Berlin. Das Netzwerk der rechtsextremen Terrorzelle NSU war einem Bericht zufolge offenbar deutlich größer als bisher angenommen. Laut einem Zeitungsbericht gehörten 129 Mitglieder der rechtsextremen Szene zum Umfeld des Trios. Die Namen stehen demnach auf einer geheimen Liste der Sicherheitsbehörden.

Das Netzwerk der rechtsextremen Terrorzelle NSU war möglicherweise größer als bisher angenommen. Wie die "Bild am Sonntag" berichtete, verzeichnet eine Liste für den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages 129 Mitglieder der rechtsextremen Szene, die zum engeren und weiteren Umfeld des Trios gezählt werden. Die Zahl rechter Straftaten ist laut Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) 2012 weiter gestiegen.

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) wird für eine bundesweite Mordserie an neun Geschäftsleuten mit ausländischen Wurzeln und einer Polizistin verantwortlich gemacht. Der Prozess gegen Beate Zschäpe, die einzige Überlebende des Neonazi-Trios, und vier mutmaßliche Helfer des NSU beginnt am 17. April.

"Die neue Zahl ist erschreckend hoch"

Die vier Helfer gelten neben dem Trio den Angaben zufolge als harter Kern der Terrorgruppe. Zudem gebe es knapp ein Dutzend weiterer Beschuldigter, gegen die noch ermittelt werde, sowie zahlreiche Helfer, die direkt oder indirekt Kontakt mit den mutmaßlichen Terroristen hatten. Die Unterstützer der Zelle sollen dieser unter anderem Geld, falsche Papiere und Waffen beschafft haben.

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Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, sagte der "BamS", die neue Zahl der Namen auf der Liste sei "erschreckend hoch". Nun müsse "schnell geklärt werden, ob es darunter Mitwisser der NSU-Verbrechen und weitere V-Leute gab". Der Ausschuss beschloss demnach vor einigen Tagen, dass die Bundes- und Landesregierungen die neue Namensliste auf bisher unentdeckte V-Leute des Verfassungsschutzes überprüfen sollen.

Stärkere Initiativen gegen Rechts

Politisch rechts motivierte Straf- und Gewalttaten verzeichneten im vergangenen Jahr eine steigende Tendenz. Nach vorläufigen Zahlen zeichnet sich bei den rechten Straftaten ein Anstieg um etwa vier Prozent auf rund 17.600 ab, wie Friedrich dem "Tagesspiegel am Sonntag" sagte.

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Bei den rechtsextremen Gewaltdelikten gebe es einen Anstieg um rund zwei Prozent. Friedrich kündigte zugleich an, er wolle mit den Ländern noch einmal über die Erfassung rechtsextremer Gewalttaten sprechen. Hintergrund sind teilweise unterschiedliche Zahlenangaben.

Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte, der weitere Anstieg rechter Gewalt sei "erschreckend" und gebe "in höchstem Maße Anlass zur Sorge". Die zahlreichen Initiativen gegen Rechts müssten daher besser unterstützt werden.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kritisierte erneut den geplanten NPD-Verbotsantrag der Länder. "Es ist das eine, ob man eine Partei für verfassungswidrig hält, und das andere, ob man ein Verbotsverfahren mit Aussicht auf Erfolg betreiben kann", sagte der frühere Innenminister der "Welt am Sonntag".

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"Wir laufen Gefahr, ein Problem erst wieder zu erzeugen, das sich gerade von alleine löst." Die Rechtsextremen hätten sich in Deutschland "zu normalen Zeiten immer selbst erledigt". Die Bundesregierung stellt im Gegensatz zum Bundesrat keinen eigenen Antrag auf ein Verbot der NPD.

Die Linken-Abgeordnete Petra Pau warf Schäuble vor, dieser habe "aus dem NSU-Nazi-Desaster, das auch sein Versagen als Innenminister birgt, offenbar nichts gelernt". Mit seinen Äußerungen bewege sich Schäuble auf dem Niveau von FDP-Chef Philipp Rösler, der Rechtsextremismus als Dummheit verharmlost habe. (afp)