Wien/Essen. Bei der „Wetten, dass...?“-Sendung aus Wien mit Moderator Markus Lanz wollte das ZDF mit dem altbewährten Dreiklang „Spannung, Stars und Späße“ aufwarten. Was blieb, waren aber Fremdscham und Langeweile. Nur einer der Gäste stach aus dem Show-Einerlei wohltuend heraus.

Warum hat man früher eigentlich die ZDF-Sendung „Wetten, dass..?“ geschaut? Was brachte Millionen Menschen dazu, sich vor den Fernseher zu setzen und – oft noch im Beisein der ganzen Familie – dem viel zitierten „Lagerfeuer der deutschen Fernseh-Unterhaltung“ beizuwohnen?

Es ging um spannende Wetten von Normalos und gleichzeitig um Weltstars, die auf dem Sofa mit dem Moderator über die kleinen und großen Dinge des Lebens parlierten. Diese besondere Mischung, die den Zuschauern vermitteln wollte: Hey, hier kommen alle und alles zusammen! Darüber wird sonntags am Frühstückstisch und montags im Büro gesprochen!

Nach der vergangenen „Wetten, dass..?“-Sendung werden viele Zuschauer wohl eher ein Kopfschütteln übrig haben als eine lebhafte Debatte entstehen zu lassen.

"Wetten, dass..?" springt in letzter Sekunde auf den Trend auf

Gleich zu Beginn der TV-Show wartete das ZDF mit einem „Trend“ auf: Die Zuschauer in der Wiener Stadthalle tanzen alle gemeinsam den „Harlem Shake“, einen Tanz, der im Internet durch das Video-Portal „Youtube“ zum regelrechten Hype wurde. Millionen Videos sind im Netz zu finden, Millionen Menschen haben sich die Videos angesehen.

Ein Internet-Phänomen, das mehr als 16 Wochen alt ist. Für Netzzeiten ist es damit schon lange verjährt. Das hält aber das ZDF nicht davon ab, genau diesen „Harlem Shake“ zur Stadtwette zu machen.

Via Twitter merkt dann auch @Matthias_aus_Do an, der Trend sei damit wohl endgültig durch:

<blockquote class="twitter-tweet" lang="de"><p>Bei <a href="https://twitter.com/search/%23wettendass">#wettendass</a> wurde gerade der <a href="https://twitter.com/search/%23HarlemShake">#HarlemShake</a> getanzt. In anderen Worten: Seit gestern ist der Trend dann wohl endlich vorbei.</p>&mdash; Matthias Dersch (@Matthias_aus_Do) <a href="https://twitter.com/Matthias_aus_Do/status/315543701353025536">23. März 2013</a></blockquote><script async src="//platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>

Oliver Pocher, Anna Loos und Peter Weck als Quoten-Österreicher

Die Gästeriege auf dem Sofa ist gediegen. Für jeden soll etwas dabei sein: Heiner und Viktoria Lauterbach, Oliver Pocher, Anna Loos und – wahrscheinlich als Quoten-Österreicher – Peter Weck, vielen Zuschauern bekannt aus der Sendung „Ich heirate eine Familie“.

Als internationaler Gast sitzt diesmal Sänger Michael Bublé in der Runde, von ihm wird im Laufe der fast dreistündigen Sendung noch einiges zu hören sein. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

"Wetten, dass..?"-Kandidaten erkennen Reifen am Geruch und schlagen Nägel ein 

Die Wetten, um die es ja in der Hauptsache gehen soll, sind vielfältig und unterhaltsam: Da wird mit Holzhämmern jongliert und dabei Nägel in einen Balken gehauen, da wird am Reifengeruch (würzig, süß) während des Driftens, also dem Übersteuern des Autos, erkannt, um welche Marke es sich handelt.

Ein Sport- und Philosophie-Student platziert Hubwagen mit einer 180°-Drehung unter Euro-Paletten, und bei der Kinderwette schafft es der 8-jährige Vincent spielerisch, sich zehn Mal um eine Tischplatte zu winden, ohne den Boden zu berühren.

Stefan Brockamp aus Unna scheitert mit der Toiletten-Wette

Auch ein Kandidat aus Unna ist mit einer besonders kuriosen Wette dabei: Stefan Brockamp geht damit ins Rennen, fünf von 20 verschiedenen Toilettendeckeln am Zuklappgeräusch zu erkennen. Moderator Markus Lanz ist ganz angetan: „Ich liebe diese Wette!“ Leider geht sie dennoch verloren, und so müssen die Wettpaten Heiner und Viktoria Lauterbach auf fahrbaren Klo-Schüsseln um das Sofa kurven.

Überhaupt, die Wetteinsätze: Oliver Pocher lässt sich eine Minute lang mit Fußbällen auf den Hintern schießen. Vollkommen überraschend kommt das wohl nicht: Des Anzugs entledigt, stellt sich Pocher dieser Aufgabe in einem enganliegenden Ganzkörperanzug in Schwarz-Rot-Gold. Ah ja, wir sind ja in Österreich, ist klar.

Lanz läutet die Wetteinlösung ein mit „Top, der Hintern quillt“ - und dann wird zelebriert, womit zahlreiche Jungs auf dem Schulhof gedemütigt werden.

Die Sendung vergeht, ohne wirklich Spaß zu machen. Die Auftritte von OneRepublic und Depeche Mode wurden von Fans lange erwartet und dann durch Play-Back-Gesang in ihrer Freude gedämpft. Die Gespräche auf dem Sofa ziehen sich.

Cindy aus Marzahn und andere Fremdschäm-Momente

Es sind die Fremdschäm-Momente, die einen etwas genauer auf den Bildschirm schauen lassen: Dann etwa, als sich Co-Moderatorin Cindy aus Marzahn in einem glitzernden Gold-Jogginganzug eine Break-Dance-Bewegung zeigt, indem sie sich einmal am Boden um sich selbst dreht. Oder als sie dem US-Rapper 50 Cent einen Rap auf Deutsch vorträgt, den er weder versteht, noch sonst etwas mit dem Abend anzufangen wusste.

Als Markus Lanz 50 Cent darauf anspricht, dass der US-Rapper vor 13 Jahren einmal angeschossen wurde, bekommt er als Antwort erst mal ein entgeistertes Gesicht zu sehen. Dann fängt sich 50 Cent doch noch und antwortete professionell auf Fragen, die vor mehr als einem Jahrzehnt aktuell gewesen wären.

Michael Bublé wünscht sich, er hätte Drogen zur Hand 

In Sachen Professionalität hält es Michael Bublé da etwas anders – und ist dabei eine Wohltat für den „Wetten, dass..?“-Zuschauer. Schon von Beginn an war er guter Laune, machte alle Späße mit, lächelte, plauderte. Als er sein Lied „It’s a beautiful day“ live singt, gehen zwar einige Töne daneben, aber selbst das nimmt Bublé mit Humor.

Im Laufe der Sendung wird der Gesichtsausdruck des kanadischen Sängers immer erstaunter, und irgendwann muss er es dann wohl einfach mal sagen: „Das ist eine merkwürdige Show. Eine schöne, aber eine sehr merkwürdige Show. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich Gras geraucht.“ Das ist vielleicht nicht politisch korrekt, wirkte aber wenigstens nicht aufgesetzt und einstudiert.

Tom Hanks müsste sich nach dieser Sendung bestätigt fühlen

Wetten dass..?Die „Strafe“ für den Sänger Michael Bublé folgt dann aber auf dem Fuße: Ein paar Minuten später muss er wegen seiner verlorenen Wette auf Deutsch ein Lied aus dem Musical „Cats“ singen. Mit einer Katzenmaske auf.

Hoffentlich sieht das Tom Hanks nicht. Der musste in der ersten von Markus Lanz moderierten, „Wetten, dass..?“-Sendung eine Eselsmaske aufziehen und lästerte im Anschluss über das Show-Format.

Markus Lanz' Lieblingssatz trifft vor allem auf seine Leistung zu

Am Ende wird Julian Böhme Wettkönig, der es geschafft hat, mit drei Holzhämmern jonglierend 15 Nägel in einen Balken zu schlagen. Markus Lanz hat die Stadtwette verloren und muss in eine Badewanne voller Kakaopulver-Brühe, um als „Sachertorte“ wieder aus ihr herauszusteigen.

Lanz, in diesem Moment an Michael Bublé gewandt: „Wir haben uns kennen gelernt, da habe ich so getan, als sei das einigermaßen seriös, was wir hier machen.“ Darauf weiß der Sänger in diesem Moment auch nichts mehr zu antworten.

Ein besonders beliebter Satz von Markus Lanz ist „Darüber wird zu sprechen sein“. Über diese vergangene „Wetten, dass..?“-Sendung wird auch zu sprechen sein. Aber vermutlich nicht so, wie Lanz und Co. sich das wünschen würden.