Aachen. Ein junger Mann will Polizist werden, doch die Polizei will ihn nicht, weil er großflächig tätowiert ist. Deshalb wird der Mann nicht zum Einstellungstest zugelassen. Das ist so nicht rechtens, hat das Verwaltungsgericht Aachen entschieden. Die “mangelnde Eignung“ des Mannes sei nicht belegt worden.

Ein Bewerber für den Polizeidienst darf nicht von Einstellungstests ausgeschlossen werden, weil er großflächige Tattoos von den Schultern bis zu den Unterarmen hat. Dies entschied das Verwaltungsgericht Aachen in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Damit gelangten die Richter in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu einer anderen Auffassung als das Landesamt für die Polizeiausbildung im Kreis Unna, das den Bewerber abgewiesen hatte - mit Hinweis auf dessen "mangelnde Eignung" wegen der Tätowierungen. (Az. 1 L 277/12)

Das Landesamt hatte sich unter anderem darauf berufen, dass deutlich sichtbare Tätowierungen mit der Neutralität eines Polizeibeamten nicht in Einklang zu bringen seien. Nach einem Erlass des NRW-Innenministeriums von 1995 stellten Tätowierungen, die beim Tragen der Sommeruniform mit kurzärmeligen Hemd zu sehen seien, einen Eignungsmangel dar. Durch großflächige Tätowierungen im sichtbaren Hautbereich komme eine "überzogene Individualität" zum Ausdruck, machte das Landesamt geltend.

Konkrete Eignungsmängel wurden im Ablehnungsbescheid nicht nachgewiesen

Dagegen befand das Verwaltungsgericht, dem Bewerber dürfe nicht bereits die Gelegenheit genommen werden, das Testverfahren für die am 1. September beginnende Polizeiausbildung zu durchlaufen. Die ablehnende Entscheidung des Landesamtes mache nicht deutlich, welche konkreten Eignungsmängel dem Mann vorgehalten würden. Die Vorgaben eines 17 Jahre alten Erlasses könnten angesichts des gesellschaftlichen Wandels nicht ohne nähere Prüfung eine mangelnde Eignung begründen.

Ob durch die Tätowierungen tatsächlich eine "überzogene Individualität" zum Ausdruck komme, müsse in einem Hauptsacheverfahren näher untersucht werden, entschieden die Richter. In dem nun anstehenden Testverfahren könne festgestellt werden, ob der Bewerber tatsächlich die Voraussetzungen für die spätere Übernahme in den Polizeidienst erfülle. Der Beschluss des Aachener Gerichts ist nicht rechtskräftig. (afp)