Essen.. Als bislang einziger Profi hat Lutz Pfannenstiel auf allen bewohnten Kontinenten gekickt. Was der Torhüter a.D. in seiner Karriere erlebt hat, klingt, als ob Steven Spielberg es erfunden hätte - sein Leben gleicht einem Abenteuerfilm: Beim Ideenpark erzählte der Hoffenheimer Torwarttrainer davon.

In der Antarktis hat Lutz Pfannenstiel noch nicht Fußball gespielt. Macht er aber demnächst. Weil es keinen Platz auf der Erde gibt, an dem er es nicht tut. Als bislang einziger Profi hat der Torhüter a.D. auf allen Kontinenten gekickt. Zu solcher Weltläufigkeit will weder das Trikot der TSG Hoffenheim passen, mit dem er hier auf der Technikmesse „IdeenPark“ in Essen durch die Hallen läuft und zum Interview antritt. Noch der gemütliche niederbayerische Ton, in dem er seine Lebensgeschichte erzählt.

Der Mann mit der Musketierfrisur aus Zwiesel im bayerischen Wald wirkt so tiefenentspannt, dass er vermutlich bei einem Erdbeben noch Autogramme schreiben würde. Kein Wunder, dass ihn nichts und niemand mehr aus der Ruhe bringt, nicht mal Tim Wiese: Was Lutz Pfannenstiel in seiner Karriere erlebt hat, klingt, als ob Steven Spielberg es erfunden hätte. Und deshalb mag man kaum glauben, dass er als Torwarttrainer in Hoffenheim alt wird. Sein Buch heißt „Unhaltbar“. Noch Fragen?

Pfannenstiel hat mehr als 20 Vereinswechsel hinter sich

Mehr als 20 Vereinswechsel hat der 39-Jährige hinter sich, ob schon das Weltrekord ist, lässt sich nicht genau bestimmen. Mit 18 schlug er ein Angebot des FC Bayern aus, bei den Amateuren zwischen den Pfosten zu stehen. Er wollte lieber sofort Profi werden. Und ging nach Penang in Malaysia. Für 5000 Dollar Monatslohn. Malaysia? „Ja, ich wollte mich beweisen und über Umwege in eine große Liga“, erzählt er. Umwege? Es wurde eine Odyssee. Malta, Belgien, Südafrika, Finnland, Albanien, Norwegen, Neuseeland, Kanada und und und.

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Und Brasilien. Klar, darauf ist er besonders stolz. „Ich war der erste Deutsche, der dort in der ersten Liga gespielt hat.“ Bei einem Verein mit dem nicht ganz alltäglichen Namen Clube Atletico Hermann Aichinger, benannt nach einem deutschen Gönner, der 1955 das Sportgelände gestiftet hatte.

Horrorerfahrungen inklusive

Aber auch drei Vereine in England lockten ihn. Ein Gastspiel beim Drittligisten Bradford Park vor zehn Jahren wäre dabei allerdings beinahe tödlich verlaufen. Auf regennassem Boden prallte er mit einem jungen Spieler aus Jamaica zusammen, der ihm das Knie in die Brust rammte. „Das war keine Absicht, dem war das richtig peinlich“, erzählt Pfannenstiel, um dann seelenruhig hinzuzufügen: „Ich hab’ da dreimal mein Leben verloren.“ Erst nach mehreren Versuchen gelang es den Ärzten, ihn endgültig wiederzubeleben. „Zwei Wochen später hab’ ich wieder gespielt“, sagt er, „is’ halt wie beim Skifahr’n – wenn’s dich schmeißt, musst gleich wieder fahr’n.“

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Es war nicht Pfannenstiels letzte Horrorerfahrung. In der Ukraine spielte er bei einem Klub, dessen Namen er nicht mal mehr nennen will. „Der Präsident hatte beste Kontakte zur Unterwelt, und nachdem die EM ja jetzt so schön gelaufen ist, möchte ich über dieses Land nichts mehr erzählen.“

In Singapur saß er 101 Tage im Gefängnis

In Singapur saß er gar 101 Tage im Gefängnis, musste sich um die tägliche Reisration mit den Mitgefangenen schlagen. „Das war furchtbar, ich war da mit Leuten zusammen, die später aufgehängt wurden.“ Ihm hatte man Wettmanipulation vorgeworfen, ein Schmarr’n, wie Pfannenstiel immer noch beteuert. Ein Buchmacher hatte ihn vor Gericht belastet. Pfannenstiels Team Geylang United gewann wie meistens, der absurde Vorhalt: Er habe besonders gut gehalten.

Aber selbst in der Heimat machte er böse Erfahrungen. Als er bei Wacker Burghausen 1999 hielt, musste sich seine indonesische Freundin fremdenfeindlicher Beleidigungen erwehren. „Das war enttäuschend, zumal sonst ja ich überall der Ausländer war“, erinnert er sich. Also reiste er ab.

Als Spieler des Global United FC will er Gutes tun

Was könnte besser zu ihm passen, als das Weltteam, das er 2009 für den guten Zweck gegründet hat? 150 Altstars gehören zum Global United FC, der mit Benefizspielen für den Umweltschutz an extremen, gefährdeten und ungewöhnlichen Orten auftritt – wie der Antarktis. „Ich hab’ ein paarmal so viel Glück gehabt, wurd’ ja Zeit, dass ich mal was Gutes tue“, sagt Lutz Pfannenstiel. Und lächelt.