Halver. Einige Beschönigungen mussten im Landgericht noch aus dem Weg geräumt werden, doch am Ende der Beweisaufnahme am Mittwoch gegen ein Paar aus Halver war klar, dass die beiden den Ex-Mann der 44-jährigen Angeklagten am 29. Januar 2012 durch das Würgen mit einem Schal lebensgefährlich verletzt hatten.
Der Vorwurf des versuchten Totschlags stand zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr ernsthaft zur Diskussion. Im Gegenzug für ein klares Geständnis sicherte die vierte große Strafkammer des Landgerichts den Angeklagten eine Strafe zwischen 18 Monaten und zwei Jahren zu, die möglicherweise sogar zur Bewährung ausgesetzt wird.
Nach der Trennung der Eheleute im Jahr 2002 hatte es lange Zeit keine Probleme zwischen den beiden neu entstandenen Familien gegeben. Die gemeinsamen Kinder blieben bei der Mutter in Halver, der Vater zog nach Meinerzhagen. 2010 zog die gemeinsame Tochter zum Vater, Anfang 2012 suchte auch sein Sohn wieder den Kontakt zum Papa.
„Ich kriege keine Luft“, mahnte das Opfer
Vor dem Streit war er nach langer Zeit erstmals wieder beim Vater gewesen und wegen der Beschaffung eines Laptops von diesem relativ spät nach Hause gebracht worden. Dort wurde sein Vater mit bösen Worten und Schlägen auf sein Auto empfangen: „Los, steig aus!“ Mit Drohgebärden standen sich die beiden Männer gegenüber.
„Ich war nicht deeskalierend“, räumte das Opfer vor Gericht ein. Von Schlägen gegenüber dem Mann seiner Ex-Frau hatte er aber abgesehen. Dafür bekam sie das Ende seines Schals in die Hände und zog daran. Ihr neuer Mann ergriff das andere Ende und zog ebenfalls. „Ich kriege keine Luft“, mahnte das Opfer. „Sollst du auch nicht“, belehrte ihn seine Ex-Frau.
Lebensgefährlicher Bruch des Kehlkopfknorpels
„Es wurde eng. Ich muss mich bewegt haben wie ein Boxer“, erinnerte sich das Opfer. „Ich hatte Todesangst.“ Dazu hatte er auch guten Grund: „Zieh zu, dann ist er endlich weg“, forderte seine Ex-Frau ihren Mann auf. Mit aller Kraft versuchte das Opfer immer wieder den Schal los zu werden und hatte schließlich Erfolg, worauf die Angeklagten ihren Angriff beendeten.
Unglaublich klang das, was danach passierte: „Er lebte noch, er konnte sich noch bewegen, und er konnte noch Autofahren“, stellte gestern die Vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschagen trocken fest. Erst ein Polizist habe damals den Ernst der Lage erkannt. Das Opfer hatte einen lebensgefährlichen Bruch des Kehlkopfknorpels erlitten. Ein Rettungswagen brachte den Verletzten unter akuter Atemnot ins Krankenhaus.
Der Prozess wird am Montag, 9. September, fortgesetzt.