Schalksmühle.
Die Schülerinnen Branka und Linda berichteten am Samstag im Pädagogischen Zentrum Löh über ihren Schulalltag, um so Impulse für eine neue Schule in Schalksmühle zu geben. Die beiden besuchen die Evangelische Schule Berlin Zentrum, die als Gemeinschaftsschule nach reformpädagogischen Lernansätzen geführt wird.
Im Mittelpunkt stehen dabei die „Lernbüros“, die für die Hauptfächer Mathe, Deutsch, Englisch sowie eine Mischung zwischen Geschichts- und Geographieunterricht eingerichtet werden. Jeweils ein Fachlehrer ist für ein Lernbüro zuständig. Die Schüler können sich aussuchen, welches Lernbüro sie im dafür vorgesehenen Zeitraum besuchen und aus einem Karteikasten ein Thema wählen, das sie individuell bearbeiten. In den Lernbüros lernen somit Schüler unterschiedlicher Jahrgänge zusammen und bekommen auf ihren Jahrgang abgestimmte Themenbausteine zur Auswahl.
Hat sich der Schüler einen Baustein ausgesucht, kann auch der Schwierigkeitsgrad noch individuell auf den Lernstand des einzelnen Schülers abgestimmt werden. Hat sich der Schüler die Themen eines Bausteins erarbeitet, schließt er ihn mit einem Test und einer Aufgabe sowie einem Vortrag oder die Leitung einer Diskussion ab. Der Zeitpunkt eines Tests kann in einem gewissen Rahmen vom Schüler frei gewählt werden. Ein persönliches Lerntagebuch, das „Logbuch“, in das die Kinder und Jugendlichen Informationen und Einschätzungen über ihre Fortschritte beim Lernen eintragen können, begleitet die Schüler durch den Unterricht.
Wahlpflichtfächer ergänzen die Lernbürostunden
Ergänzt werden die Lernbürostunden durch Wahlpflichtfächer sowie einzelne Projekte, die die individuellen Fähigkeiten und vor allem auch die sozialen Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen fördern. So gibt es zum Beispiel das Fach „Verantwortung“, bei dem die Schüler Verantwortung, zum Beispiel in Seniorenheimen und Kindergärten oder auf ganz andere, individuelle Weise übernehmen können. Auch hier können und sollen die Schüler eigene Ideen umsetzen.
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Gleiches gilt für weitere Angebote wie das Schulfach „Herausforderung“, bei dem es gilt, innerhalb von drei Wochen mit nur 150 Euro Budget pro Kopf eine besondere Herausforderung zu bewältigen. „In dieser Zeit hat zum Beispiel eine unserer Schülerinnen einen kompletten Roman geschrieben“, erinnert sich Margret Rasfeld. Eine andere Gruppe Jugendliche, die sich vorher kaum kannten, hat sich zu einer Musikgruppe zusammengeschlossen, obwohl sie keine Instrumente beherrschten, und drei Wochen lang acht Stunden am Tag Musikunterricht genommen. „Am Ende waren sie so routiniert wie eine professionelle Band und haben ein mehrstündiges Live-Programm vor 1600 Menschen absolviert“, so die Lehrerin.
Mindestens 50 Schüler müssen sich anmelden
An solchen Beispielen werde deutlich, dass in den Kindern viel mehr steckt, als ihnen ein längst überholtes Schulsystem zutraut, erklärte die Pädagogin. Der Erfolg des außergewöhnlichen Schulsystems spiegelt sich auch in den Noten der Schüler der Berliner Schule wieder, die in weiten Teilen über dem Pisa-Durchschnitt anderer, vergleichbarer Schulen liegen. In Schalksmühle könnte solch ein reformpädagogisches Konzept in Form einer Primusschule errichtet werden. Primusschule bedeutet Primar- und Sekundarstufe unter einem Dach – gemeinsames Lernen von der ersten bis zur zehnten Klasse. Die Primusschule wäre eine öffentliche Schule.
Entscheidet sich Schalksmühle für die Primusschule, müssen mindestens 50 Schüler aus dem Gemeindegebiet die Schule besuchen. Aus diesem Grund riefen Bürgermeister Jörg Schönenberg und Schulentwickler Achim Körbitz Eltern und Lehrer dazu auf, sich zu engagieren und verstärkt die in den nächsten Tagen und Wochen angebotenen Workshops zu besuchen, für die sich die Eltern bereits vor Ort verbindlich anmelden und in entsprechende Listen eintragen konnten.