Lüdenscheid.

Bürgermeister Dieter Dzewas, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der AG, betonte gestern die Verbundenheit mit der Unternehmensgruppe, zu der auch die Stadtwerke Lüdenscheid gehören: „Wir sehen, dass das Unternehmen aufgrund der unbefriedigenden Rahmenbedingungen der Energiewende vor erheblichen Herausforderungen steht.“

Wegen der Haushaltslage der Stadt müsse man als zweitgrößter Aktionär aber eine angemessene Dividende erwarten. Der Aufsichtsrat habe den Vorstand daher gebeten, bis September ein Maßnahmenpaket vorzulegen, „um das Ergebnis nachhaltig zu verbessern und so eine Dividendenausschüttung sicher zu stellen“. Wie berichtet, sind erhöhte Ausschüttungen der AG bis 2022 auch Teil des Haushaltssicherungskonzepts der Bergstadt.

Dass bei Enervie zum Paket auch Einschnitte für die Beschäftigten zählen, räumte Vorstandssprecher Ivo Grünhagen in der Hagener Zentrale ein: „Bei 250 Millionen Euro an Wertschöpfung pro Jahr entfallen 110 Millionen auf die Beschäftigten.“

In ruhigen Gesprächen mit den Betriebsräten

Womit keineswegs alle 34 Regelungen vom Tisch seien. „Einige hätten wir sowieso gekündigt, etwa die Zuweisung eigenen Wohnraums, den wir gar nicht haben.“ Zudem gelten alle Vereinbarungen bis zum Jahresende, und erreichte Zielsetzungen aus 2013 würden 2014 noch belohnt. Doch für die variable Vergütung sieht Grünhagen ebensowenig eine Zukunft wie für Deputate: Auch sinnvolle Prämiensysteme müsse man sich leisten können.

Es sei dem Unternehmen nicht möglich gewesen, sich vor der Gründung der Bäder-GmbH für Lüdenscheid, die als Auslöser für die Unruhe in der Belegschaft gilt, jede Zusatzleistung einzeln vorzunehmen. „Wir hatten drei Wochen Zeit, um den steuerlichen Querverbund mit den Stadtwerken Lüdenscheid zu retten“, sagte Grünhagen. Inzwischen sei man auch mit den Betriebsräten „wieder in ruhigeren Gesprächen“.

Erwartete Verluste beliefen sich auf 30 Millionen Euro

Allerdings stehe die ganze AG vor einer Neuausrichtung – weg von der unrentabel gewordenen Energieerzeugung in Kraftwerken, hin zu neuen Geschäftsfeldern wie dem Contracting. Dies gelte umso mehr, sollten auch nach der Bundestagswahl keine Prämien für installierte Leistung gezahlt werden. Die konventionell erzeugte Energie werde gebraucht, wenn etwa Windräder bei Flaute stillstehen: „Wer ein Windrad baut, müsste Reservekapazität oder Speicherplatz gleich mitbringen.“ Auch seien Kohle- und Gaskraftwerke unentbehrlich zur Stabilisierung des Netzes, „sonst wird es dunkel in Südwestfalen“.

Doch diesen Strom sieht Grünhagen derzeit aus dem Markt gedrängt – durch regenerative Energien, die über Umlagen von allen Kunden bezahlt und bevorzugt eingespeist werden. Heute könne Enervie nicht einmal die moderne Gas- und Dampfturbinenanlage in Herdecke wirtschaftlich betreiben. Die erwarteten Verluste aus der Erzeugung beliefen sich auf 30 Millionen Euro pro Jahr, und das sei nicht mehr aus anderen Unternehmensbereichen auszugleichen. Künftig müsse jede Sparte der AG einen Ertrag bringen.