Schwerte. . Auch ohne Hannelore Kraft, die wegen eines Magen-Darm-Infekts kurzfristig absagen musste, wurde Peer Steinbrücks Auftritt beim Politischen Aschermittwoch der SPD in Schwerte zum umjubelten Heimspiel. Seine Botschaft an das Parteivolk: Wir können es schaffen.
Volles Haus im Schwerter „Freischütz“, dem traditionellen Aschermittwochs-Kampfplatz der NRW-SPD, und ein rauflustiger Kanzlerkandidat: Nach dem morgendlichen Auftakt im bayrischen Vilshofen fliegt Peer Steinbrück gestern Abend in seinem Landesverband ein, um die Genossen aufzuwärmen für den Bundestagswahlkampf. Auch ohne Hannelore Kraft, die wegen eines Magen-Darm-Infekts kurzfristig absagen muss, wird Steinbrücks Auftritt zum umjubelten Heimspiel. Seine Botschaft an das Parteivolk: Wir können es schaffen.
Die Stimmung ist – wie immer – postkarnevalistisch aufgeräumt, das Ambiente westfälisch-rustikal: Schmalzbrote und Frikadellen auf den Biertischen, das Steigerlied von der Dixie-Band. In ganz kurzer Zeit waren die 750 Eintrittskarten zum Preis von 5 Euro vergriffen. So schnell, verbreitet die SPD-Zentrale, sei es zuletzt gegangen, als Gerhard Schröder im Freischütz redete – da war er noch Bundeskanzler.
Neuer Film: „Angela allein zu Haus“
So weit ist Steinbrück noch lange nicht, auch wenn ihn SPD-Regionalchef Norbert Römer als „nächsten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland“ begrüßt. Was soll er auch sonst sagen? Der Hoffnungsträger legt gleich los. Zählt alle abgewählten CDU-Ministerpräsidenten auf, dazu Christian Wulff und Annette Schavan. „Alle weg!“ sagt Steinbrück, und: In Babelsberg müsse demnächst der Film „Angela allein zu Haus“ gedreht werden. Die Stimmung steigt.
Schnell besetzt er soziales Gelände. Er habe immer vor schwindenden „Bindekräften“ in der Gesellschaft gewarnt, ruft der Kandidat, der sich nicht auf den Finanzexperten und Krisenmanager reduziert sehen will. Einem „Kuschel-Wahlkampf“ erteilt er eine Absage, macht Unterschiede zu Merkel deutlich, attackiert ihre „Gurkenriege“: bei den Rüstungsexporten, zu denen die Kanzlerin schweige, bei der „skandalös schlechten Finanzausstattung“ der Kommunen oder dem „bescheuerten Betreuungsgeld“. Fazit: „Man muss schon ziemlich blind sein, wenn man die wiederwählt.“
„Mit keinem Blick schiele ich auf eine Große Koalition“, ruft Steinbrück – das wollen sie hören im Saal. „Ich setze nicht auf Platz, ich setze auf Sieg“ – die Parole, die ihren festen Platz hat in jeder Rede, mischt er mit dem Eingeständnis, dass ihm ein „mediterranes Temperament im Formulieren“ zu eigen sei. Aber: „Ihr könnt einen öligen Spitzenkandidaten haben oder einen mit Ecken und Kanten.“ Er selbst hat sich festgelegt: „Ich bin für Letzteres.“
Kein Wort zu Kanzlergehältern
Auch die Grünen, mit denen er in Berlin regieren will, schont Steinbrück nicht völlig. Wenn nötig, werde er einem Konflikt nicht ausweichen, denn: „Die Wählerschaft der SPD ist nicht nur im öffentlichen Dienst beschäftigt.“ Ansonsten: kein Wort zu Kanzlergehältern, zu Weißweinpreisen oder zu Vortragshonoraren. Steinbrück startet neu durch - und ruft unter tosendem Beifall: „Wenn ich Kanzler bin, komme ich wieder.“