Werdohl.
Nach der offenen Konfrontation des Werdohler Rates in Sachen Haushaltssanierung wusste gestern niemand, wie es weitergehen wird. Bürgermeister Griebsch – der sich bei seinem eigenen Verwaltungsvorschlag enthalten hatte – werde auftragsgemäß das Gespräch mit der Bezirksregierung suchen. „Wir müssen die weitere Vorgehensweise absprechen“, sagte er auf Nachfrage. Und auch von der Bezirksregierung sind derzeit nur Wartesignale zu vernehmen. Ein Sprecher sagte auf Anfrage, dass die Stadt Werdohl die Aufsichtsbehörde noch nicht über den ablehnenden Beschluss des Hauptausschusses in Kenntnis gesetzt habe. Erst danach werde die Bezirksregierung reagieren können, hieß es.
Alle vier Fraktionen im Hauptausschuss hatten sich am Montagabend geweigert, der Verwaltungsvorlage zur Haushaltssanierung zu folgen. Bürgermeister Griebsch hatte in Abstimmung mit der Bezirksregierung vorgeschlagen, vorsorglich für 2018 die Grundbesitzabgabe auf fast 1000 Prozentpunkte zu erhöhen, um ein rechnerisches Defizit von zwei Millionen Euro auszugleichen. Die Spitzen von CDU, SPD, WBG und FDP signalisierten ihre Bereitschaft, weiter am gemeinsamen Sparkonzept zu arbeiten. Sie mochten unter keinen Umständen einer weiteren Steuererhöhung zustimmen. Der neue Beschluss lautete jetzt dahingehend, Aufschub und Zeit zum Nachdenken zu bekommen, ob und wie der Haushalt 2013 genehmigt werden kann.
Stadthaushalt wurde von Bezirksregierung beanstandet
Es sind auch andere Wege möglich. In Werdohls Nachbarkommune Altena – dort ist man zwangsweise dem Solidarpakt Kommunalfinanzen zugeordnet worden, während Werdohl etwas später freiwillig beitrat – hat der CDU-Bürgermeister Hollstein gänzlich auf einen Ratsbeschluss verzichtet. Dr. Andreas Hollstein informierte den Rat am Montag darüber, dass der Haushalt der Burgstadt ebenfalls von der Bezirksregierung beanstandet wurde, weil die Schlüsselzuweisungen als zu optimistisch eingeschätzt worden seien. Kämmerer und Bürgermeister aus Altena hatten sich aber keine blutige Nase bei ihrem Rat abgeholt, sondern selbstständig die Aufsichtsbehörde um Aufschub gebeten.
Der Werdohler Bürgermeister Griebsch (SPD) bat die Fraktionen am Montag, dennoch den Stärkungspakt Stadtfinanzen (der SPD-Landesregierung) „nicht zu verteufeln“. Immerhin bringe der Pakt elf Millionen Euro Landeshilfe nach Werdohl.
SPD fühlt sich zur Steuererhöhung „erpresst“
Als Reaktion auf den Begriff des „Verteufelns“ kassierte er von allen Fraktionen Gegenrede. Am griffigsten formulierte es Christoph Plaßmann (CDU): „Wir verteufeln den Stärkungspakt nicht. Doch die Landesregierung macht aus dem Stärkungspakt einen Schwächungspakt.“ Deutlich wurde SPD-Ratsherr Cornelius Böttcher: „Der Stärkungspakt ist unzureichend, er stattet uns mit zu wenigen Mitteln aus.“ Die SPD fühle sich zur Steuererhöhung „erpresst“. Verärgert war Friedhelm Hermes (FDP): „Hier verteufelt keiner den Stärkungspakt.“ Die Leistung von Rat und Verwaltung werde verkannt, wenn der Haushaltssanierungsplan „jetzt so über den Haufen geworfen“ werde.
Dass die Landesregierung zeitnah einen Beauftragten zur Haushaltssanierung einsetzt, scheint dennoch unwahrscheinlich. In der Eifel-Gemeinde Nideggen hatte sich der Rat vollständig gegen alle Sparvorschläge der Verwaltung gesperrt. Dort fand gestern die entscheidende Ratssitzung statt. Hier hatte das Innenministerium die „sehr, sehr zeitnahe“ Einsetzung eines Sparkommissars angekündigt.