Herscheid.
Das hatten die Ausflügler in der elfjährigen Geschichte der Senioren-Union Herscheid noch nicht erlebt, waren doch ihre Reisen stets von herrlichem Sommerwetter begleitet.
Nach Verlassen der Autobahn beginnt hinter Inzell die "Deutsche Alpenstraße", die von Lindau am Bodensee kommend bis zur "Rossfeld-Panoramastraße" Berchtesgaden führt. Vorbei an der 750 Jahre alten Hindenburglinde, dem idyllischen Bergdorf Ramsau und der weiträumigen Schönau wird das Ziel am Königssee erreicht. Hier werden die Senioren im "Hotel Königssee", das unmittelbar am See liegt, für die nächsten Tage logieren.
Programmgemäß beginnt der nächste Tag mit einer Rundfahrt über den wildromantischen Königssee. Wenngleich es anfänglich noch sehr kühl und wolkig ist, gewinnt die Sonne zunehmend die Oberhand. So zeigt sich der See, abgesehen von einigen Wolkenfetzen, in seiner ganzen Pracht.
Herrliche Aussichten bleiben verborgen
Am vorletzten Tag stellt sich die Frage aller Fragen: "Sollen wir bei diesem Nebel zum Kehlsteinhaus fahren?" Da die Herscheider optimistisch sind und darauf hoffen, dass sich in einer Höhenlage von 1 834 Metern der Nebel lichten könnte, starten sie zielbewusst. Schließlich soll die Fahrt über die legendäre Rossfeld-Panoramastraße erlebt werden, selbst auf die Gefahr hin, dass nur der Fahrweg zu erkennen ist. So wird die 15 Kilometer lange Strecke mit einer Höchststeigung von 13 Prozent und einem Höhenunterschied von 1 100 Metern in Angriff genommen. Die herrlichen Aussichten bleiben allerdings verborgen. Trotzdem verfehlt die Fahrt im Hinblick auf die hochrangige Straßenbaukunst nicht ihre Wirkung.
Die Bewunderung dieser technischen Straßenbaukunst wird noch gesteigert, als das Wagnis eingegangen wird, zum Kehlsteinhaus weiter zu fahren. Die sieben Kilometer lange Straße überwindet einen weiteren Höhenunterschied von 700 Metern und darf nur mit speziellen RVO-Bussen und einem geschulten Personal befahren werden.
Am Wendeplatz angekommen, führt ein 124 Meter langer Tunnel zu einem messingverkleideten Aufzug, der die Besucher direkt ins Kehlsteinhaus bringt. Im Restaurant wärmen sich die Ausflügler erst einmal auf, ist es doch dort oben sehr kalt und der Winter zurückgekehrt. Man könnte meinen, Weihnachten steht vor der Tür. Deshalb wundert es nicht, dass der Glühwein in Berchtesgadener Adventstassen serviert wird. Draußen liegt sogar noch Schnee, wobei einige der vielen Besucher ihre Bemerkungen über die Wetterlage auf den verschneiten Tischen hinterlassen.
Dokumentationszentrums erinnert an NS-Diktatur
Sehr aufschlussreich wird in einem Seitenteil des Kehlsteinhauses in Form von Info-Bildtafeln auf den Bau der Kehlsteinstraße sowie auf die Entstehung des Gebäudes und die weitere Entwicklung bis heute hingewiesen. Wenngleich der Ursprung in der unsäglichen national-sozialistischen Vergangenheit liegt - die NSDAP schenkte das Bauwerk 1939 Adolf Hitler zu seinem 50. Geburtstag - so ist die Leistung der 3 800 Arbeiter in dieser unwegsamen Region gigantisch. Fertiggestellt wurden Gebäude und Straße in nur 13-monatiger Bauzeit.
Ausführlich befassen sich die Senioren beim Besuch des "Dokumentationszentrums Obersalzberg" mit der NS-Diktatur und hier speziell mit den Ereignissen auf dem Obersalzberg. In Wort und Bild wird nicht nur die Geschichte des Berges dargestellt, sondern auch die vernichtenden Folgen der national-sozialistischen Gewaltherrschaft. Dass die Führung eines Krieges von Anfang an Ziel der Nazi-Diktatur war, davon zeugt unter anderem das umfangreiche Bunkersystem am Obersalzberg, das von den Herscheidern ebenfalls aufgesucht wird.
Der Ausbau des Obersalzberges zum zweiten Regierungssitz erweiterte den Gebäudekomplex erheblich. Er wurde im Zweiten Weltkrieg bombardiert, die Restmauern nach 1945 gesprengt. Die Bombardements des Kehlsteinhauses verfehlten jedoch ihre Wirkung, so dass nach 1945 die Sprengung in Erwägung gezogen wurde. Besonnene Kräfte unter Federführung des damaligen Landrates Karl Theodor Jacob verhinderten dies im Hinblick auf die einmalige Höhenlage, die das Naturerlebnis Berchtesgadens optisch auf den Punkt bringt. (ww)