Wuppertal. Ein Wuppertaler Unternehmer sorgt mit seiner Warnung vor einem mutmaßlichen Dieb bei Facebook für Aufregung. Die Ermittlungsbehörden beurteilen diese Form der Selbstjustiz kritisch, an anderer Stelle werden sogar Vergleiche mit der Zeit des Nationalsozialismus angestellt.

Rund zwei Jahre hat sich Jörg Heynkes nach eigenen Angaben die immer wiederkehrenden Diebeszüge angesehen, dann ging der 49-jährige Unternehmer aus Wuppertal zum virtuellen Gegenangriff über. Auf seiner Facebook-Seite postete der Geschäftsmann vor einigen Tagen unter der Überschrift „Achtung Dieb!“ das Bild eines mutmaßlichen Täters und warnte vor dessen Treiben. Damit stieß Heynkes im Netz eine kontroverse Debatte über Selbstjustiz und „Internetpranger“. Sogar Vergleiche mit Methoden aus der Nazizeit werden angestellt. Ein Fachanwalt und die Ermittlungsbehörden beurteilen die Aktion kritisch.

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Heynkes betreibt die Villa Media, einen gastronomischen Event-Betrieb im Wuppertaler Stadtteil Arrenberg. Auf dem Gelände der Villa haben zudem zahlreiche andere Betriebe ihren Sitz. Täglich kommen und gehen viele Kunden - oder eben auch ungebetene Gäste. „Ich habe zwölf Ein- und Ausgänge - da kann ich nicht vor jedem einen Posten stellen“, sagt Heynkes. Der im Internet zur Schau gestellte mutmaßliche Dieb sei drogensüchtig und „schleicht alle paar Tage hier herum“, sagt der Geschäftsmann. Er habe mit dem Facebook-Eintrag vor dem Mann warnen wollen. Es gehe nicht um Fahndung per Internet - schließlich sei der Mann „bei der Polizei bestens bekannt“, wie Heynkes in seinem Facebook-Eintrag schreibt. Der Süchtige sei schon häufiger wegen Eigentumsdelikten aufgefallen.

Maßnahme gegen steigende Zahl von Diebstählen

Mit seiner Aktion - zu der auch die Übergabe eines Videos zu einem Diebeszug an die Polizei gehört - habe er etwas gegen die zunehmende Zahl von Diebstählen in dem Stadtteil unternehmen wollen. Nach Ansicht des Geschäftsmanns sind dafür vor allem Drogenabhängige verantwortlich, die dadurch ihre Sucht finanzieren wollen. „Durch solche Taten geht viel Lebensfreude verloren“, sagt Heynkes. Fünf Bewohner des Viertels hätten ihm von Diebstählen erzählt. Als Kritik an der Arbeit der Polizei will der 49-Jährige, der mehr als 2.200 Facebook-Freunde hat, seine Aktion aber nicht verstehen: „Die Polizei tut mir leid und ist oft selbst frustriert.“ Die Polizisten könnten oft nichts tun, weil die Drogengesetze nicht griffen und die Justiz versage. Der mutmaßliche Täter brauche dringend Hilfe und eine Therapie, fügt er hinzu.

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Auf der Facebook-Seite entbrannte schnell eine Debatte um die Zulässigkeit die Aktion des Geschäftsmannes. Während ein Diskussionsteilnehmer Heynkes empfiehlt, dem Tatverdächtigen „mal richtig auf die Finger“ zu hauen, äußern viele ihre Kritik. Ein Teilnehmer warnt davor, dass „eine solche 'Verfolgung' in einem unkontrollierbaren Netz“ gefährlich sei. Andere sprechen von „übler Nachrede“ und einem „zweischneidigen Schwert“, manche versteigen sich zu dem Vergleich, wonach ein solches Verhalten eher im „Dritten Reich“ üblich war.

„Ich finde die kritischen Beiträge durchaus berechtigt. Allerdings schießt die Kritik manchmal über das Ziel hinaus“, erklärt Heynkes. Zugleich räumt der Geschäftsmann ein, dass sein Vorgehen die absolute Ausnahme bleiben sollte.

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal macht zu dem abgebildeten Mann keine näheren Angaben. Es bestehe ein Tatverdacht gegen eine Person, die dem Fotografierten ähnele, sagt Oberstaatsanwalt Wolf-Tilmann Baumert. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes könnten keine Angaben dazu gemacht werden, ob es sich bei dem Abgebildeten um den Verdächtigen handelt. Zudem habe der Mann die Möglichkeit, gegen die Veröffentlichung des Bildes zu klagen.

Anwalt spricht von „Pranger“ im Internet

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Der Wuppertaler Fall ähnelt dem der Hochspringerin Ariane Friedrich, die auf ihrer Internetseite Name und Wohnort eines angeblichen Stalkers veröffentlicht hatte. Für den Düsseldorfer Fachanwalt Udo Vetter ist das Vorgehen von Heynkes „ein klarer Fall von Selbstjustiz“. In Deutschland sei ein solcher „Pranger“ in Internet verboten, mahnte der Jurist. Die Veröffentlichung sei ein Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte und eine „billige Rache". Der zur Schau gestellte Mann habe etliche Möglichkeiten, juristisch dagegen vorzugehen. Ob er dies als Tatverdächtiger tut, scheint freilich eher zweifelhaft.

Heynkes selbst sieht seine Aktion durchaus als Erfolg. „Jeder, den ich derzeit treffe, spricht mich auf die Sache an“, erzählt er. Auch bei einem Treffen in seinem Rotary-Club, in dem auch die Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher Mitglied ist, will er über das Thema sprechen. Zudem erwägt der Geschäftsmann, noch Bilder von drei weiteren mutmaßlichen Dieben auf seiner Facebook-Seite zu posten. „Mal abwarten, wie sich die Diskussion entwickelt“, sagt er. (dapd-nrw)