Dorsten. . Drei minderjährige Kinder, die ursprünglich aus Rumänien stammen und in Dortmund gemeldet sind, haben in Dorsten versucht, eine 82-jährige Seniorin zu berauben. Der Fall macht fassungslos. Doch die Möglichkeiten von Einrichtungen wie dem Sozialen Dienst der Stadt, auf kriminelle Kinder und Jugendliche zu einzuwirken, sind begrenzt.

Drei Kinder versuchen, eine 82-jährige Seniorin zu bestehlen, die gerade Geld am Bankautomaten abgehoben hat. Die Polizei erwischt die minderjährigen Räuber aus Dortmund, 11, 13 und 17 Jahre alt. Das Jugendamt nimmt die beiden jüngeren Kinder in Obhut. So ist es passiert am Samstag und so hat es die WAZ am Dienstag gemeldet. Und danach? Die WAZ sprach darüber mit Frank Beenen, Chef des Sozialen Dienstes bei der Stadt. Beenen wurde am letzten Wochenende von der eigenen Rufbereitschaft über die Geschehnisse informiert und hinzugezogen. Er war beim Haftprüfungstermin der 17-Jährigen selbst vor Ort.

Dass Kinder Senioren berauben, macht fassungslos. Was ist da am Samstag genau passiert?

Es waren drei minderjährige Kinder in Dorsten unterwegs, die ursprünglich aus Rumänien stammen und seit einiger Zeit in Dortmund gemeldet sind. Es ist zu unterstellen, dass sie sich bewusst von Dortmund per Zug auf den Weg gemacht haben, um hier zu betteln und zu klauen. Das ist leider eine übliche Masche und im Ruhrgebiet inzwischen weit verbreitet. Die Polizei warnt auch davor. Die Jugendhilfe weiß darauf nur begrenzt Antworten.

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Es war ja eigentlich ein seltener Glücksfall, dass die Seniorin die Gefahr erkannt und Alarm geschlagen hat. Die Polizei konnte die drei Kinder tatsächlich nahe der Innenstadt in einem Park stellen. Wie ist es danach weitergegangen?

Die Polizei hat versucht, die Kinder zu befragen. Aber alle Kinder konnten kein Deutsch sprechen. Ein Dolmetscher musste angefordert werden. Die beiden Jüngeren, nach dem Gesetz strafunmündig, wurden in die Obhut des Jugendamtes übergeben, da die Erziehungsberechtigten nicht bereit waren, die Kinder abzuholen. Wir haben sie in eine offene Wohngruppe in Marl gebracht. Schon nach zwei Stunden, hab’ ich von dort Nachricht bekommen, dass die Kinder abgängig sind. Mir war das vorher klar. Die hauen wieder ab. Man kann diese Kinder nur sehr schwer erreichen. Ihre Erfahrungen mit der Polizei und den staatlichen Einrichtungen in ihrem Herkunftsland sind oftmals sehr negativ besetzt, weshalb sie auch im Umgang mit uns Ängste zeigen. Für das ältere Mädchen, die am Samstag in U-Haft genommen wurde, hat die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl beantragt. Aber den hat die Richterin im Haftprüfungstermin am Sonntag außer Kraft setzen müssen. Die Beweislage war zu dünn und es gibt eine Meldeadresse in Dortmund. Sie seien nur nach Dorsten gefahren, um hier spazieren zu gehen, hat das Mädchen gesagt. Auch die 17-Jährige hat die Hilfe des Jugendamtes nicht in Anspruch genommen. Nach zehn Minuten ergriff auch sie die Flucht aus einer Wohngruppe in Gelsenkirchen, wo sie nach dem Haftprüfungstermin untergebracht wurde.

Da sind die Kinder aber die Opfer

Können die Behörden auf die Eltern einwirken?

Die Elternrechte wurden vom Gesetzgeber ausdrücklich gestärkt. Wenn Eltern Hilfen nicht in Anspruch nehmen, dann verpuffen unsere Angebote. Dass schon Kinder kriminell werden – darauf kann ein Staat sicher Antworten finden. Aber dann muss er auch die Mittel dafür bereitstellen.

Kommt es oft vor, dass das Jugendamt in Dorsten Kinder und Jugendliche in Obhut nehmen muss?

Wenn, dann geht es meistens um häusliche Gewalt. Da sind die Kinder aber die Opfer. Dass sie Täter sind, ist eher selten. In den vergangenen drei Jahren ist es jetzt erst zum zweiten Mal vorgekommen, dass das Jugendamt bei einer versuchten Straftat von dieser Personengruppe hinzugezogen wurde. Ich bin froh, dass es offenbar nur einzelne Fälle gibt.

Wenn die Handlungsmöglichkeiten so begrenzt sind – welche Chancen hat der Staat dann überhaupt gegen kriminelle Kinder?

Im günstigsten Fall wären die beiden jüngeren von den drei Kindern in der Wohngruppe geblieben, hätten die Hilfsangebote dort angenommen. Dann hätte das Jugendamt gemeinsam mit den Eltern gucken können, wie sich die Familiensituation verbessern lässt. Aber wenn die Kinder ihr eigenes Leben nicht als schlimm empfinden: Wo sollen wir da anpacken? So sieht’s leider aus.

Diese Kinder kamen aus Dortmund. Gibt es ähnliche Problemfälle in Dorsten?

Nein. Aber wenn wir die hier hätten, würden wir versuchen, Hilfen anzubieten.