Lüdenscheid.

Der Vorstand der Enervie-Gruppe hat zum Jahresende nahezu alle Betriebsvereinbarungen mit der Belegschaft gekündigt. Betroffen sind etwa 1300 Beschäftigte, davon rund 250 Angestellte der Stadtwerke Lüdenscheid. Der Schritt der Geschäftsleitung sorgt in den Betrieben für reichlich Aufregung. Es werden spürbare Gehaltseinbußen befürchtet.

Unter anderem geht es um die Streichung von Erschwerniszuschlägen für besonders gefährliche oder schmutzige Arbeiten, etwa in den Kraftwerken. Auch die anteilige leistungsbezogene Vergütung oder das flexible Arbeitszeitmodell stehen zur Disposition – ebenso der für Angestellte vergünstigte Bezug von Strom. Die Kündigung, von der Konzernspitze mit „Harmonisierung“ begründet, ist im Betriebsrat des Unternehmens auf Kritik gestoßen.

Zeitpunkt der Kündigung ein „echter Aufreger"

Die Vorsitzende des Lüdenscheider Betriebsrates, Christine Voß-Naber, sagte dazu: „Wir haben immer Verhandlungen angeboten, aber wir warten bis heute auf eine konstruktive Antwort.“ Die Kündigung werde sich „deutlich negativ auf die Gehälter“ auswirken.

Auch der Zeitpunkt der Kündigung wird in der Belegschaft als „echter Aufreger“ gesehen, hieß es. Denn vor einem knappen Jahr wurde im Unternehmen bekannt, dass der Enervie-Aufsichtsrat das Jahresgehalt des Vorstandssprechers Ivo Grünhagen um 22,7 Prozent von 300.000 auf 368.000 Euro angehoben hat. Gleichzeitig erhöhte er die Vergütung für den Technischen Vorstand Erik Höhne sowie Vertriebsvorstand Wolfgang Struwe um 18,5 Prozent von 270.000 auf 320.000 Euro jährlich.

Eine Millionen Euro Steuern sollen gespart werden

Voß-Naber formuliert es diplomatisch. „Angesichts der Sparbemühungen fragen wir uns, ob die Geschäftsleitung mit guten Beispiel vorangeht.“ Im April gab der Vorstand zudem bekannt, dass für dieses Jahr Verluste von 30 Millionen Euro drohen. Außerdem bewerten Enervie-Beschäftigte die geplante „Harmonisierung“ in Relation zu dem 42 Millionen Euro teuren Enervie-Neubau in Hagen. Voß-Naber: „Wir wollen dem Unternehmen nicht schaden, aber es muss verhandelt werden!“

Enervie-Sprecher Köster erklärte die Kündigung mit der geplanten Gründung einer „Bäder GmbH“ . So sollen fast eine Million Euro Steuern gespart werden. Um Einzelverhandlungen mit den künftigen GmbH-Beschäftigten zu vermeiden, solle kollektiv über alle Vereinbarungen „ergebnisoffen“ neu verhandelt werden, so Andreas Köster.