Nachrodt-Wiblingwerde.
Adolf Griesenbrock ist einer der letzten. Früher hatte fast jeder Anwohner in den kühlen und schattigen Stallanlagen der Ebertstraße eine Kleintierhaltung. Heute leben dort nur noch 18 Alaska- und 11 Havanna-Kaninchen. Sie sind der ganze Stolz des Züchters, der seit 1976 organisiert diesem Hobby nachgeht.
W 331 gibt’s nicht mehr. Früher waren alle Nachrodter Kaninchenzüchter unter dem Dach dieses Vereins vereint, aber schon Ende der 1980er Jahre zeichnete sich ab, dass dieses Hobby nach und nach aussterben würde. Adolf Griesenbrock ist aber noch immer mit Herzblut dabei. Seit 1989 geht der mit den Altenaer Kollegen von W9 auf Punktejagd.
„Der hat Chancen auf eine 96,5“, erklärt Adolf Griesenbrock und hebt einen prächtigen Rammler aus dem Stall. 98er sind die Königsklasse. 100 Punkte gibt es zwar offiziell, aber die zu erreichen, ist Züchter-Utopie. Kaninchen sind eben Naturprodukte und die Natur kennt keine Normen.
Streicheleinheiten müssen sein
Im Frühjahr hat Adolf Griesenbrock eine frische Blutlinie eingeführt. Ein Muttertier aus Halle hat schöne Junge zur Welt gebracht, die am Wochenende des 24. und 25. August bei der Bezirksjungtierschau am Knerling in Altena ausgestellt werden.
„Eigentlich ist der Sommer keine Zeit für Schauen“, erklärt Adolf Griesenbrock. Die Tiere entledigen sich in dieser Zeit überflüssiger Haare und legen sich erst gegen Winter wieder einen vollen und glänzenden Pelz zu. „Aber bei den Jungtierschauen sieht man, wer mal was werden könnte“, erklärt der 73-Jährige lachend.
Pokale und Medaillen hat er schon reichlich abgestaubt in seinem Züchterleben. Das kostet natürlich Zeit, denn Kleinvieh macht nicht nur sprichwörtlich Mist. Täglich gibt’s eine ausgewogene Futtermischung. Johannisbrot, Möhrchen und Heu (am liebsten das raue vom ersten Schnitt) zählen zu den bevorzugten Leckerbissen. Und auch Streicheleinheiten müssen sein. Allein deshalb, weil der Züchter täglich einen prüfenden Blick auf die Körperform, Haltung und Fellbeschaffenheit wirft. Neigt ein Tier zur Wamme, dem tierischen Pendant zum menschlichen Doppelkinn, kann das Punktabzug bedeuten.
Kaninchen kommen nicht in den Kochtopf
Seit zwei Jahren hat der Nachrodter mit der Rasse Havanna noch einen Joker parat. Bei Enkeltochter Christina war das Zucht-Interesse geweckt worden. Seither sind neben den tiefschwarzen Alaska-Kaninchen auch die braunen Artgenossen an der Ebertstraße beheimatet. Die hellere Farbe kommt bei Kindern besser an. „Ansonsten musste ich mich nicht groß umstellen: Der Standard gibt für beide Rassen fast identische Maße vor“, sagt Griesenbrock.
Ausgebildete Preisrichter werfen einen Blick auf die Tiere und entscheiden darüber, ob ein Gewinner im Stall wohnt. Das ist die Spannung, die Adolf Griesenbrock seit 37 Jahren bei der Stange hält. Auch Ehefrau Gerda macht im Verein mit. Nur in die Küche kommen ihr die Tiere nicht, erst recht nicht in den Kochtopf. Auch Adolf Griesenbrock selbst steht nicht auf Kaninchenbraten und schlachtet nur auf Anfrage.
Das, was er tagein tagaus mit viel Liebe pflegt, das mag er nicht sonntags auf dem Teller sehen. „Obwohl auch Kaninchen Nutztiere sind.“