Essen/Mainz. . “Willst Du mich heiraten?“ Um die Frage aller Fragen geht es in der ZDF-Dokumentation “Sag bitte ja! – Der Antrag meines Lebens“ in der Reihe 37 Grad. Die Sendung über Heiratsanträge im Wandel der Zeit hebt sich zwar zunächst vom Kitsch ab, verschenkt dann aber doch eine ganze Menge Potenzial.

Heirat und TV, das ging schon immer. Große Bilder für große Emotionen. Auf fast jedem Sender haben Menschen ihren Liebsten schon Anträge gemacht: tanzend und beim Bungeesprung, mit einem Lied und unter Tränen.

Wohltuend hebt sich Sag bitte ja! – Der Antrag meines Lebens aus der 37-Grad-Reihe (ZDF, am Dienstag um 22.15) zunächst vom üblichen Kitsch ab. Ein junger Mann übt vor dem Spiegel im Bad. „Heute nehme ich meinen ganzen Mut zusammen“, sagt er mit zittriger Stimme. Später wird er hervorpressen: „Willst Du mich heiraten?“

Anhand von drei Paaren versucht die ZDF-Dokumentation zu klären, warum „die Frage aller Fragen“ von so großer Bedeutung ist, und wie sich der Heiratsantrag verändert hat. Heinz und Gisela sind seit knapp 70 Jahren verheiratet. Florian und Eileen sind erst seit wenigen Jahren zusammen, genauso wie Andy und Nicole. Sie werden vom Kamerateam auf dem Weg zu Antrag und Hochzeit begleitet.

Keine Mühe, die Bedeutung des Antrags zu ergründen

Doch „37 Grad“ beleuchtet die Situation der Paare kaum, erkundet nicht die unterschiedlichen Persönlichkeiten und gibt sich keine Mühe zu erfahren, was der Heiratsantrag für sie wirklich bedeutet. Stattdessen bildet die Doku die Beziehung der Paare lediglich ab, lässt sie von ihrem Kennenlernen erzählen, von ihrem ersten Treffen und natürlich vom Antrag selbst.

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Das fördert viele Anekdoten zu Tage. So anrührend es zunächst auch sein mag zu erfahren, was Gisela bei der ersten Verabredung so am Leibe trug (grünes Seidenkleid, dunkelbrauner Samtgürtel), so trivial ist es, weil die Sendung nicht tiefer eintaucht.

Zu gleichförmig, zu oberflächlich

Drei Paare in 30 Minuten. Das ist vielleicht zu viel des Guten. Der Zuschauer erfährt zu wenig über jedes einzelne. Warum sich Eileen entschließt zu heiraten, obwohl ihre erste Ehe scheiterte, bleibt ungeklärt. Geht es ihr nur um finanzielle Absicherung? Natürlich nicht, ist zu vermuten. Für Nachfragen bleibt keine Zeit.

Nur in wenigen Momenten kommen Tiefe und Gefühle zum Vorschein. Angesprochen auf den möglichen Tod ihres Mannes sagt Gisela: „Man weiß es, man regelt es. Aber man spricht nicht mehr darüber.“ Ihr 92-jähriger Mann sitzt daneben, blickt ruhig in die Kamera. „Sie war immer mein Schutzengel“, murmelt er. Sonst nichts. Schwer vorzustellen, wie die beiden nach 70 Jahren ohne einander auskommen sollen.

Hausarbeit, Camping, Unkraut jäten

Zumeist bleibt es aber bei Belanglosigkeiten. Das Kamerateam filmt die Paare bei der Hausarbeit, beim Campingausflug und beim Unkraut jäten. Was in den ersten Minuten angenehm unaufgeregt wirkt, wird schnell dröge, auch weil die Doku die Paare zu gleichförmig erscheinen lässt, und ihnen keine anderen Lebensentwürfe entgegensetzt.

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Kein Wort wird über die hohe Zahl an Scheidungen verloren, kein Wort über Menschen, die sich bewusst gegen Heiratsantrag und Ehe entscheiden, kein Wort über homosexuelle Paare.

Einzige Erkenntnis nach 30 Minuten: Die Art der Anträge hat sich geändert. Heinz hielt 1941 per Brief um die Hand von Gisela an - geschrieben an der russischen Front. Florian dreht einen Kurzfilm und überraschte seine Eileen im Kino.

Andy setzt hingegen auf Romantik, Rosen und Kerzen. Das war schon immer schön oder eben ganz schön kitschig – je nach Geschmack. Keiner der Anträge ist spektakulär genug, um die Dokumentation mit ihren Schwächen über die gesamte Länge zu tragen.