Lünen. .
Im Fall der ermordeten Yasemin I. aus Lünen, die am 4. Februar diese Jahres auf einem Parkplatz an der A 67 in den Niederlanden tot aufgefunden wurde, hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen sechs Personen erhoben. In zwei Fällen lautet der Vorwurf Mord.
Einer der Hauptangeklagten, der Schwager von Yasemin I., sitzt seit Ende Mai in Untersuchungshaft. Der Prozess wird voraussichtlich Ende November beginnen. Davon geht die zuständige Dortmunder Oberstaatsanwältin Dr. Ina Holznagel aus. Sie rechnet mit „einem schwierigen Indizienprozess“. Viele Fragen seien noch unklar. Beispielsweise auch, wer genau Yasemin I. tötete.
Der mögliche Tathergang wurde anhand von Zeugenaussagen, sichergestellten Spuren und widersprüchlichen Aussagen rekonstruiert. Die Anklageschrift von Oberstaatsanwalt Henner Kruse ist 42 Seiten dick.
Ehre soll eine Rolle gespielt haben
Den Ausführungen zufolge handelte es sich um eine brutale Tat, bei der Ehre, Eifersucht und Rache eine große Rolle spielten.
Danach heiratet Yasemin I. 2004 einen Mann aus Dortmund. Möglicherweise war es eine Schein-Ehe. Das jedenfalls vermutet die Staatsanwaltschaft. Die Ehe hält nicht lange.
Schon kurze Zeit nach der Heirat geht Yasemin I. eine Beziehung mit ihrem Schwager, dem Bruder ihres Mannes, ein. Doch zwischen den Beiden gibt es öfter Streit. Es kommt zu häuslicher Gewalt. Der Polizei liegt die Anzeige einer Vergewaltigung vor.
Mitte 2010 dann lernt Yasemin I. einen anderen Mann aus Lünen kennen – über dessen Frau. Die Familien sind sich untereinander bekannt. Es folgen Monate, in denen die 32-Jährige zwischen alter und neuer Beziehung hin- und hergerissen ist.
Die betrogene Ehefrau und der Schwager, dem Yasemin I. abspenstig wird, sinnen auf Rache. Ihr Plan: Den untreuen Ehemann und neuen Liebhaber zu verprügeln. Yasemin I. soll bestraft und entehrt werden.
Dafür heuern Beide eine vierköpfige Schlägertruppe aus Dortmund an. Die Männer lauern dem untreuen Ehemann am 23. Januar diesen Jahres auf und verprügeln ihn.
Angeblich war vorher Vergewaltigung geplant
Was Yasemin I. betrifft, werden Ehefrau und Schwager selbst aktiv. Sie fangen die 32-Jährige am 31. Januar an ihrer Wohnung in Gahmen ab, entführen sie und bringen sie mit dem Auto nach Holland. Dort, so der Plan, sollen andere angeheuerte Schläger sie verprügeln und dann noch vergewaltigen, um sie zu entehren.
Doch der Plan geht nicht auf. Die Schläger sind zu der Tat nicht mehr bereit. Weil Yasemin I. zu viel mitbekam, muss sie sterben.
Ihr Leichnam wird auf dem holländischen Parkplatz über einen Zaun drapiert. Die Staatsanwaltschaft vermutet, um das Ganze wie die Tat eines Freiers an einer Prostituierten aussehen zu lassen. Doch noch am Fundtag kann die niederländische Polizei die Identität anhand der Fingerabdrücke ermitteln.
Wieweit die Anklageschrift den Tatsachen entspricht, hat nun das Gericht zu klären. Hauptangeklagte – wegen Mordes – sind der Schwager und die verlassene Ehefrau. Die vier Schläger, die den untreuen Ehemann verprügelten, müssen sich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung verantworten. Die Verfahren werden möglicherweise voneinander getrennt.