaft von Wissenschaftlern) fasziniert vom alten Ägypten.
Eigentlich hatte Ali Pascha im November 1830 den Franzosen beide Obelisken geschenkt, die am Eingang der Tempelanlage von Luxor standen. Doch schon der Transport eines einzelnen Monuments mit dem Gewicht von 256 Tonnen vom Oberlauf des Nils an die Ufer der Seine stellte für die Franzosen eine echte Herausforderung dar – und steigerte noch einmal ihren Respekt vor den Leistungen der alten Ägypter.
Eine bemerkenswerte Ausstellung im Pariser Marinemuseum zeichnet nun im Detail die Geschichte einer technischen Glanzleistung im 19. Jahrhundert nach. Anhand von zeitgenössischen Skizzen, Originalplänen, Gemälden und Urkunden dokumentiert sie die immerhin sechsjährige Reise des Granit-Kolosses sowie die Schwierigkeit, den Abbau, Transport und die Aufstellung im Herzen der französischen Hauptstadt mit bloßer Menschenkraft zu bewerkstelligen.
Mitterand gab den Zwilling zurück
Mit dem Transport wurde Apollinaire Lebas betraut, ein Ingenieur vom Pionierkorps der Marine. Lebas legte im Mittelmeerhafen Toulon eigens für den Transport die „Luxor“ auf Kiel, einen Dreimaster, dessen Frachtraum exakt den Maßen des Obelisken angepasst wurde. Im August 1831 erreicht die „Luxor“ die gleichnamige Tempelanlage am Nilufer. Zwischen Tempeleingang und Verladestelle lässt der Ingenieur einen 400 Meter langen Treidelpfad anlegen und vier bewegliche Rutschen für den Granitkoloss zimmern. Die heikelste Aufgabe aber ist das Kippen des tonnenschweren Obelisken. 200 Mann sind allein nötig, um bei dem Manöver die über ein speziell angefertigtes Rahmen- und Rollenwerk laufenden Taue zu kontrollieren.
Erst im August 1832 kann der Dreimaster dann ablegen. Die 750 Kilometer lange Fahrt den Nil hinab ist mühsam, immer wieder läuft die „Luxor“ wegen ihres Tiefgangs durch das Gewicht des Obelisken auf Grund. Am 2. Januar 1833 erreicht der Segler den Hafen von Alexandria. Dort wartet die „Sphinx“, ein Raddampfer. Er schleppt die Luxor mit ihrer schweren Fracht durch die Meerenge von Gibraltar, um nach neun Monaten dann Le Havre zu erreichen. Anschließend geht es mit Schleppern und Pferdekraft über die Seine hinauf nach Paris, wo der Obelisk im Dezember 1833 eintrifft.
Ein langer Streit darüber, wo der Monolith aufgestellt werden soll, zieht sich noch Jahre hin, am 25. Oktober 1836 kann er endlich aufgerichtet werden – vor den Augen von 200,000 Schaulustigen.
Der Zwillingsbruder des Obelisken hat Luxor übrigens nie verlassen. Keine Regierung Frankreichs fand sich angesichts des unhandlichen Geschenks bereit, die schwierige Überführung zu wiederholen. 1981 gab Staatspräsident François Mitterrand ihn offiziell an Ägypten zurück.